Aktionswoche:Raus aus der Schuldenfalle

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Die Caritas hat 2016 in Freising und Moosburg mehrere Hundert Betroffene unterstützt. Vor allem für die Insolvenzberatung wäre jedoch weiteres Personal erforderlich, denn auch hier ist die Nachfrage groß

Von Peter Buchholtz, Freising

Neun Klassen hat Margit Wander besucht, seit sie im Oktober 2016 die Präventionsarbeit der Caritas-Schuldnerberatung im Landkreis Freising übernommen hat. Die Schüler der Berufsschule Freising und der Mittelschule Lerchenfeld sollen für bestimmte Schuldenfallen sensibilisiert werden, etwa für Ratenverträge, die häufig in Elektrofachmärkten beim Kauf von Handys und anderen Geräten angeboten werden.

Vom 19. bis zum 23. Juni möchten Wohlfahrts- und Fachverbände in einer Aktionswoche im gesamten Bundesgebiet öffentlich unter dem Motto "Überschuldete brauchen starke Unterstützung" auf das Angebot der Schuldner- und Insolvenzberatung hinweisen. "Die Nachfrage ist nach wie vor sehr hoch", berichtet Günter Miß, Leiter der Schuldnerberatung Freising.

Er ist froh, dass er sein Team im Frühjahr ausbauen konnte. Neben Margit Wander, die seit neun Jahren dazu gehört, ist nun auch Hannah Pauer in der Schuldnerberatung tätig. "Es ist gut, eine neue, junge Mitarbeiterin im Team zu haben", ist Günter Miß überzeugt, "die kennt sich mit Handyverträgen besser aus als ich!" Durch ihre Ausbildung - alle drei sind studierte Sozialpädagogen - "haben wir einen guten Background, um die Menschen zu begleiten", sagt Margit Wander. Es gehe nicht nur um die Beratung in Geldfragen, sondern auch um die Menschen, "die sich mit den Unterlagen zu uns trauen".

Da für viele der erste Kontakt sehr schwer ist, versucht die Schuldnerberatung auf verschiedenen Ebenen aktiv zu werden: Häufig genutzt werde die Telefonsprechstunde von 8 bis 9 Uhr; auch die Online-Beratung werde mehr und mehr angenommen. "Das ist ein Schritt, wo man sich eingestehen muss: Ich komme sonst nicht mehr zurecht", sagt Margit Wander. Neben der Prävention liegt der Fokus der Arbeit darin, außergerichtliche Einigungen mit Gläubigern zu finden und auf Insolvenzverfahren hinzuführen. "Wenn ein Schuldner beispielsweise Arbeitslosengeld II bezieht, liegt eine Insolvenz sehr nah", sagt Wander.

Im Jahr 2016 wurden in Freising und in der Zweigstelle in Moosburg 339 Betroffene beraten, in weiteren 105 Fällen fanden vorbereitende Gespräche im Rahmen der Insolvenzberatung statt. 863 wählten die Telefonberatung und 34 Anfragen wurden über das Online-Portal gestellt. Etwa 13 Prozent der Verschuldungen kamen im Landkreis durch Scheidung und Trennung zustande, weitere 13 Prozent durch eine gescheiterte Selbständigkeit. In rund 16 Prozent der Fälle war eine fehlende Haushalts- beziehungsweise Budgetplanung Grund für die Verschuldung.

"Wir sind ein starkes Team", verkündet Günter Miß mit einem gewissen Stolz, "aber allen Anfragen gerecht werden können wir immer noch nicht. Der Landkreis Freising finanziert uns eineinhalb Stellen für die allgemeine Schuldnerberatung, aber bei der Insolvenzberatung gibt es Nachholbedarf." So hofft er auf eine Lösung vor allem für die Insolvenzberatung, deren Kosten nicht der Landkreis, sondern der Freistaat trägt. Miß erwartet sich eine baldige Entscheidung über eine Erhöhung der Zuschüsse. "Es ist wichtig, dass wir hier Planungssicherheit bekommen, dann könnte das Team auch noch stärker werden!"

"Wir würden uns hier eine einheitliche und gesicherte Finanzierung wünschen", sagt Sabine Schuster, Referentin für Soziale Arbeit im Diözesan-Caritasverband und Fachberaterin für 13 Caritas-Beratungsstellen an 27 Standorten in München und Oberbayern. Im gesamten Gebiet wurden im Vorjahr 6113 Menschen sozial beraten, fast 20 Prozent davon zum Thema Insolvenz. "Im Grunde bräuchten wir sogar einen Rechtsanspruch auf eine niedrigschwellige und offene Beratung für überschuldete Menschen."

Die Terminvergabe für die Erstgespräche findet jeweils am letzten Mittwoch eines Monats von 15 Uhr an unter der Rufnummer 0 81 61/53 87 945 statt, die Telefonsprechstunde ist werktags von 8 bis 9 Uhr unter dieser Nummer zu erreichen.

© SZ vom 17.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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