Abseits-Rettung:Vielleicht der entscheidende Joker

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Um das Abseits wird weiter gekämpft. (Foto: Marco Einfeldt)

Der Abseits-Verein könnte die Freisinger Kultkneipe möglicherweise per Erbbaurecht übernehmen. Voraussetzung dafür ist, dass die Kommunalaufsicht im Landratsamt mitspielt

Von Petra Schnirch, Freising

Der Rettungsversuch für die Neustifter Kulturkneipe Abseits geht in die nächste Runde: Am kommenden Dienstag (17 Uhr, Kleiner Sitzungssaal im Stauberhaus) entscheidet der Finanzausschuss, ob die Verwaltung die Machbarkeit einer Erbbaurecht-Lösung prüfen soll. Die Grünen-Fraktion hatte dies im Stadtrat ins Spiel gebracht. Sofern Kaufpreis und Zinsvorstellungen stimmen, hält Sebastian Habermeyer (Grüne) einen solchen Schritt für durchaus realisierbar. "Das sind keine weltfremden Spinner", sagt er über die Abseits-Freunde. Rudi Schwaiger (CSU) dagegen glaubt, dass die Kommunalaufsicht auch hier nicht mitspielen werde.

Die Idee: Die Stadt kauft das Areal dem bisherigen Besitzer Guy Graf von Moy ab und überlässt es dem Verein zu einem noch zu vereinbarenden Erbbauzins. Das wäre wohl in jedem Fall ein fünfstelliger Betrag. Ist der nicht zu hoch, könnte ihn der Abseits-Verein stemmen, glaubt Habermeyer. Doch das Thema ist komplex. Üblicherweise liegt die Höhe des Erbbauzinssatzes pro Jahr bei drei bis fünf Prozent der Kaufsumme, bei Gaststätten können es sogar bis zu 8,5 Prozent sein. Einen Aufschlag kann es auch bei bebauten Grundstücken geben, wie ein Immobiliensachverständiger erklärt. Ob dies bei der baufälligen Kulturkneipe zutrifft, ist Verhandlungssache, ebenso ob der Vertrag eine Wertsicherungsklausel enthält. Der Erbbauzins wird dann im Laufe der Jahre an Änderungen des Verbraucherpreisindexes angepasst, kann sich also erhöhen.

Als Kaufpreis steht eine Summe im Raum, die sich zwischen 1,1 und 1,5 Millionen Euro bewegt. Der Zinssatz für die öffentliche Nutzung als Kulturzentrum müsste laut Habermeyer deutlich unter drei Prozent liegen. Die Gebäude haben im jetzigen Zustand für ihn "eigentlich keinen Wert". Die Sanierung würde der Verein - zum Teil in Eigenleistung - übernehmen, Fördermittel seien bereits in Aussicht gestellt. Für die Stadt wäre das als Eigentümerin des Grundstücks letztendlich kein schlechtes Geschäft, findet der Grünen-Stadtrat.

Rudi Schwaiger bezweifelt jedoch, dass die Kommunalaufsicht im Landratsamt einem Sonderzinssatz zustimmen werde - vor allem weil die Stadt in den kommenden Jahren große Aufgaben zu schultern hat und weitere Kredite aufnehmen muss. Die Gemeindeordnung verpflichte die Kommunen zu wirtschaftlichem Handeln. Aus diesem Grund wäre auch ein Millionen-Darlehen durch die Stadt, das zunächst bei einem Kauf des Areals durch den Verein im Gespräch war, nicht zulässig. Die jetzt angedachte Lösung ist für Schwaiger das "gleiche Kind mit anderem Namen". Im Landratsamt hält man sich in dieser Frage bisher bedeckt, da noch keine Anfrage der Stadt vorliege. Eine solche werde man prüfen, "alles andere wäre Spekulation", teilt die Behörde mit.

Sollte sich die Erbbaurecht-Variante dennoch als entscheidender Joker erweisen, wird es laut Habermeyer keine Luxussanierung geben, sondern eine "sehr reduzierte" Renovierung. Haustechnik und Brandschutz müssten auf Vordermann gebracht, kleine Teile des Dachs neu eingedeckt werden, der Eiskeller soll als Veranstaltungsraum hergerichtet werden. Für größere Sanierungsarbeiten will der Verein Reserven anlegen.

Ganz abgesehen von der rechtlichen Machbarkeit der Abseits-Rettung liegen die Positionen im Stadtrat weiterhin weit auseinander. Während Schwaiger befürchtet, dass ein Präzedenzfall geschaffen würde, wirft Habermeyer die Frage auf, ob das "noch unsere Stadt ist", wenn auch das Abseits verschwinden sollte. Auch die Landespolitik hat das Thema inzwischen erreicht: Sepp Dürr, kulturpolitischer Sprecher der Grünen im Landtag, setzt sich in einem emotionalen Plädoyer für die Rettung der Freisinger Kulturkneipe ein, weil die Städte ohne solche Treffpunkte immer austauschbarer und gesichtsloser würden.

© SZ vom 10.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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