Alles bio, alles öko?:Döner in Alufolie, Limo im Pappbecher

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Der Nachhaltigkeitsgedanke ist ein großes Thema beim Freisinger Uferlos-Festival. Ganz konsequent werden die Organisatoren dem Motto aber noch nicht gerecht, weil es für die Besucher dann teurer werden würde

Von Eva Zimmerhof, Freising

Der Dürum Döner wird dick in Alufolie eingerollt, dabei funktioniert das auch mit Fettpapier. Am nächsten angesteuerten Stand geht die Caipirinha-Limo im Einwegbecher über die Theke. Das Fleisch am Holzspieß ist jedenfalls nicht aus biologischer Herstellung. Wie heißt noch einmal das Motto des Uferlos-Festivals? "Nachhaltig, fair und glücklich leben" steht auf dem Programmheft. Große Mülltonnen sind großzügig auf dem Platz verteilt, in die können Besucher alles durcheinander hineinwerfen. Von flinken Fingern bekommen Kinder grellbunte Plastiksträhnen in die Haare geflochten. Stundenlang bläst ein Motor die Hüpfburg auf, um die Sprungfläche unter Spannung zu halten. Dafür gibt es aber eine richtige Stromtankstelle für Elektroautos. Nur kommt man zum Tanken nicht heran, denn sie steht auf dem Festivalgelände, wo Autos verboten sind. Ist das alles nachhaltig?

Ganz strikt werden die Veranstalter dem Motto auf dem zum achten Mal organisierten Festival allem Anschein nach nicht gerecht. In diesem Punkt könnten sich die Uferlos-Macher einiges vom deutlich älteren Tollwood abgucken. Schon seit der ersten Ausgabe von 1988 ist das Münchner Traditionsfestival ein "Forum für Ökologie, Umweltbewusstsein und eine gerechte Welt", wie auf der eigenen Webseite betont wird. Für die Umsetzung dieser Haltung bekam das Tollwood in diesem Jahr den Green Operations Award, eine Auszeichnung für ökologisch und sozial engagierte Festivals. Schließlich versucht die Festivalleitung den ökologischen Fußabdruck mit großer Konsequenz so klein wie möglich zu halten, etwa durch eine biozertifizierte Gastronomie, die ausschließliche Nutzung von Mehrweggeschirr, durch Mülltrennung, eine energieeffiziente Festivaltechnologie, den Bezug von grünem Strom und einen klimafreundlichen Shuttledienst für die Besucher.

Mit der Rikscha können die Festivalbesucher umweltfreundlich das Gelände erreichen. (Foto: Marco Einfeldt)

Doch Stopp - das gibt es beim Uferlos doch auch. "Wir arbeiten hier mit 100-prozentigem Isarstrom", sagt Uferlos-Sprecher Michi Kasper. So beliefern die Freisinger Stadtwerke das Festival mit Strom, der ausschließlich durch Wasserkraft gewonnen wird. Jeden Abend kutschiert "Rikschamax" mit seiner Fahrradrikscha Besucher ganz umweltfreundlich zum Festivalgelände und zurück. Und die Stromtankstelle wird sehr wohl benutzt: Für die Besucher ist sie zwar vor allem Anschauungsobjekt, für das Team "Uferlos" und seine zahlreichen Helfer aber eine praktische Sache: Dort können sie das Elektroauto und die zwei Elektrokarts, die sie laut Kasper "für Fahrten auf dem Platz zum Transport von Personen und Material" einsetzen, auftanken. Zudem sei man in der Veranstaltungstechnik überwiegend auf LED-Scheinwerfer umgestiegen. Auch wenn in die Hüpfburg stundenlang Luft geblasen wird, gibt es auf dem Festivalplatz doch einen relativ bewussten Umgang mit Energie.

"Eigentlich halten wir unsere Gastronomen dazu an, Mehrweggeschirr zu benutzen", ist Kasper verwundert, dass es dabei überhaupt noch Ausnahmen gibt. Denn in diesem Punkt wollen die Veranstalter konsequent sein. Hingegen sei es bewusst nicht gewollt, der Gastronomie die Bio-Zertifizierung von Lebensmitteln als Bedingung vorzugeben. "Bio und regional sind mir persönlich wichtig. Aber wenn wir das überall auf dem Uferlos durchsetzen, wird sich das preislich deutlich niederschlagen", so Kasper. "Das Uferlos soll sich aber jeder leisten können."

Müll trennen müssen die Festivalbesucher selbst noch nicht. Das erledigen die Veranstalter dann nach besten Kräften in großen Containern. (Foto: Marco Einfeldt)

Auch den Müll würden sie als Veranstalter in großen Containern trennen, betont er. "Auf dem Platz stehen nur die Eventtonnen, dass die Besucher Müll trennen, wird wahrscheinlich nicht funktionieren." Das übrige Fett der Gastronomie wird extra entsorgt, alles andere trennen sie in Restabfall, Kartonagen und Wertstoff - so gibt es die Chance zum Recycling. Beim letzten Festival fielen laut dem Müllentsorgungsunternehmen Heinz über sechs Tonnen Restabfall, aber auch über zwei Tonnen Kartonagen an.

Insgesamt gesehen geht es doch darum, den Nachhaltigkeitsgedanken umzusetzen. "Natürlich kann man immer noch etwas mehr machen, aber das Uferlos ist auf einem guten Weg", sagt Sabine Schweighöfer, die seit fünf Jahren das Nachhaltigkeitszelt beim Uferlos-Festival organisiert. Dort bieten Firmen und Ämter anschauliche Informationen zu Öko-Baustoffen, zum Rohstoff Holz oder zu den Themen Wärme und Energie und Ernährung. Wer möchte, kann auch Gemüse-Sodoku spielen. Zusätzlich läuft ein Vortragsprogramm zu Ökologie und Nachhaltigkeit. Bei den Vorträgen seien "immer 20 bis 30 Leute im Zelt" - auch wenn die Themen "nicht unbedingt locker-flockig" sind, so Schweighöfer über die Besucherresonanz. "Das Uferlos-Team unterstützt das Angebot, obwohl das sicher nicht der Part ist, an dem sich Geld verdienen lässt", lobt sie. Wünschenswert wäre es vielleicht, "noch mehr ökologische und fair gehandelte Produkte" einzukaufen.

Aber wollen die Uferlos-Macher denn ein Forum für Umweltbewusstsein à la Tollwood organisieren? "Als Vorbild für uns würde ich das Tollwood nicht bezeichnen", sagt Kasper. "Das Tollwood ist deutlich größer und wir sind doch einfach anders. Das Thema Nachhaltigkeit versuchen wir aber zu leben und Schritt für Schritt umzusetzen." Vielleicht verdient sich das Uferlos dann irgendwann auch den Green Operations Award.

© SZ vom 06.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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