Am Freisinger Amtsgericht:Verbotener Wurfstern im Schrank

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Richterin spricht 36-Jährigen vom Vorwurf des unerlaubten Waffenbesitzes frei, da sie den Zeugen für unglaubwürdig hält

Von Alexander Kappen, Freising

Er wisse überhaupt nicht, warum er hier sei. Dass er sich am Donnerstag am Freisinger Amtsgericht wegen unerlaubten Waffenbesitzes verantworten musste, bezeichnete der 36-jährige Angeklagte von Anfang an als "Blödsinn". Auslöser war ein verbotener Wurfstern, der in diesem Jahr bei der Durchsuchung einer Neufahrner Wohnung gefunden worden war. Diese hatte der Angeklagte früher mit einem damaligen Freund, 32, bewohnt, war aber bereits im April 2017 dort ausgezogen. Der 32-Jährige, der nach wie vor in der Wohnung lebt, belastete seinen früheren Mitbewohner und gab bei der Polizei an, den Wurfstern habe der Angeklagte zurückgelassen. Die widersprüchlichen Angaben des 32-Jährigen sowie weitere Zeugenaussagen überzeugten das Gericht jedoch von der Unschuld des Angeklagten. Richterin Tanja Weihönig sprach ihn frei.

Wie der Angeklagte in der Verhandlung berichtete, lebte er in der Wohnung zunächst alleine. Im Frühjahr 2016 habe er seinen Kumpel einziehen lassen, "weil der in seiner früheren Wohnung wegen seiner Kifferei rausgeflogen war". Er habe dem heute 32-Jährigen Belastungszeugen "aber gleich gesagt, das mit der Kifferei gibt es bei mir in der Wohnung nicht". Da der Angeklagte ohnehin die meiste Zeit bei seiner Freundin München verbrachte, beschloss er im April 2017, zu ihr zu ziehen.

Weil in der Wohnung der Freundin nicht genügend Platz war, vereinbarte der Angeklagte mit seinem Kumpel, dass er einige Dinge in Neufahrn lassen und später holen könne. Die Wohnzimmermöbel ließ der 36-Jährige zurück und verkaufte sie an seinen Mitbewohner. Als der dann in der Folge die vereinbarten Zahlungsmodalitäten nicht einhielt, kam es zum Streit der einstigen Freunde. Möglicherweise sei das ja auch der Grund, warum der 32-Jährige ihm die Sache mit dem sichergestellten Wurfstern anhängen wolle, mutmaßte der Angeklagte.

Die Waffe wurde nur zufällig von der Polizei entdeckt. In Zuge einer größeren Rauschgiftermittlung kamen die Fahnder der Erdinger Kriminalpolizei auch auf den 32-Jährigen, den sie als Abnehmer unter Verdacht hatten. In seiner Wohnung fanden die Beamten tatsächlich mehrere Drogen - und in einem Hängeschrank auch den Wurfstern. In seiner Vernehmung bei der Polizei räumte der 32-Jährige später "alle Rauschgift-Vorwürfe ein", berichtete ein Kripo-Beamter, der bei der Wohnungsdurchsuchung nicht dabei war, in der Verhandlung. "Den Wurfstern habe der Angeklagte zurückgelassen, hat er gesagt, er hat ihn sogar namentlich benannt." Für ihn, so der Polizist, "gibt es keinen Grund, ihm nicht zu glauben".

Das, was anschließend sein Kollege berichtete, ließ die Richterin jedoch stutzig werden. Der Polizist, der bei der Wohnungsdurchsuchung dabei war, legte dem 32-Jährigen damals eine Auflistung der sichergestellten Gegenstände inklusive Wurfstern vor. Und da habe der bestätigt, "dass ihm alles gehört, außer das Marihuana, das wir in der Handtasche seiner Freundin gefunden haben". Bei der Durchsuchung habe der 32-Jährige "von irgendeinem Mitbewohner gar nichts gesagt". In der Verhandlung gab der Belastungszeuge an, den Angeklagten nach dessen Auszug wiederholt aufgefordert zu haben, seine restlichen Sachen abzuholen, auch den Wurfstern. Dem sei er nicht nachgekommen. Dann habe er alles zusammengepackt und in einem Schuppen beim Haus gelagert. Nur den Wurfstern nicht. "Ich mag keine Waffen, drum wollte ich ihn nicht anlangen", führte der 32-Jährige als Begründung an. "Sie haben die Waffe, die Sie so verabscheuen, lieber in der Wohnung gelassen, als sie einmal anzulangen und in den Schuppen zu bringen?", fragte die Richterin, die den Zeugen nicht für sehr glaubwürdig hielt - zumal er in der Verhandlung behauptete, schon dem Polizisten bei der Durchsuchung gesagt zu haben, "dass das nicht mein Wurfstern ist".

Die Freundin des Angeklagten beteuerte schließlich im Gericht, dass sie mit ihrer Tochter das Wohnzimmer in der Neufahrner Wohnung ausgeräumt und gereinigt habe. "Die Möbel waren komplett leer und da war definitiv kein Wurfstern." Die Staatsanwältin war letztlich auch von der Unschuld des Angeklagten überzeugt und beantragte einen Freispruch. Das Gericht folgte dem Antrag.

© SZ vom 14.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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