Feringasee:Liebe auf den zweiten Blick

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Sandstrand, Arschgeweih und Steckerlfisch: Der Charme des Feringasees im Münchner Norden erschließt sich nicht jedem gleich.

Arno Makowsky

Mit dem Feringasee verhält es sich ähnlich wie mit jeder wahren Liebe: Sie offenbart sich erst auf den zweiten Blick. Manchmal auch erst nach Jahren, in denen die Leidenschaft heranreift und schließlich zum Ausbruch drängt.

Buddeln und plantschen: Für Familien ist der Feringasee ideal. (Foto: Foto: Namberger)

Der Feringasee, man muss das so sagen, ist nämlich nicht unbedingt eine Schönheit. Sondern ein geradezu klassischer Baggersee, naturgemäß mit angeschlossener Autobahn, die bei ungünstigem Wind zu Liegewiesen und Biergarten herüberlärmt. Außerdem liegt er im Nordosten der Stadt, wo Heizkraftwerke, Mülldeponien und Fußballstadien die architektonischen Highlights markieren, mithin also in einer mittelattraktiven Gegend.

Aber, ehrlich: Das macht nichts. Der Feringasee ist keine vordergründige Idylle mit Alpenpanorama wie die Gewässer im schnöseligen Fünf-Seen-Land - und doch ein romantischer, ja magischer Ort. Er ist umgeben von Feldern und Wiesen, auf denen im Frühling der Klatschmohn blüht und im Spätsommer der Mais in die Höhe schießt; wer mit dem Fahrrad von der Isar zum See rüberradelt, hat das Heizkraftwerk Unterföhring im Blick, und das ist gar nicht so schlecht. Es funktioniert als grandioser Kitschbrecher.

Es gibt Leute, die halten diesen See für ein bisschen "prollig". Richtig daran ist, dass viele Besucher keine falsche Scheu davor haben, ihre Glitzer-T-Shirts, Arschgeweihe und tiefergelegten Armyhosen einer breiteren Öffentlichkeit zu präsentieren. Diese Menschen laufen gerne in Cliquenform auf und haben meistens Bierkästen und monströses Grillmobiliar dabei. Was gegen Abend dazu führt, dass Rauchschwaden sanft übers Wasser ziehen und sich ins Gezirpe der Grillen der eine oder andere herzhafte Rülpser mischt.

Nun ist dies aber nur eine Facette im Artenreichtum des Feringasees. Ebenso stark vertreten ist beispielsweise die Familienfraktion. Schließlich verfügt dieses Gewässer über einen astreinen, künstlich aufgeschütteten Sandstrand. Legionen von Kleinkindern, bewaffnet mit Baggern, Müllautos aus Plastik und Schwimmenten sowie unzählige Mütter robben nonstop am Ufer entlang, stets darauf bedacht, sich entweder heillos zu verdrecken oder ins Wasser zu stürzen (Kinder), beziehungsweise genau dieses zu verhindern (Mütter). So ist an diesem Seeabschnitt ein Treiben im Gang, das als Metapher für das chaotische, aber irgendwie doch liebenswerte Dasein als Familiengebilde gelten kann.

Nacktbader-Paradies

Gewisse Berühmtheit erlangte der Feringasee übrigens als Paradies für Nacktbader. Diese Spezies versammelt sich auf der sogenannten Insel, die in Wahrheit bestenfalls eine Halb-, eigentlich aber gar keine Insel ist. Dies deutet auf eine gewisse Wahrnehmungstrübung der FKK-Freunde hin, die sich auch in der Art äußert, wie sie ihre primären und sekundären Geschlechtsmerkmale zur Schau stellen. Immerhin bleiben die Nackten (sowie die üblichen Spanner, die mit unbeteiligtem Blick durchs Gelände schlendern) weitgehend in ihrem Reservat; wer sich im Biergarten etwas zu trinken holt, tut dies glücklicherweise nicht im völlig unbekleideten Zustand.

Es muss an dieser Stelle unbedingt von Sepp die Rede sein. Sepp sieht so aus wie man als Sepp aussehen muss und betreibt einen Steckerlfischstand direkt neben der Wirtschaft am See. Nicht nur kleine Kinder beobachten atemlos, wie der Mann mit einem Flammenwerfer die Holzkohle in Schwung bringt und danach die Makrelen auflegt. Es dauert ungefähr 20 Minuten, bis sie fertig sind, doch es lohnt sich. Die Steckerlfische vom Feringasee sind die besten überhaupt, von den Steckerlfischen der Fischer Vroni auf der Wiesn mal abgesehen. Man verzehrt sie an den Holztischen direkt am See und trinkt dazu eine Maß Bier.

Es gibt Münchner, die fahren nach der Arbeit gerne mit dem Fahrrad hier raus und bringen die SZ vom nächsten Tag mit. Ein kurzes Bad, danach ein Steckerlfisch, ein Blick in den Lokalteil oder ins Panorama - und dabei geht die Sonne hinter der Autobahn unter. Im Hintergrund sieht man das Fröttmaninger Windrad.

Das sind die Momente, in denen man sich in den Feringasee verlieben kann.

© SZ vom 25.8.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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Michael Namberger

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