Ferienjobs:Schicht statt Freibad

Karrieren für einen Sommer: Ferienjobs sind oft der erste Kontakt mit der Arbeitswelt. Sieben SZ-Redakteure und ihre Erfahrungen mit Ferienjobs.

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Karrieren für einen Sommer: Ferienjobs sind oft der erste Kontakt mit der Arbeitswelt. Sieben SZ-Redakteure und ihre Erfahrungen mit Ferienjobs.Im Film kriegen sie sich immer, das Zimmermädchen und der beste Gast. Der schöne, reiche, der sich die Lederkoffer vom Portier in die Suite tragen lässt. Im wahren Leben hat diese Hotel keinen Portier, von betuchter Klientel ganz zu schweigen. Ein Gasthof mit Fremdenzimmern am Ammersee, der erbsfarbene Bodenbelag ist abgewetzt: Man saugt sich mit einem dröhnenden "Vorwerk"-Monster durch die Tristesse überheizter Komfortzimmer, bestückt karamellbraune Waschbecken mit Seife, macht Liegeproben in den Daunengebirgen. Wenn schon kein Prinz oder Millionär des Weges kommt (wir wären gerüstet, mintgrüne Karottenhose, es sind die Achtziger). Am dritten Tag blättern wir aus Enttäuschung in den Unterlagen eines Allgäuer Limonadenvertreters. Sie sind sterbenslangweilig, auch sein Kleiderschrank gibt nichts Skandalöses her. Draußen steckt uns ein Rentnerpaar 50 Pfennig Trinkgeld zu. Wir überlegen kurz, ob jetzt ein Knicks fällig ist.(SZ vom 17.07.2009/Anne Goebel)Foto: dpa

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Als 15-jähriger Schüler hat man ähnlich große Jobchancen wie ein Essener Kohlekumpel. Doch dann schleppte ein Klassenkamerad einen Zeitungsschnipsel an, der 14 Mark Stundenlohn versprach: Ferien im Klinikum Großhadern, als Putzmann. Zuerst schien alles bestens, schon für die nachmittägliche Schulung am Wischmopp und die Erklärung des Vier-Lappen-Systems gab es Geld. Dann kam die Realität. Als Novize stand man im Hilfsdienst einer Reinigungsfrau, und die wortkarge Italienerin Nicoletta nutzte die Gelegenheit, die unangenehmen Aufgaben im Sanitärbereich an den Neuling zu delegieren. Die Mischung aus Krankenhaustoiletten, Dienstbeginn vor Sonnenaufgang und einer latenten Abneigung gegen Kliniken erwies sich als unglücklich, und als dann am zweiten Tag beim Wischen eines Nachtkästchens auch noch ein Schlauch aus der dahindämmernden alten Dame rutschte, war es endgültig genug. Der erste Ausflug in die Arbeitswelt dauerte nur 48 Stunden.(SZ vom 17.07.2009/Martin Hammer)Foto: ddp

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Es war ein heißer Sommer, damals im Tiefkühl-Lager. Gefrorenes Essen existiert ja nicht nur in der heimischen Gefriertruhe. Irgendwo müssen Hähnchenschenkel, Broccoli und Nasi Goreng auch in größerem Stil gelagert worden sein. Damit die Ware dann wieder weiter kommt, braucht es hartgesottene Menschen, die bei minus 30 Grad gefrorene Speisen aus Hochregalen holen und für die nächste Bestellung verpacken. Manchmal bekommen sie dabei Unterstützung von jugendlichen Ferienjobbern, mit deren Hilfe das Zusammenstellen ein wenig schneller geht, vielleicht. Gearbeitet werden darf nie länger als 45 Minuten am Stück, Gesundheitsschutz. Beim Rausgehen aus dem Kältelager nimmt man sich dann immer noch ein Eis mit. Es ist ja Sommer.(SZ vom 17.07.2009/Michael Tibudd)Foto: ap

