Fordern und begeistern:Wissen schaffen

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Felix Schönbrodt kämpft für Transparenz in der Forschung

Von Martina Scherf

"Man muss die Studierenden fordern, wenn man sie begeistern will", sagt Felix Schönbrodt, 36. Ein Kuschelkurs bringe sie nicht weiter. Dass sich seine eigene Begeisterung überträgt, ist in seinem Fall umso bemerkenswerter, weil der Psychologe an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) ein Fach unterrichtet, das bei Studenten eher ungeliebte Pflicht ist: Statistik und Methodenlehre. "Stimmt", sagt Schönbrodt, "aber wenn man sie mal gepackt hat, dann bleiben sie dran".

Fordern heißt bei ihm zum Beispiel: Eine empirische Studie aus der Psychologie nicht nur mit ein paar Probanden nachvollziehen, quasi als Fingerübung, sondern nochmal ganz selbstständig ausführen. Unter echten Bedingungen, von A bis Z, mit mehr als 200 Teilnehmern. Das kann stressig sein, aber am Ende herrscht das Gefühl: "Wir haben wirklich Wissen geschaffen." Der junge Familienvater ist Akademischer Rat auf Zeit, das heißt, sein Vertrag dauert maximal zehn Jahre. Diese Unsicherheit teilt er mit dem Großteil aller Nachwuchswissenschaftler. Er könnte auch in die Industrie gehen. "Aber ich bin mit ganzem Herzen Wissenschaftler", sagt er, deshalb hofft er, dass sich doch noch etwas ergibt.

Bis dahin will er für sein Ziel kämpfen, mehr Transparenz in die Wissenschaft zu bringen. Denn er hat nicht nur den Preis für gute Lehre erhalten, sondern vor kurzem auch noch den amerikanischen Leamer-Rosenthal-Preis für transparente Wissenschaft, verliehen von der Universität Berkeley. Die Amerikaner wurden auf ihn aufmerksam, weil er zusammen mit dem Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Psychologie dazu Leitlinien entwickelt hat. An der LMU hat er zudem mit Kollegen eine Selbstverpflichtung formuliert. Mehr als 150 Forscher weltweit haben diese schon unterschrieben. Immer wieder gab es Schlagzeilen zu gefälschten Forschungsergebnissen und fehlerhaften Berechnungen. "Eine Überprüfung von Dutzenden Studien ergab, dass 60 bis 80 Prozent beim zweiten Mal andere Ergebnisse brachten", sagt Schönbrodt. Das habe ihn alarmiert. "Gerade jetzt, wo so viel über Fake News geredet wird, muss doch wenigstens die Wissenschaft zeigen, dass sie transparent arbeitet." Er brennt für dieses Thema, und weil er ein "Datenfreak" ist, gelingt es ihm, auch seine Studenten dafür zu sensibilisieren.

© SZ vom 29.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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