32 Prozent der Einsätze:"Wir kommen immer"

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Bei der Freiwilligen Feuerwehr in Freising häufen sich die Fehlalarme. Die rückt auch dann aus, wenn ein Volltrunkener in einem Nachtlokal versehentlich die Brandmeldeanlage auslöst

Von Thilo Schröder, Freising

Wer die Feuerwehr anruft, tut dies, weil er sich in einer Gefahrenlage sieht. Möchte man meinen. Doch Fehlalarme häufen sich: In rund 32 Prozent der Einsätze im vergangenen Jahr (circa 130) habe die Freisinger Feuerwehr nicht eingreifen müssen, so Sprecher Florian Wöhrl. Mutwilliges Alarmieren, irrtümliches Melden, von der Technik ausgelöste Alarme: die Gründe sind vielfältig. Viele Fehlalarme seien aber unnötig, findet Wöhrl - und appelliert an die Eigeninitiative der Bürger.

Mutwillig, also böswillig herbeigeführte Alarme seien etwa vorsätzlich betätigte Druckknopfmelder. Ein Beispiel: 13. Oktober 2017, ein Freisinger Nachtlokal in den frühen Morgenstunden: Ein junger Mann wird bei Betriebsschluss vom Personal übersehen und versehentlich eingeschlossen. Volltrunken betätigt er einen Druckknopfmelder der automatischen Brandmeldeanlage (BMA) und wird von Polizei und Feuerwehr befreit - wegen Verdachts auf eine Straftat wird der Fall der Staatsanwaltschaft übergeben, über den Ausgang ist nichts bekannt.

Unter Täuschungsalarme fallen Notrufe, bei denen der Meldende die Situation zwar falsch beurteilt, jedoch in gutem Glauben handelt, obgleich gar kein Feuerwehreinsatz nötig gewesen wäre. Immer wieder, zuletzt im Mai, melden Anrufer in den Abendstunden Rauchentwicklung am Domberg oder der Stadtpfarrkirche - oft auch aus weiter Entfernung. Vor Ort stellen sich solche Meldungen meist als harmloser Wasserdampf oder als Rauch aus Schornsteinen heraus, der im Scheinwerferlicht den Anschein eines Brandes erweckt.

In den vergangenen 20 Jahren hat sich die Anzahl der Fehlalarme an absoluten Einsatzzahlen im Schnitt verdoppelt, bilanziert Wöhrl. Hauptgründe dafür seien zum einen eine Zunahme von BMA, die direkt an die Integrierten Leitstellen aufgeschaltet sind. Im Stadtgebiet gebe es derzeit deren 150 bis 200. Üblicherweise seien circa 80 Prozent der von BMA ausgelösten Alarme auf technische Defekte zurückzuführen. Einen weiteren Grund sieht Wöhrl in der flächendeckenden Mobilfunkversorgung und der Verbreitung von Mobiltelefonen. Dies vereinfache die Alarmierung. Die Einführung der Rauchmelderpflicht trage ebenfalls zu Fehlalarmen bei. Fehlalarme, gleich welcher Ursache, seien ein erhebliches Problem, sagt Wöhrl. Als Freiwillige Feuerwehr sei man darauf angewiesen, dass die ehrenamtlich arbeitenden Mitglieder motiviert bei der Sache seien. Denn sie eilen im Alarmfall aus der Freizeit oder vom Arbeitsplatz so schnell wie möglich zu den Feuerwachen. "Das Unfallrisiko bei Einsatzfahrten mit Blaulicht und Martinshorn ist statistisch achtmal höher als bei ,normalen' Autofahrten. Jeder unnötige Einsatz bedeutet geopferte Freizeit oder Arbeitszeit unserer Helfer und setzt sie auch einem unnötigen Unfallrisiko aus."

Zwar sei nicht jeder Fehlalarm vermeidbar. "Es kommt aber leider immer wieder vor, dass unnötige Einsätze schon durch geringe Eigeninitiative der Bürger vermieden werden könnten. Wenn beim Nachbarn der Heimrauchmelder zu pfeifen beginnt, dann könnte man auch selbst dort klingeln und erfragen, ob alles in Ordnung ist. Wenn ein abgebrochener Ast wenige Zentimeter in die Fahrbahn ragt, könnte man den auch selbst zur Seite räumen, ehe man die Feuerwehr alarmiert." Wöhrl stellt klar: "Wir kommen immer! Zu jeder Tageszeit an 365 Tagen im Jahr. Aber wir appellieren auch an das Bewusstsein in der Bevölkerung: Feuerwehr ist Ehrenamt." Mehr als 70 Prozent aller Feuerwehreinsätze in Bayern werden laut Wöhrl von Freiwilligen Feuerwehren bewältigt - auch die Fehlalarme.

© SZ vom 04.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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