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Das Schlimmste ist die Müdigkeit. Der Wecker klingelt erbarmungslos morgens um 4 Uhr, es gibt nur diesen einen Bus zum BMW-Werk nach Dingolfing. Und der hält um halb fünf an der Dorfkirche. Zu spät kommen ist schlecht, sonst müsste einen die Mutter die 35 Kilometer fahren. Wer in der niederbayerischen Provinz aufwächst, darf nicht wählerisch sein, was Ferienjobs betrifft. Die erste Begegnung in der Fertigungshalle ist eine der dritten Art: Das Arbeitsgerät sieht aus wie der kleine Roboter R2-D2 aus Krieg der Sterne, nur dass ein langer Schlauch aus seinen Eingeweiden ragt. Der Begeisterung ist schnell vorbei, als es darum geht, den Saugschlauch in der einen Hand, den 21-er Gabelschlüssel in der anderen, auf dem Rücken liegend unter einen wirklichen Roboter zu kriechen und die Ölablassschraube zu lockern. Wehe, man schaltete den Industriesauger zu spät ein - der erste Schwall verbrauchten Getriebeöls landete im besten Fall auf dem Boden. Also lieber das Ding schon vorher am Laufen halten und, huch!, schon ist die Schraube mit einem ordinären Blubbern im Bauch des Saugmonsters verschwunden. Das heißt: Deckel abschrauben, Pulli hochkrempeln - und eintauchen ins Vergnügen. Anfängerfehler, nach ein paar Tagen hat man seine eigene Technik entwickelt. Auch die des Minutenschlafs. Denn wenn der Sauger voll ist, muss das alte Öl in einen Container. Das dauert circa dreieinhalb Minuten. Das Wecksignal ist ein tiefes, grunzendes Schlürfen.(SZ vom 17.07.2009/Michael Ruhland)Foto: ddp

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Die anderen tranken Bier und waren überhaupt richtige Männer. Im Gegensatz zu uns, den Aushilfen: Ein paar Schüler, keine 15 Jahre alt, mit Milchbärten und dünnen Oberarmen standen wir anfangs in der Halle herum und kamen aus dem Staunen nicht heraus, wie viele Zeitungen eine Druckmaschine in der Minute ausspuckt. Die Teile der Zeitung, die schon am Nachmittag vorgedruckt wurden - Anzeigen und Sonderbeilagen - mussten auf Paletten zwischengestapelt werden. Dort lagen sie dann, bis sie nachts per Sortiermaschine in den aktuellen Zeitungsteil eingeschoben wurden. Unser Job: Die Vordrucke, jeweils 40 Zentimeter hohe Stapel, auf die Paletten schichten. Und zwar so, dass nichts umfiel. Also hoben wir, Stunde um Stunde, jede brachte uns zwölf Mark ein. Am Ende waren wir nicht reich, aber die Oberarme etwas kräftiger.(SZ vom 17.07.2009/Christian Rost)Foto: dpa

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Der Tank ist voll, der Kumpel sitzt am Steuer, es geht hinaus aufs platte Land. Hier ein Dorf, dort ein Weiler, wo immer auch nur eine windige Hütte steht, wird die Lautsprecheranlage am Dach des VW-Busses in Betrieb genommen: "Kommen Sie zur Parteiveranstaltung mit Dingsbums Ganzganzwichtig, in der Stadthalle um 20Uhr." Wahlkampf nennt man das wohl, wobei der Jüngling am Mikrofon mit Parteien gar nichts am Hut hat, vielmehr nur um des schnöden Mammons willen (100Mark) die Landbevölkerung mit Parolen und Veranstaltungshinweisen zum drohenden Urnengang beschallt. Natürlich wäre der Posten am Lenkrad der attraktivere gewesen. Ging aber leider nicht, ohne Führerschein.(SZ vom 17.07.2009/ Dominik Hutter)Foto: ap

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Es war wohl der schönste und südlichste Ferienjob, den man in Deutschland bekommen konnte. Einweiser für die Bodensee-Fähre, Standort: Konstanz-Staad. Wir Schüler und Studenten trugen eine blaue Uniform, ein enganliegendes Hemd, das den älteren Festangestellten immer aus der Hose rutschte. Unsere Aufgabe war es, den Verkehr vor den einlaufenden Schiffen zu regeln, indem wir die Autofahrer in die richtige Spur lenkten und gelegentlich ein Halteschild umstellten, wenn die Reihe voll war. Es war die leichteste Arbeit der Welt bei einem Stundenlohn von 12 Mark 50. Die Sonne schien immer in diesem Sommer 1988, manchmal kamen Mädchen vorbei und fragten nach dem Weg in die Altstadt, dann zeigten wir auf den Bus und rückten die Sonnenbrille zurecht. Nur einmal hatte ein besonders cooler Einweiser das Nachsehen, als er einen übergroßen Reisebus unvorsichtigerweise auf die "Fritz Arnold" fahren ließ, die älteste noch fahrbereite Fähre. Es machte Bums, das Fahrzeug blieb stecken, der Kapitän kriegte einen dicken Hals und brüllte fünf Minuten: "Ihr Studierten seid doch alle Idioten!" Oh ja, das waren wir. Und glücklich waren wir auch.(SZ vom 17.07.2009/Christian Mayer)Foto: dpa

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