Fernsehvilla für Siemens-Chef:Peter Löscher - das Leben ist eine Baustelle

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Siemens-Chef Peter Löscher mit illustrer neuer Adresse: Er zieht in eine Fernsehvilla im noblen München-Solln, in der die ARD-Serie "Familie Sonnenfeld" gedreht wurde.

Lisa Sonnabend

An Baustellen mangelt es Peter Löscher, 50, nicht. Seit er vor rund einem Jahr Vorstandschef des Münchner Konzerns Siemens wurde, hat es der gebürtige Österreicher mit Großaufgaben wie Korruption, Sparmaßnahmen und Entlassungen zu tun.

Hier drehten die Sonnenfelds, bald zieht Peter Löscher ein. (Foto: Foto: Heddergott)

Bei so viel Tatendrang und Problemlast ist nur zu verständlich, dass er nicht länger Unterschlupf bei seinem Freund Paul Achleitner, dem Vorstand des Allianz-Konzerns finden will, sondern sich nach einem eigenen Domizil sehnt. Dass Löschers neues Heim freilich deutschen Fernsehzuschauern nur zu bekannt ist, gehört zu den Besonderheiten der neuen Siemens-Kultur.

In der schmucken Villa im Stadtteil Solln, die der Vorstandschef gekauft hat, wurden nämlich bereits sieben Folgen der beliebten ARD-Serie "Familie Sonnenfeld" gedreht, die donnerstags um 20.15 Uhr zur Primetime im Ersten Programm läuft. Löscher lässt die TV-Villa derzeit aufwendig renovieren - und die Fernsehfamilie musste das Gelände räumen.

Das war natürlich eine Enttäuschung für die "Sonnenfelds" und ihre Entourage: der Mietvertrag wurde gekündigt, Mitarbeiter des Produktionsteams Tivoli Film müssen gehen. Diese Welt ist nicht mehr so ganz heil.

Idyllisch liegt die Villa, die Millionen Zuschauer aus dem Fernsehen kennen, nahe dem Hochufer der Isar. Das zweistöckige, denkmalgeschützte Haus steht in einem parkähnlichen Garten. Der Wert der Immobilie wird auf 3,5 Millionen Euro geschätzt.

"Nach unseren Informationen stimmt es, dass das Haus an Peter Löscher verkauft wurde", sagt TV-Produzent Thomas Hroch von Tivoli Film. Die Besitzerin habe den Mietvertrag immer für ein Jahr verlängert, im Sommer 2007 aber bekam die Produktionsfirma dann keinen neuen Vertrag mehr - offenbar hatte die Vermieterin das Angebot des Siemens-Chefs Löscher überzeugt. Im September vergangenen Jahres drehte das TV-Team das letzte Mal in der Villa. Das Esszimmer und das Wohnzimmer seien besonders schön, erzählt Produzent Hroch.

Mitarbeiter ziehen nicht mit um

"Wir haben aus der Not eine Tugend gemacht", sagt der TV-Macher weiter. Und so wurde das Drehbuch kurzerhand geändert: Die Sonnenfelds ziehen nun nach Berlin um. Auf Vorrat wurden einige Außenansichten der Villa in Solln gedreht, und in einer Berliner Wohnung baute die Produktionsfirma den Innenraum der alten Villa einfach nach. Ihr neues Domizil hat die Familie im Stadtteil Kreuzberg gefunden.

Vom 22. Juli an werden in Berlin zwei neue TV-Folgen produziert. Der Umzug wird in der ARD-Serie damit begründet, dass Vater Carlo Sonnenfeld, der von Helmut Zierl gespielt wird, ein Jobangebot in Berlin erhalten hat. Da die neue Wohnung kleiner ist als die Sollner Villa, wird der älteste Sohn der Sonnenfelds ausziehen, der jüngere kommt ins Internat - und Oma Marianne muss ins Altersheim.

Die Zuschauer müssten allerdings durch den Umzug nicht fürchten, dass die Serie an Qualität einbüße, sagt Produzent Hroch. In der Serie, die mit einer Einschaltquote von bis zu sieben Millionen Zuschauern läuft, steht die Villa nicht in Solln, sondern im beschaulichen Regensburg. Und deswegen sei es dramaturgisch interessant, wenn eine Familie aus einer Kleinstadt ins große Berlin übersiedelt, findet Hroch.

Für sein Team sei der Umzug allerdings weniger erfreulich. Es scheint, als habe der Siemens-Chef - zumindest indirekt - wieder mit Entlassungen zu tun. "Unser eingespieltes Team in München kann natürlich leider nicht mit nach Berlin kommen", sagt Hroch. Zwar würden die alten Mitarbeiter ein neues Projekt bekommen - allerdings handle es sich dabei nur um einen Film und nicht um zwei.

Dem alten Drehort trauert Hroch ein wenig nach. "Wir haben vier Jahre lang dort gedreht, die Villa hat zu unserer Familie dazugehört." Die Renovierungsarbeiten sind bereits in vollem Gange, angeblich ist ein Schwimmbad geplant. Ein Bauzaun versperrt derzeit die Sicht auf das Grundstück. Bald schon will Löscher dann mit seiner spanischen Frau und seinen drei Kindern einziehen. "Er wird es sich sicherlich gemütlich machen", ist Hroch überzeugt.

Wenn Peter Löscher also irgendwann einmal zufällig ins Erste Programm zappen sollte, könnte er seine eigene Villa noch einmal erleben. In diesen Tagen muss sich der Manager vor allem mit dem Betriebsrat seines Konzerns auseinandersetzen. Es geht um Jobs, die in München und an anderen Stellen wegfallen sollen. Mit den sozialen Folgen rund um den Umzug der "Sonnenfelds" muss er sich freilich nicht abgeben.

Siemens will den Immobilienerwerb nicht kommentieren. Ein Konzernsprecher sagte: "Das ist reine Privatsache von Herrn Löscher, dazu möchten wir uns nicht äußern." Für den Konzern sind Immobiliengeschäfte der Vorstände nichts Neues. Erst neulich war Löschers Vorgänger Klaus Kleinfeld im Gerede: Kleinfeld hat seine Luxus-Villa in Grünwald verkauft - dort ist der neue FC-Bayern-Trainer Jürgen Klinsmann eingezogen.

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