Frau klagt auf Magenverkleinerung:Verurteilt zum Abnehmen

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Sie ist massiv übergewichtig, leidet an Bluthochdruck und Diabetes - und sagt: Diäten seien bei ihr zwecklos, nur eine Magenverkleinerung könne ihr beim Abnehmen helfen. Doch die Krankenkasse will nicht zahlen. Jetzt ist die 111 Kilo schwere Frau kurzerhand in München vor Gericht gezogen.

Ekkehard Müller-Jentsch

Sie ist massiv übergewichtig und leidet unter verschiedenen chronischen Krankheiten. Weitere Diät-Versuche seien aussichtslos, so haben es mehrere Ärzte einer 50-jährigen Münchnerin bescheinigt. Die Mediziner haben der Frau, die gerade einmal 1,66 Meter groß ist und dabei 111 Kilo wiegt, zu einer Operation des Magens geraten. Doch die Krankenkasse stellt sich quer: Sie will den Eingriff nicht bezahlen, weil nicht alle Diät-Möglichkeiten ausgeschöpft seien.

Die Münchnerin klagte durch zwei Instanzen vor den Sozialgerichten gegen das Nein der Kasse. Vergeblich. Der Eingriff in ein intaktes Organ könne nur der allerletzte Schritt sein, sagen die Richter. Sie sehen das auch unter Kostenaspekten. Selbst eine aufwendige Diättherapie sei wirtschaftlicher als die lebenslang notwendige Nachbetreuung der OP.

Die Münchnerin leidet unter Bluthochdruck und Diabetes, ihr Body-Mass-Index beträgt 40. Sie hat vieles versucht: Mehrwöchige stationäre Aufenthalte zum Abnehmen blieben ebenso fruchtlos wie eigene Diätversuche, etwa nach Atkins, eine Ananaskur, Trennkost, Diätco sowie Behandlungen mit dem Appetitzügler Reductil. Dazu kamen immer sportliche Tanzaktivitäten.

Im Klinikum Bogenhausen rieten die Ärzte der Frau schließlich zu einem operativen Eingriff. Doch ihre Krankenkasse lehnte den Antrag auf Genehmigung der OP ab, weil sich der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) dagegen ausgesprochen hatte. Die konservativen Behandlungsmöglichkeiten seien nicht ausgeschöpft, solange die Frau kein sechs- bis zwölfmonatiges durchgehendes Behandlungskonzept zur Gewichtsabnahme durchlaufen habe.

Als die Münchnerin dagegen beim Sozialgericht München klagte, holte das Gericht ein internistisches Gutachten ein. Auch der damit beauftragte Professor meinte, dass weitere konservative Maßnahmen nur sehr geringe Erfolgsaussichten haben würden - bestmögliche Therapieoption für die Klägerin sei der chirurgische Eingriff zur Magenverkleinerung. Trotzdem wies das Gericht die Klage ab.

Den Versuchen bisher fehlte es an Nachhaltigkeit

Die Frau legte Rechtsmittel dagegen beim Landessozialgericht ein. Aber der 5. Senat wies nun die Berufung zurück. Anspruch auf Maßnahmen der Adipositas-Chirurgie, wie das in der Fachsprache heißt, haben Versicherte nur, wenn der Eingriff wirtschaftlich notwendig ist, "weil das Behandlungsziel nicht durch ambulante Behandlung erreicht werden kann".

Die gescheiterten Diät-Bemühungen der Münchnerin seien kein Grund, "die chirurgische Behandlung als notwendige und wirtschaftliche Maßnahme anzuerkennen", sagt der Senat. Die Frau habe sich bisher noch keiner sechs bis zwölf Monate dauernden ärztlich begleiteten Maßnahme der Gewichtsreduktion unterzogen, die durch ein Konzept mit psychologischer Begleitung sowie Beratung zu Ernährung und Bewegung begleitet wird.

Den Versuchen bisher fehlte es an Nachhaltigkeit, so das Gericht. Dennoch habe sich gezeigt, dass bei der Klägerin Abnehmen ohne einen chirurgischen Eingriff erreichbar sei. Immerhin habe sie es geschafft, bis auf 95,7 Kilo runterzukommen. "Damit steht fest, dass bei der Klägerin eine Gewichtsreduktion auch ohne chirurgischen Eingriff erreichbar ist." Eine Revision wurde nicht zugelassen (Az.: L 5 KR 374/11).

© SZ vom 09.05.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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