Acht Tage altes Kalb gerissen:Schwierige Beweislage

Lesezeit: 2 min

In der Gemeinde Haag wurde ein acht Tage altes Kalb von einem anderen Tier gerissen. Ob das ein Hund, ein Fuchs oder gar ein Wolf war, soll jetzt eine genaue DNA-Untersuchung klären.

Von Katharina Aurich, Haag

Die Nachricht, dass auf einem Acker in der Gemeinde Haag ein Kalb gerissen wurde, sorgt dort für Unruhe: Es war das erste Kalb dieser Saison in der kleinen, zehnköpfigen Mutterkuhherde von Landwirt Georg Sedlmaier im Weiler Sollern. Es wurde auf der Weide geboren und nur acht Tage alt. In der Nacht zum Samstag wurde das kleine Kalb auf der Weide zunächst gehetzt, dann gerissen, ausgeweidet und teilweise gefressen. Welches Tier das Kalb getötet habe, sei aber noch völlig offen, sagt Jagdaufseher Stefan Strasser, der am Dienstag den Kadaver untersuchte.

In Frage kämen ein Wolf, aber auch mehrere Hunde oder Füchse. Es gebe leider keine eindeutigen Bissspuren am Kadaver, so Strasser. Hunde hätten eher stumpfe Zähne und würden wahllos zubeißen, Wölfe hätten spitzere Kauwerkzeuge und würden ihre Beute mit einem gezielten Biss töten. Ein Fuchs hätte das Kalb mit einem Biss in die Kehle getötet, davon sei jedoch nichts zu sehen, erläutert der Fachmann. Landwirt Sedlmaier hat dem Kadaver Gewebeproben entnommen, die jetzt von den Fachleuten der Wolfmonitoringstelle auf DNA-Spuren untersucht werden, um herauszufinden, welche Tierart das Kalb getötet hat. Er verzichte auf eine Anzeige wegen Sachbeschädigung gegen Unbekannt, sagt der Landwirt, das bringe nichts.

Da ein Räuber meist mehrmals an die Stelle seiner Tat zurückkehrt, hat Jagdaufseher Strasser nun am Dienstag zwei Wärmebildkameras am Weidezaun neben dem Kadaver aufgehängt, die jetzt eine Woche lange alle drei Sekunden ein Bild aufnehmen, wenn sich etwas bewegt. Diese Kameras werden normalerweise zur Kontrolle von Wildschweinen genutzt, an Stellen, an denen die Borstentiere mit Mais angelockt werden. Sollte sich tatsächlich ein Tier dem Kadaver nähern, bedeute das aber nicht, dass es das Kalb auch getötet habe. Die Beweislage sei schwierig, sagt Strasser, der selbst bei der Kripo beschäftigt ist. Für Landwirt Sedlmaier wiegt der Verlust und vor allem die Sorge, dass nochmals ein Kalb auf seiner Weide gerissen werden könnte, schwer. Er bewirtschaftet seinen 50 Hektar großen Betrieb biologisch, die Kühe sind das ganz Jahr über draußen und bringen auch die Kälber auf der Weide zur Welt. Wenige Tage nach der Geburt des kleinen Kalbes wollte er die Ohrmarke setzen, konnte das Tier aber nirgends mehr entdecken, nur die Mutterkuh mit einem vollen Euter. Nach einiger Zeit habe er den Tierkörper entdeckt und sofort den Jagdaufseher eingeschaltet, der sich um die 500 Hektar große Jagd des Jagdpächters Klaus Kaiser kümmert, zu der auch Sedlmaiers Hof gehört. Natürlich machte die Nachricht über das gerissene Kalb sofort die Runde in Haag. Ein Jäger, der namentlich nicht genannt werden möchte, hält die Wolfsvariante für nicht ausgeschlossen. Man erzählt sich auch, dass nachts bereits mehrmals ein großes, graues Tier gesehen worden sei.

Das könnte aber auch ein dunkel gefärbter, fehlfarbener Fuchsrüde gewesen sein, beschwichtigt Strasser die Fantasien und Vermutungen. Manfred Drobny, Vorsitzender das Bundes Naturschutz in Freising, hält es für unwahrscheinlich, dass sich in der Gemeinde Haag ein Wolf aufhalte oder dort hungrig vorbeizog. Ausschließen möchte er es aber nicht, sagt er und betont, dass der Wolf Menschen nicht gefährlich werde.

Selbst wenn die Gewebeproben des getöteten Kalbs eine Wolf-DNA enthalte, werde dem Tier vermutlich nichts passieren. Der Wolf sei eine streng geschützte Art, informiert Eva Dörpinghaus, Pressesprecherin des Landratsamtes. Er unterliege nicht dem Jagdrecht und dürfe nur mit einer Sondererlaubnis erlegt werden. Im bayerischen Netzwerk für große Beutegreifer - dazu gehören Wolf, Luchs und Bär - werden seit einigen Jahren alle Hinweise zu diesen Tieren gesammelt, um Informationen über ihre Verbreitung und Lebensweise zu erhalten.

© SZ vom 17.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: