Fluktuation:Die Stadt plant eine neue Stress-Zulage

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3,5 Millionen Euro sollen die Personalprobleme in Bürgerbüros und anderen Bereichen mit intensivem Parteiverkehr lösen

Von Sven Loerzer

Rund 2000 städtische Beschäftigte, die in Behörden mit intensivem Parteiverkehr arbeiten, sollen vom 1. Juli 2020 mehr Geld bekommen. Die neue Arbeitsmarktzulage in Höhe von 200 Euro brutto im Monat geht auf einen Antrag der SPD-Stadtratsfraktion zurück. Das Geld soll es zusätzlich zur München-Zulage in Höhe von 270 Euro und dem kostenlosen Jobticket geben. An diesem Dienstag muss der Verwaltungs- und Personalausschuss des Stadtrats darüber entscheiden.

Personalreferent Alexander Dietrich (CSU) erhofft sich, mit Hilfe der neuen Zulage besonders belastete Mitarbeiter in Bürgerbüros, Ausländer-, Zulassungs- und Führerscheinbehörde, Sozialhilfe, Flüchtlingshilfe, Sofortunterbringung, Wohngeld und Jobcenter vom Wechsel auf Arbeitsplätze mit weniger Stress und Druck abhalten zu können. Die Stadt muss dafür rund 3,5 Millionen Euro pro Jahr zusätzlich ausgeben. Die Zulage wird zunächst für Tarifbeschäftigte eingeführt, doch Dietrich ist zuversichtlich, dass es eine vergleichbare Zulage "mittelfristig" auch für die rund 450 Beamten, die in den selben Bereichen tätig sind, geben könnte, zumal auch der Städtetag, sowie die Städte Augsburg und Nürnberg mit im Boot seien: "Es gibt Bewegung auf Landesebene, aber die Gespräche sind noch nicht abgeschlossen."

Die massiven Personalprobleme in den Bürgerbüros und anderen Bereichen mit intensivem Parteiverkehr seien vor allem auf die hohe Fluktuation zurückzuführen. "Für das gleiche Geld gibt es bei der Stadt stressfreiere Tätigkeiten", räumt Dietrich ein. Kaum haben die Mitarbeiter ihre Stelle angetreten, bewerben sie sich schon wieder weg. So sei die Fluktuation teilweise bei mehr als 20 Prozent gelegen. Das bedeute, dass rechnerisch alle vier bis fünf Jahre die Belegschaft komplett wechselt, ein enormer Knowhow-Verlust sei die Folge. Die Beamten blieben dabei im Schnitt doppelt so lange ihrer Dienststelle treu, weshalb Dietrich hofft, ihnen bald auch wieder eine Zulage bieten zu können. Denn seit 2011 durfte die Stadt die 1992 eingeführte Zulage für den erschwerten Parteiverkehr in Höhe von 76,69 Euro brutto monatlich, für die es eigentlich keine Rechtsgrundlage gegeben habe und die nun durch die neue Zulage abgelöst wird, nur mehr Tarifbeschäftigten bezahlen.

Die hohe Fluktuation führt Dietrich nicht nur auf die Arbeitsbelastung zurück. Durch den Parteiverkehr, der fixe Öffnungszeiten verlangt, seien flexible Arbeitszeiten eingeschränkt, zudem sei auch kein Home Office möglich. Gerade bei der Erfüllung hoheitlicher Pflichtaufgaben seien oft auch belastende Entscheidungen zu treffen. Zum Ausgleich setzt Dietrich auf den finanziellen Anreiz, den der Kommunale Arbeitgeberverband nun für Gruppen von Beschäftigten ermöglicht hat, wenn sie vom Konkurrenzdruck wegen starker Nachfrage und fehlendem Arbeitskräfteangebot auf dem Arbeitsmarkt betroffen sind. Die Höhe der Zulage folgt der bereits 2014 eingeführten Arbeitsmarktzulage für Erzieher. Wer den Tätigkeitsbereich wechselt, für den sie bezahlt wird, verliert die Zulage. Wie vom Arbeitgeberverband empfohlen wird die Zulage zunächst auf fünf Jahre befristet.

Dietrich hofft, dass damit "die massiven Personalprobleme in den Bürgerbüros und anderen Parteiverkehrsbereichen" abnehmen. "Wir bekommen gar nicht mehr genug klassisch ausgebildete Fachkräfte für die Verwaltung." Gerade aber für die Quereinsteiger und die Auszubildenden entstehe ein hoher Einarbeitungsaufwand, der dann durch eine hohe Fluktuation noch verschärft werde. Für das Personal, das seiner Dienststelle treu bleibt, steige dadurch die Belastung.

© SZ vom 10.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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