Fehlende Unterstützung:Sorge um Familienpfleger

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Sozialreferentin Brigitte Meier fordert höhere Zuschüsse für die Kräfte, die Eltern in Not helfen

Von Sven Loerzer

Oft sind es schwere Krankheiten, die dazu führen, dass derjenige Elternteil, der sich überwiegend um die Kinder kümmert, für Wochen oder gar Monate ausfällt, etwa bei einer Krebserkrankung. Damit Kinder bis zum Alter von 14 Jahren auch in diesen schweren Zeiten gut betreut in der gewohnten Umgebung bleiben können, gibt es die ambulante Familienpflege, die unter bestimmten Voraussetzungen auch von den Krankenkassen finanziert wird. Doch das für Familien mit Kindern in Notsituationen so wichtige Hilfsangebot ist selbst in seiner Existenz bedroht, warnt Sozialreferentin Brigitte Meier.

"Die langjährige massive Unterfinanzierung dieser Leistung durch die Krankenkassen und der ständig steigende Kostendruck" machen der Familienpflege selbst schwer zu schaffen, sagt die Sozialreferentin. Um das wichtige Angebot zu erhalten, will sie in der nächsten Sitzung des Kinder- und Jugendhilfeausschuss des Stadtrats am 5. Mai beantragen, den städtischen Zuschuss zu erhöhen.

Wenn derjenige Elternteil, der überwiegend den Haushalt führt, ins Krankenhaus, zur Rehabilitation oder zur Kur muss oder krankheitsbedingt weder Kinder noch Haushalt versorgen kann, kommen ausgebildete Familienpfleger auf ärztliche Anordnung und nach der Genehmigung durch die Krankenkasse in die jeweilige Familie. Die Familienpflegerinnen unterstützen Frauen bei Risikoschwangerschaften und auch nach schwierigen Entbindungen, häufig zum Beispiel nach Zwillingsgeburten. Sie schaffen Entlastung bei körperlicher und seelischer Überforderung, aber auch in schwierigen Situation, wie sie bei Alleinerziehenden entstehen, die erkranken, oder bei der Pflege von Angehörigen. "Mit dem von den Krankenkassen finanzierten Pflegesatz von 22,22 Euro pro Stunde können die Familienpflegeträger nicht kostendeckend arbeiten", betont Meier.

Die Stadt hat deshalb seit knapp 25 Jahren als freiwillige Leistung einen Defizitausgleich in Höhe von 7,67 Euro pro Pflegestunde an die Träger der Familienpflege bezahlt. Doch auch das konnte nicht verhindern, dass in den vergangenen drei Jahren zwei Träger aus Kostengründen ihren Dienst einstellten. Ein weiterer Träger habe bereits angekündigt, dass er plane, seine Leistungen ebenfalls langfristig einzustellen. Im Schnitt koste die Träger eine Einsatzstunde 37 Euro, wovon die Krankenkassen maximal 22,22 Euro übernähmen. Obwohl das Personal fachlich qualifiziert sei, habe sich bei den Krankenkassen die Praxis entwickelt, nur den Satz für eine Haushaltshilfe in Höhe von 14,61 Euro zu bezahlen, berichtet Meier.

Dabei deckt das derzeitige Angebot längst nicht die Nachfrage. Im Schnitt der vergangenen sechs Jahre hatten 587 Familien Bedarf für den Einsatz einer Familienpflegerin bekundet, doch tatsächlich bekommen hätten nur 322 Familien die Leistung, weil es an ausreichend Personal mangele. Die Zahl der geleisteten Einsatzstunden lag bei 158 pro Familie. Mit städtischer Unterstützung wollen die Träger nun erreichen, dass 350 Familien pro Jahr versorgt werden können. Mehr lasse sich derzeit nicht machen, erklärt die Sozialreferentin, zumal es sich obendrein schwierig gestalte, Personal zu gewinnen.

Um zu verhindern, dass sich die Träger wegen des hohen Eigenmitteleinsatzes aus der Familienpflege zurückziehen, soll die Stadt ihren Zuschuss um 106 000 auf 406 000 Euro erhöhen. Das rechne sich durchaus, ist Brigitte Meier überzeugt: Denn wenn es kein Familienpflegeangebot gibt, müssten die Kinder im Rahmen der Jugendhilfe kurzzeitig in Kinderheimen untergebracht werden. Das aber ist erheblich teurer.

© SZ vom 04.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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