25 Jahre aktiver Dienst:Völlig feuerwehrverrückt

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Der Freisinger Florian Wöhrl hat schon viele schwierige Einsätze erlebt und dabei Menschenleben gerettet. Bei der Verarbeitung des Erlebten hilft ihm, dass seine Frau großes Verständnis für seine Arbeit zeigt

Von Marlene Krusemark, Landkreis

Florian Wöhrl kann sich noch gut daran erinnern, wie er damals auf seinen 14. Geburtstag hin fieberte, um endlich bei der Freiwilligen Feuerwehr mitmachen zu dürfen. Das ist mittlerweile 25 Jahre her, inzwischen ist er 39 Jahre alt und Gruppenführer beim Einsatzdienst der Hauptfeuerwache, Schriftführer im Verein und verantwortlich für die Öffentlichkeitsarbeit.

Hauptberuflich arbeitet Wöhrl als IT-Leiter in einer Softwarefirma in Marzling. Die Freiwillige Feuerwehr und sein Beruf lassen sich gut vereinen - er könne selbst entscheiden, wann er zum Einsatz ausrückt: "Mein Arbeitgeber fördert das, spätestens seit es vor ein paar Jahren mal Hochwasser gab und das Firmengebäude betroffen war. Da wusste ich als Feuerwehrmann, was zu tun war, und konnte schnell Hilfe organisieren." Ein zeitintensives Hobby sei es auf jeden Fall, pro Tag habe er zusätzlich zu seinem Beruf meist noch zwei Termine für die Feuerwehr. Seine Frau, die auch eine Freiwillige ist und mit der er regelmäßig gemeinsam Einsätze fährt, sei der Meinung, er sei "völlig feuerwehrverrückt."

In seinen 25 Jahren bei der Feuerwehr habe er schon viel Positives und Prägendes erlebt. Einer der intensivsten Einsätze sei ein Autobahnunfall mit einem Geisterfahrer vor etwa zehn Jahren gewesen. Wöhrl hatte seinen Zivildienst beim Rettungsdienst gemacht und wusste daher, was zu tun war. Eineinhalb Stunden lang saß er mit dem eingeklemmten Mann im Auto und arbeitete daran, "ihn von seinen extrem üblen Einklemmungen zu befreien". Er konnte ihn retten, der Mann überlebte. "Da merkt man: Es hängt an uns, wir retten Menschen."

Ein Großbrand auf einem Anwesen an der Altenhauser Straße in Freising im Jahr 2014: Auch hier war die Freisinger Feuerwehr schnell zur Stelle. (Foto: Marco Einfeldt)

Natürlich komme man dabei oft nicht nur physisch, sondern auch psychisch an seine Grenzen. Er sei es gewöhnt, solche Einsätze im Anschluss noch zwei oder drei Wochen mit sich herumzutragen. "Es ist nicht ohne, wenn man schon mit 18 Jahren zum ersten Mal Schwerverletzte und Tote sieht." Jeder brauche dafür seine eigenen Strategien. Für ihn ganz wichtig seien seine Kameraden und seine Frau, die ein Grundverständnis für diese Probleme mitbringe, weil sie selbst Mitglied der Feuerwehr ist.

Als problematisch an der Arbeit als Feuerwehrmann sieht er, dass sie manchmal zu sehr für selbstverständlich gehalten werde. "Die Feuerwehr wird teilweise als Universaldienstleister gesehen. Jeder trägt immer sein Handy mit sich und wählt sofort 112, wenn er eine Rauchwolke sieht - selbst wenn sie von einem Lagerfeuer kommt." Manchmal höre er nach einem Einsatz die Frage, wie lange er denn noch Schicht habe. Das deute auf ein Unwissen hin, dass die Feuerwehrmänner und -frauen aus ihren Jobs oder ihrer Freizeit gerissen und nicht bezahlt werden.

Florian Wöhrl sorgt sich nicht um die Motivation der freiwilligen Helfer. (Foto: Marco Einfeldt)

Eine weitere Schwierigkeit sei nach wie vor die Personalfrage. Es reiche nicht, die Jugendlichen zu begeistern, man müsse sie auch binden - beispielsweise mit bezahlbarem Wohnraum. Derzeit ziehen junge Freiwillige reihenweise aufs Land, um eine Familie zu gründen - das bereite ihm Sorgen. "So übernimmt keiner mehr Führungsaufgaben."

Er als Einsatzleiter trägt eine hohe Verantwortung. Seine Aufgabe sei es, erst einmal die Lage zu erkunden und zu beurteilen: Was ist hier die größte Gefahr? Dann komme es auf eine strukturierte Vorgehensweise an: Welches Problem ist das größte? Welche Möglichkeiten haben wir? Daraufhin erteile er die Aufträge an die Mannschaft. Aber auch als Einsatzleiter sei man nicht davor gefeit, dass man von einer Situation überwältigt werde, berichtet Florian Wöhrl.

Zum Beispiel wurde er mal als sehr junger, unerfahrener Gruppenführer zu einem Heizungsbrand in einer Landwirtschaft gerufen, der sich dann als massiver als erwartet herausstellte. "Wir kamen da an und der ganze Himmel war rot. Aufgrund eines Sturmes herrschte extremer Funkenflug, die Gebäude rundherum hatten auch schon angefangen zu brennen." In dieser sogenannten Chaosphase stehe man erst einmal unter dem Eindruck des Infernos. "Da bist du natürlich auch beeindruckt von der Urgewalt des Feuers, das ist optisch spektakulär." In solchen Momenten scheue er sich nicht davor, auch andere erfahrene Feuerwehrmänner um Rat zu fragen, um - wie auch in diesem Fall - den Schaden erfolgreich eindämmen zu können.

© SZ vom 16.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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