Immer voller Einsatz:Leben für die Feuerwehr

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Anton Frankl schätzt an der Feuerwehr unter anderem die Kameradschaft, die dort herrscht. (Foto: Marco Einfeldt)

Als 14-Jähriger ist Anton Frankl Mitglied der Freisinger Feuerwehr geworden. Heute ist er ihr Kommandant. Im Interview erzählt er, was ihm wichtig ist und warum er auch in gefährlichen Einsätzen nie Angst hat.

Von Katharina Aurich, Freising

Nicht zu übersehen ist die große Feuerwache an der Dr. -von-Daller-Straße in Freising. Im zweiten Stock befindet sich das Büro des "Chefs" Anton Frankl. Hier ist er fast jeden Vormittag anzutreffen, wenn er nicht in der Stadt selbst in Sachen Brandschutz unterwegs ist. Nachdenklich und sehr persönlich schildert er seine Gedanken zur freiwilligen Feuerwehr, für die er sich fast sein ganzes Leben lang eingesetzt hat.

SZ: Was hat Sie als 14-Jährigen bewogen, zur Feuerwehr zu gehen ?

Frankl: Ich bin in Lerchenfeld aufgewachsen und habe dort oft die Einsätze der Feuerwehr erlebt, das hat mich fasziniert. Außerdem kannten meine Eltern viele Feuerwehrmänner, so dass bei uns zu Hause oft darüber gesprochen wurde. Die Feuerwehr war und ist für mich ein Ort, wo sich etwas rührt, man kann helfen und sie ist vor allem ein Ort der Kameradschaft.

Was bedeutet Kameradschaft für Sie ?

Ich fühle mich unter Menschen wohl, die dieselben Interessen und Werte haben wie ich. Kameradschaft bedeutet zusammen zu halten, auch in extremen Situationen. Wir erleben uns oftmals in emotional aufgeladenen Stimmungen. Wenn der Piepser zum Einsatz ruft, kommt jeder aus einer ganz anderen Situation.

Der eine hat gerade etwas Schönes erlebt, der andere vielleicht gestritten. In diesen unterschiedlichen Stimmungen fahren wir dann los und alles tritt in den Hintergrund, es zählt nur noch, zu helfen und zu retten. Die Feuerwehr ist auch wie eine große Familie, wir besprechen viele Probleme, es bilden sich Grüppchen, die dann auch privat befreundet sind.

Wie oft sind Sie im Einsatz?

Ungefähr 500 Mal im Jahr rücken wir aus, überwiegend wird technische Hilfeleistung, wie die Beseitigung einer Ölspur oder Rettung einer Katze vom Baum, angefordert. Im vergangenen Jahr gab es 65 Brände, brennende Mülltonnen, Zimmerbrände und Hausbrände. 85 Mal gab es einen Fehlalarm. Wenn wir alarmiert werden, dann fahren wir los. Für viele Bürger ist die Feuerwehr das Mädchen für alles. Wir helfen gerne. Aber vielen ist nicht bewusst, dass wir das ehrenamtlich tun.

Wer trägt die Kosten des Einsatzes?

Bei Bränden werden Menschen und Tiere und bei einem Autounfall die Personen kostenlos geborgen. Die Sicherung und Räumung der Unfallstelle wird in Rechnung gestellt. Auch wenn ein Waschmaschinenschlauch platzt und wir den Keller auspumpen, ist das kostenpflichtig.

Sie wurden im vergangenen Jahr 85 Mal umsonst alarmiert, das ist oft.

Ja, die Fehlalarme nehmen zu. In immer mehr öffentlichen Gebäuden befinden sich Rauchmelder oder in privaten Häusern Heimrauchmelder. Sie werden jedoch häufig nicht ausreichend gewartet oder die Batterie ist schlicht leer. Dann piepsen sie, der Nachbar hört es und wir werden alarmiert.

Oftmals klagen die Feuerwehren über Nachwuchsmangel. In Freising ist das im Moment nicht der Fall, warum?

Das Interesse an der Feuerwehr ändert sich periodisch. Wir versuchen, Interesse zu wecken und eine gute Jugendarbeit zu machen. Manchmal kommt eine ganze Clique zu uns, die sich schon kennt.

Aber wir merken zunehmend, dass sich Jugendliche, die im Alter von 14 oder 15 begeistert zu uns kommen, als Erwachsene, wenn sie zu Hause ausziehen oder eine Familie gründen, Freising wegen der hohen Mieten nicht mehr leisten können und wegziehen. Oder sie müssen beruflich flexibel sein und lange Fahrtwege in Kauf nehmen. Der Druck auf die Menschen wird größer, jeder muss schauen, wo er bleibt. Da ist dann oft nicht mehr viel Spielraum für ehrenamtliches Engagement.

Wie sieht es auf dem Land aus?

Viele kleine Feuerwehren haben Nachwuchssorgen. Ich bewundere die Kommandanten dort, wie sie ihre Männer und Frauen bei der Stange halten, denn meistens haben sie ja nur eine Handvoll Einsätze im Jahr, obwohl sie auch ständig trainieren.

Mir ist wichtig, dass die Wehren auf dem Land gut ausgestattet sind, denn auch dort haben die Menschen ein Recht darauf, dass spätestens zehn Minuten nach einer Alarmierung die Feuerwehr vor Ort ist und auch löschen kann. Außerdem hat die Feuerwehr auf dem Land eine wichtige soziale Funktion, stellt den Maibaum auf oder organisiert das Dorffest.

Wie hoch ist der Frauenanteil bei der Freisinger Feuerwehr?

Man sieht bei den Jungen, dass sich etwas tut. Wir haben hier in Freising 28 männliche und 15 weibliche Jung-Feuerwehrleute. Bei den Erwachsenen sind es nur 27 Frauen und 169 Männer. Besonders auf dem Land ist es wichtig, dass wir gut ausgebildete Frauen haben. Denn immer mehr Männer sind beruflich tagsüber unterwegs und nur die Frauen zu Hause. Wenn es zum Einsatz kommt, dann sind sie gefordert.

Hatten Sie schon einmal Angst bei einem Einsatz?

Angst hatte ich eigentlich noch nie, denn die hat man ja nur, wenn man sich nicht helfen kann. Natürlich braucht man Respekt vor der Gefahr, um sie einzuschätzen und sich entsprechend zu verhalten. Während unserer Einsätze sind wir gefordert und tun etwas, Gefühle treten in diesen Momenten in den Hintergrund. Das Allerwichtigste sind die Kameraden und dass ich sie wieder heil nach Hause bringe.

Wie bewältigen Feuerwehrleute psychische Extremerlebnisse?

Wir haben drei psychologisch ausgebildete Kameraden, die stehen für Stressbewältigung zur Verfügung. Nach schrecklichen Einsätzen ist es wichtig, dass wir sie gemeinsam erlebt haben, das miteinander Teilen und miteinander Reden. Wir bewältigen es in der Gruppe und machen uns klar, dass wir nicht schuld sind. Man darf solche Gedanken nicht in sich hinein fressen.

Aber wir müssen auch akzeptieren, dass wir manchmal machtlos sind. Beim Hochwasser 2013 liefen zum Beispiel die Keller in der Gartenstraße voll Wasser. Wir konnten nichts dagegen tun und mussten uns zurückziehen. Das fiel manchen von uns sehr schwer, diese Machtlosigkeit zu akzeptieren.

© SZ vom 08.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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