Alexander Plabst:"Es heißt ja nicht Fußballschlagen"

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Alexander Plabst sieht am liebsten Kombinationsfußball. Im Training vermittelt er dafür die Bereiche Technik, Taktik, Schnelligkeit, Athletik und Persönlichkeit. (Foto: Marco Einfeldt)

Seit Mitte Juni zeichnet der neue Trainer für die Landesliga-Fußballer des SEF verantwortlich. Seine Spieler sollen wieder mutiger und offensiver denken, Mängel im technisch-taktischen Bereich will er beheben. Emotionen am Spielfeldrand gehören für ihn dazu

Interview von Johann Kirchberger, Freising

Sieben Jahre hat Michael Schütz die Landesliga-Fußballer des SE Freising betreut - ungewöhnlich lang für den schnelllebigen Fußballbetrieb. Seit Mitte Juni trainiert nun Alexander Plabst die Gelbhemden aus der Savoyer Au. Die Umstellung auf den neuen Trainer und dessen System hat noch nicht ganz geklappt, aber die Elf scheint auf einem guten Weg.

SZ: Herr Plabst, was machen Sie im Trainingsbetrieb anders als ihr Vorgänger? Wie teilen Sie sich die Arbeit mit Ihrem Co-Trainer Fabian Herrmann auf?

Was ich anders mache, weiß ich nicht, ich habe die Trainingsinhalte von Michi Schütz nicht mitbekommen. Ich lege Wert auf fünf komplexe Bereiche: Technik, Taktik, Schnelligkeit, Athletik und Persönlichkeit. Mein Co-Trainer und ich sprechen uns ab und teilen gewisse Trainingsinhalte auf. Fabian ist nicht nur fachlich sehr gut und denkt Fußball wie ich, er kennt den Verein auch von innen und außen. Das sehe ich auch für meine Arbeit als Vorteil an.

Sie haben ja erst Mitte Juni das Traineramt übernommen, haben die Spieler verstanden, was Sie von ihnen erwarten?

Jein. Wir haben ein brutales Umstellungsproblem. Aufgrund von Personalmangel und einer daraus resultierenden verkorksten Vorrunde in der vergangenen Saison hat Michi Schütz die Mannschaft im Sinne des Vereins und aus der Not heraus stark defensiv ausrichten müssen und dann eher mit vielen langen Bällen spielen lassen. Ich bin grundsätzlich kein Freund von einer zu defensiven und zurückhaltenden Spielweise oder langen und weiten Bällen. Kombinationsfußball sehe ich am liebsten, der Sport heißt ja auch "Fußballspielen und nicht Fußballschlagen". Es soll wieder mutiger und offensiver gedacht werden, von der Spieleröffnung, über die Spielfortsetzung bis hinein in das letzte Drittel. Eine weitere Möglichkeit sehe ich, mit Chipbällen über gewisse Linien zu kommen.

Sie haben ja immer wieder mal gesagt, es gebe noch viel zu tun. Woran hapert es denn noch, was muss besser werden?

Mängel sehe ich hauptsächlich noch im technisch-taktischen Bereich. Wie verhalte ich mich bei eigenem Ballbesitz und bei Ballbesitz des Gegners, individuell, in der Gruppe und als Mannschaft. Wir haben noch sehr viele einfache Ballverluste in unserem Spiel, die uns immer wieder in höchste Schwierigkeiten bringen. Und auffällig ist unser Spiel nach vorne, wo die letzten Pässe und Zuspiele sehr unsauber und teilweise überhastet gespielt werden.

Welches Potenzial steckt in der Mannschaft, was trauen Sie ihr heuer zu?

Das zu beurteilen, ist jetzt noch zu früh. Auch weil wir gerade in den Bereichen Technik und Taktik noch extrem schwankend auftreten. Wir haben hier noch keine aber für den weiteren Spielbetrieb unabdingbare Stabilität im Spiel.

Wie versuchen Sie die Leistungen zu verbessern? Mit Lob oder Tadel?

Ohne Lob geht es nicht. Die Gesellschaft ist sensibler als zu meiner Zeit. Tadel sollte nicht als etwas Schlechtes überbracht werden, sondern helfen, gewisse Dinge besser zu machen. Ich gebe aber zu, dass ich wesentlich häufiger kritisiere als lobe.

Wie halten Sie Spieler bei Laune, die als Amateure dreimal die Woche trainieren?

Ich persönlich denke, dass in dieser Liga auch zweimal Training pro Woche reichen würde. Aber zum einen ist es in Freising Tradition, dreimal die Woche zu trainieren, zum anderen wollen das die meisten Spieler. Die Trainingsbeteiligung seit Beginn der Vorbereitung ist optimal.

Wie gut haben sich die beiden Nigerianer integriert. Gibt es da noch Verständigungsprobleme?

Wir unterhalten uns auf Englisch. Während des Spiels, wenn schnell und plötzlich kommuniziert werden muss, ist das nicht immer einfach. Beide machen aber einen Sprachkurs. Ansonsten sind sie in der Mannschaft hervorragend integriert.

Man kennt die Spielweise der meisten Landesligisten. Stellen Sie Ihre Elf individuell auf den jeweiligen Gegner ein?

Wir brauchen mehrere Spielsysteme, die man auch während eines Spiels verändern kann. Vorrang haben zunächst das eigene Spielsystem und der eigene Plan, je nachdem, was ich gerade für Spieler zur Verfügung habe. Aber ich weise meine Spieler im nächsten Schritt schon auch auf die Stärken und Schwächen des Gegners hin.

Mit im Kader sind einige Spieler, die gerade aus der A-Jugend kommen. Was müssen die tun, um es in die Landesligaelf zu schaffen?

Sie müssen die Umstellung bewältigen, keine Jugendspieler mehr zu sein, sondern bei den Senioren zu spielen. Sie müssen sich schnellstmöglich menschlich und in funktioneller Hinsicht anpassen.

Warum haben Sie nach vergleichsweise ruhigen Jahren als DFB-Stützpunkttrainer wieder eine Landesligaelf übernommen? Hat Ihnen der Stress gefehlt?

Das hat mit Stress nichts zu tun. Ich bin ja seit meinem 17. Lebensjahr als Spieler oder Trainer bei den Senioren aktiv, den Nachwuchs habe ich immer nur nebenbei betreut. Gut, ich habe ein paar Jahre Pause gemacht, aber den Trainingsaufwand bin ich ebenso gewohnt wie die Arbeit am Spielfeldrand. Das ist wie Radfahren, das Gefühl geht von heute auf morgen nicht verloren. Aber wenn man irgendwo einsteigt, muss das bei beiden Parteien passen und es ist auch eine Frage der Örtlichkeit. Von meinem Wohnort Röhrmoos nach Freising sind es 25 Minuten, das ist perfekt.

Wenn Sie am Spielfeldrand stehen, reagieren Sie oft sehr emotional. Wie lange brauchen Sie, um nach einem Spiel wieder zur Ruhe zu kommen?

Wenn der Schiedsrichter abpfeift, komme ich zugegeben nicht gleich zur Ruhe, dann spricht oder geht man bestimmte Abläufe schon noch einmal durch. Emotionen am Spielfeldrand müssen sein, wenn ich die komplette Spielzeit nur auf der Bank sitze und nichts sage, dann vermittle ich für meinen Geschmack das Gefühl, nicht am Spiel teilzunehmen. Ich denke, an einem Spiel sollen neben den aktiven Spielern auch die Trainer und die Ergänzungsspieler teilhaben, also das gesamte Team.

© SZ vom 21.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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