Alles auf Anfang:Wenn der beste Entwurf zu teuer wird

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Die Erzdiözese hat das Ergebnis des Architektenwettbewerbs für das Kardinal-Döpfner-Haus verworfen. Der Verein Architektur aktuell erklärt, was es mit solchen Verfahren auf sich hat

Interview von Peter Becker, Freising

Die Erzdiözese zieht bei der geplanten Neugestaltung des Kardinal-Döpfner-Hauses die Reißleine. Denn die Umsetzung des Entwurf käme auf über 94 Millionen Euro, die Obergrenze lag bei 53 Millionen. Jetzt wird ein neuer Architekt gesucht. Die Freisinger SZ hat beim Verein Architektur Aktuell nachgefragt, was die Modalitäten und die rechtliche Verbindlichkeit eines Architektenwettbewerbs sind und ob der Sieger eines Wettbewerbs rechtliche Ansprüche ableiten kann, wenn sein Entwurf am Ende nicht umgesetzt wird.

Was ist der Sinn eines Architektenwettbewerbs?

Architektur aktuell: Die Tradition der Architektenwettbewerbe besteht seit Jahrhunderten. Viele Gebäude, die unser Stadtbild prägen, sind aus Architektenwettbewerben hervorgegangen und stehen heute als epochale Zeugnisse der Baukultur unter Denkmalschutz. Es wird nach dem besten Entwurf gesucht, der die funktionalen und sozialen Bedürfnisse erfüllt, der sich städtebaulich integriert und ökonomisch realisierbar ist, und dies in einer zeitgemäßen, zukunftsorientierten Architektur in Rücksicht zur gewachsenen Umgebung. Auch die Nachhaltigkeit eines Gebäudes spielt dabei eine wichtige Rolle, ästhetisch, kulturell, ressourcenbewusst und sozialethisch. Nur in einem Wettbewerb sind in diesem Sinne freie Entwürfe möglich.

Beispiele sind die Kuppel des Doms in Florenz, der Brunnen Fontana Trevi in Rom, das neue Rathaus in München, das Olympiastadion, die Allianz Arena und viele andere Projekte, wie Schulen, Kirchen, Krankenhäuser, Wohngebäude öffentlicher und privater Bauherren, die - auch wenn nicht immer prominent - unsere Umwelt prägen.

Das Wettbewerbsverfahren bietet für die Suche nach dem besten Ergebnis auch beste Voraussetzungen: Eine Erarbeitung einer fundierten Aufgabenstellung, eine Ausschreibung an qualifizierte Teilnehmer und die Beurteilung ihrer Arbeiten durch eine Jury aus Fachleuten, Bauherrenvertretern und künftigen Nutzern. Mit einer nachfolgenden Ausstellung der verschiedenen Entwürfe kann für das Projekt in der Öffentlichkeit geworben werden, die meist angeregte Diskussion über das Projekt und Architektur im Allgemeinen ist ebenfalls ein positiver Effekt.

Wenn die Preise vergeben sind: Sind die Ergebnisse des Architektenwettbewerbs verbindlich? Muss nicht unbedingt der Gewinner oder einer der ersten drei Sieger genommen werden oder kann man den Wettbewerb tatsächlich verwerfen, wenn einen am Ende die Kosten zu hoch erscheinen?

Soweit ein Auftragsversprechen in der Auslobung festgehalten ist, ist bei einem Realisierungswettbewerb einer oder mehrere Preisträger mit der weiteren Bearbeitung zu beauftragen, soweit dem kein wichtiger Grund entgegensteht. Ein wichtiger Grund kann dabei aber auch wirtschaftlicher Natur sein.

Eine Bauaufgabe muss gut vorbereitet werden, auf Basis elementarer Grundlagen . Dazu gehören beispielsweise Bedarfsanalyse/Nutzungsprogramm, Bodengutachten, denkmalpflegerische Belange, Fördermittel, um auch einen realistischen Kostenrahmen für das gewünschte Ergebnis zu definieren. Die Ursachen einer späteren Kostenüberschreitung können hierbei vielfältig sein, etwa von konjunkturellen Schwankungen, gesteigerten Bedürfnissen des Nutzers, neuen Erkenntnissen bei Planungsgrundlagen bis hin zum Wegfallen von Fördermitteln - sie sind nicht zwingend ein Verschulden der Planungsbüros.

Unter Umständen lässt sich dann auch durch eine Umplanung oder Variantenfindung der Kostenrahmen nicht mehr erzielen und es müssen neue Grundlagen definiert werden. Das kann der Anlass für eine erneute Vergabe von Planungsleistungen sein. Festzuhalten ist aber folgendes: Wird bei einem Wettbewerb bereits in der Vorprüfung oder in der Jurierung erkannt, dass der Entwurf das zur Verfügung stehende Budget überschreitet, so muss dies zum Ausschluss der Arbeit führen.

Gibt es Unterschiede für die Handhabung des Architektenwettbewerbs für öffentlich-rechtliche und private Auftraggeber? Spielt die Kirche eine Sonderrolle?

Für Architektenwettbewerbe gibt es Richtlinien. Verpflichtet zur Auslobung nach der Richtlinie für Planungswettbewerbe (RPW) sind nur öffentliche Auslober oder auch jene mit einer überwiegend öffentlichen Förderung. Private Auslober sind nicht zur Einhaltung der RPW verpflichtet.

Die Kirche zählt, wie andere gemeinnützige und karitative Vereinigungen zu den privaten Auslobern, die Wettbewerbe dennoch analog öffentlicher Regularien abhalten, also ebenfalls nach transparenten und für die Teilnehmer fairen Vergaberegularien handeln - beispielsweise der RPW.

Können Sieger oder Platzierte rechtliche Ansprüche ableiten oder müssen sie sich mit der Anerkennung zufriedengeben?

Es ist hier zwischen Ideen- und Realisierungswettbewerb zu unterscheiden. In manchen Fällen wird ein Ideenwettbewerb etwa für übergeordnete Planungsansätze oder aktuell nicht zur Verfügung stehende Grundstücke oder Teilbereiche ausgelobt, welcher dem Auslober Entwicklungsideen geben soll, auf deren Grundlage dann gegebenenfalls nachfolgende Wettbewerbe ausgelobt werden können. Da hierbei keine Beauftragungsverpflichtung entsteht, wird im Gegenzug das Preisgeld prozentual erhöht. Das Urheberrecht bleibt aber auch bei Ideenwettbewerben unberührt.

© SZ vom 22.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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