Flüchtlingsbetreuung der Caritas:"Wir haben keine luxuriösen Unterkünfte"

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Caritasdirektor Hans Lindenberger fordert mehr Geld vom Staat, um Flüchtlinge zu betreuen, und legale Wege für Arbeitsmigranten. Auch sein Wohlfahrtsverband sucht händeringend nach Fachkräften

Von Bernd Kastner

Der Chef der Caritas weiß plötzlich nicht mehr, was er sagen soll. Es geht um die aktuelle bayerische Asylpolitik, genauer: die geplanten grenznahen Abschiebezentren für Balkan-Flüchtlinge, und Hans Lindenberger, Prälat und Caritasdirektor der Erzdiözese München und Freising, windet sich. Dabei war er eben noch klar in seiner Kritik: "Wenig hilfreich" seien Äußerungen des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer, wenn dieser einen angeblich massenhaften Asylmissbrauch beklagt und die Hilfs- und Unterbringungsstandards für bestimmte Gruppen herabsetzen will. "Wir haben keine luxuriösen Unterkünfte für Asylbewerber", widerspricht Lindenberger bei der Jahrespressekonferenz der Caritas dem Eindruck, den der CSU-Chef erzeugt. Vor allem auf die Flüchtlinge vom Balkan zielt die CSU-Staatsregierung mit Worten, die Ängste und Vorurteile schürten, sagt Lindenberger: "Die kommen aus einer brutalen Armut, die haben nichts zu fressen." So drastisch formuliert er es. Und in Richtung Staatsregierung: "Die Not sollte nicht politisch instrumentalisiert werden." Keine Ängste und Vorurteile schüren!, lautet Lindenbergers Appell.

Und was hält er, der Mann der Kirche, vom konkreten Seehofer-Plan, die Balkan-Flüchtlinge in speziellen, neu zu schaffenden Aufnahmeeinrichtungen an der bayerischen Grenze zu separieren, von wo aus die Staatsregierung sie möglichst schnell abschieben will? "Ich kann eine frühe Weichenstellung verstehen", sagt der Prälat zunächst, und meint: Hierhin die Schutzbedürftigen, dorthin die anderen. Also einverstanden mit den Balkan-Lagern? Mit Einrichtungen, in denen nach den Befürchtungen von Asylhelfern viele Roma leben werden, in denen die Flüchtlinge isoliert wären und die eine fatale Botschaft an die Bürgerschaft aussenden dürften: Hier leben die Schmarotzer. Lindenberger sucht Worte, irgendwann sagt er, und meint die Politik: "Ich habe Verständnis." Es gehe ja darum, dass "dieser Zustrom handelbar bleibt." Die Kommunen seien ja in großer Not angesichts der vielen Flüchtlinge.

Dann wiederholt Lindenberger eine alte Caritas-Forderung: Es brauche jenseits des Asylantrags legale Wege für Arbeitsmigranten, um nach Deutschland zu kommen, in ein Land, das verzweifelt Facharbeiter suche. Zu den Suchenden gehöre auch die Caritas, gerade für die Flüchtlingshilfe. Nachdem man schon im vergangenen Jahr die Vollzeitstellen in der Asylberatung von 22 auf 33 erhöht habe, wolle man in diesem Jahr auf 90 aufstocken. Der Bedarf ist gewaltig, allein, man finde kaum Personal, man könne die freien Stellen "nicht mehr angemessen besetzen".

Der Caritas-Chef fordert mehr Geld vom Staat, um Flüchtlinge zu betreuen. Derzeit müsse ein Wohlfahrtsverband 30 Prozent der anfallenden Personalkosten selbst tragen, dazu kämen Sachkosten. Es sei "fatal", dass die Politik wie selbstverständlich davon ausgehe, "dass die Kirchen Defizite ausgleichen, die eigentlich staatliche Grundaufgaben" seien. Ohne die Zuschüsse der Erzdiözese könnte die Caritas ihre Aufgaben nicht erfüllen. Die Begleitung der Asylbewerber trage mit zum sozialen Frieden bei. Ohne ehrenamtliche Hilfe vieler Bürger ginge es gar nicht mehr. Mit ihrem Alveni-Flüchtlingsdienst verfügt die Caritas über einen Verbund an vielfältigen und vernetzen Angeboten für Flüchtlinge, auch, um deren Selbsthilfepotenzial zu aktivieren.

© SZ vom 22.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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