Allershausen:In der Zwickmühle

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Verkehrsplaner Kurzak und die Allershausener halten eine Südumfahrung für unverzichtbar, um nicht im Verkehr zu ersticken. Nachbar Kranzberg will aber eine Trassenführung, die auf 350 Meter Länge durch ein FFH-Gebiet führt.

Von Petra Schnirch, Allershausen

Am liebsten, sagt Rupert Popp, wäre ihm, wenn gar keine Umgehung nötig wäre. Der Bau einer Südumfahrung für Allershausen werde in jedem Fall ein gewaltiger Einschnitt sein, "das liegt mir im Magen". Andererseits sieht er keinen anderen Ausweg. Verkehrsplaner Harald Kurzak hat vor wenigen Wochen aufgezeigt, was die Fertigstellung der Freisinger Westtangente für die an der A 9 gelegene Gemeinde bedeuten wird: Dann werden in der schon jetzt stark belasteten Ortschaft mehrere tausend Fahrzeuge täglich dazukommen. "Allershausen wird im Verkehr ersaufen", fasst der Bürgermeister zusammen.

Deshalb hält er das Projekt, wie der gesamte Gemeinderat, für unverzichtbar. Popp bemüht sich derzeit darum, dass die Südumfahrung im Ausbauplan für die Staatsstraßen wieder in die höchste Dringlichkeitsstufe aufgenommen wird und erhält Unterstützung von Politikern aller Parteinen. Gleichzeitig ist aber auch die Debatte über die Trassenführung neu entbrannt.

Kranzberg wehrt sich gegen die sogenannte Waldrand-Variante, weil dort ein Grundbesitzer aus der Gemeinde erheblich betroffen wäre und weil die Natur nach Ansicht der Gemeinderäte erhaltenswerter ist als 500 Meter weiter westlich. Solche Wertungen kann Popp nicht ganz nachvollziehen. Die Waldrand-Trasse tangiert einige Kiesweiher, die sich zu einem beliebten Naherholungsgebiet entwickelt haben. Die Alternativ-Routen aber führen ebenfalls an Fischweihern vorbei. Außerdem liegen sie näher an der nächsten Siedlung. Entscheidend aber ist: Sie kreuzen auf einer Länge von 350 Meter ein FFH-Gebiet.

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(Foto: Marco Einfeldt)

Enorme Eingriffe: Die rote Alternativ-Route führt durch ein FFH-Gebiet.

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(Foto: Marco Einfeldt)

Die Waldrand-Trasse verläuft rechts neben dem Kiesweiher, wie Rupert Popp zeigt.

Während nun Bürgermeister Hermann Hammerl meint, Allershausen knicke vor dem Thema FFH-Gebiet ein, kontert sein Kollege Popp, dass er persönlich mit der östlicheren Alternative (rot) durchaus leben könne. Sie ist etwa 400 Meter von Allershausen entfernt. Er sieht aber eben kaum Chancen, dass sich die Fachbehörden darauf einlassen. Denn die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie ist eine Naturschutz-Vorgabe der EU. Angetastet werden solche Gebiete in der Regel nur, wenn es keine Alternative gibt.

Anders als die Kranzberger, die in dem betroffenen FFH-Gebiet vor allem ökologisch weniger wertvolle landwirtschaftliche Flächen sehen, urteilte die Regierung von Oberbayern schon 2008, dass die mögliche Beeinträchtigung des Schutzgebiets als "erheblich" eingestuft werde. Das FFH-Gebiet würde auf einer Länge von 350 Meter durchschnitten. Östlich der Trasse liegende Lebensräume - Kiesabbaugewässer, Verlandungs- und Gehölzstrukturen - würden isoliert, Wechselbeziehungen für Reptilien und Amphibien mit den Amperauen unterbrochen. Auch Auswirkungen auf Arten wie Grüne Keiljungfer oder Frauennerfling befürchten die Fachleute. Und Michael Neupert vom Staatlichen Bauamt fügt hinzu: FFH-Gebiete würden auch in Hinblick auf ihr Potenzial beurteilt - was dort einmal entstehen könnte, wenn die landwirtschaftliche Nutzung endet.

SZ-Karte (Foto: N/A)

Was Rupert Popp nicht verstehen kann: Seit Jahren wehren sich die Kranzberger vehement gegen die Trasse in Waldnähe. Vor über einem Jahrzehnt aber hätten sie die Amperhänge in unmittelbarer Nähe für den Kiesabbau geopfert, wenn sich Allershausen und die Genehmigungsbehörden nicht dagegen ausgesprochen hätten.

Obwohl Popp nicht glaubt, dass an dem FFH-Gebiet gerüttelt werden kann, sucht er gemeinsam mit seinem Kranzberger Kollegen Hammerl das Gespräch mit der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt. Ob die Planung der Südumfahrung in den kommenden Jahren überhaupt weitergeführt werden kann, hängt aber an ganz anderen Dingen: Voraussetzung ist eine Wiederaufnahme in die höchste Dringlichkeitsstufe. Damit dies gelingen kann, müsste ein anderes Vorhaben gestrichen werden. Möglich wäre dies im Fall von Gräfelfing. Die Bürgerdort haben sich gegen eine Umgehung ausgesprochen. Einer Abstufung müssten nun sowohl die Kommune als auch der Regionale Planungsverband formell zustimmen. Ob sich die Gräfelfinger die Option für eine Umgehung für die nächsten zehn Jahre völlig verbauen, ist offen. Denn rechtlich bindend ist ein Bürgerentscheid maximal für ein Jahr.

© SZ vom 19.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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