FC Ismaning:Matt in sechs Spielzügen

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Mal freundlich, mal nicht: Bastian Fischer, der hier Christopher Korkor auf die Beine hilft, schoss die ersten beiden Ismaninger Tore. (Foto: Claus Schunk)

Der bisherige Vorletzte gewinnt 6:2 gegen den Letzten Holzkirchen, der immerhin ein "Tor des Monats" kopiert.

Von Gerhard Fischer, Ismaning

"Das gibt es nicht - das waren ja gesunde 30 Meter, Donnerwetter!" Der Reporter Dieter Kürten war für seine Verhältnisse aus dem Häuschen, als er über ein Tor sprach, das Nürnbergs Hintermaier 1982 im Pokal-Finale gegen den FC Bayern gelang: Reinhold Hintermaier drosch den Ball mit links in den Winkel. Bayern-Tormann Manfred Müller, im 7 335 Mal aufgerufenen Youtube-Video mit Schnurrbart und Siebziger-Jahre-Haarschnitt (helmartig) erkennbar, flog und flog - vergebens. Hintermaiers Hammer wurde 1982 das "Tor des Monats" Mai.

Beim Bayernliga-Spiel zwischen dem FC Ismaning und dem TuS Holzkirchen sahen einige ältere Herrschaften zu, etwa der 77-jährige ehemalige Pipinsrieder Patron Konrad Höß, und sie mögen sich an Hintermaier erinnert haben, als Holzkirchens Andrej Skoro aus gesunden 30 Metern ansatzlos abzog - und Tormann Sebastian Fritz vergebens flog, weil die Kugel schnurgerade den Weg in den Winkel fand (74.). Man sollte diesen Hammer vorschlagen für das "Tor des Monats" im September 2018.

Skoro hatte fast aus dem Stand geschossen. Das sah einerseits lässig aus, andererseits war diese Gangart symptomatisch für die Gäste. Sie verloren völlig verdient 2:6 beim FC Ismaning, der viel lebendiger war, viel zielstrebiger, viel giftiger. Und der sich ein wenig vom Tabellenende lösen konnte.

Ismaning hatte vor drei Wochen Trainer Rainer Elfinger entlassen - bei den Machern des Stadionhefts ist diese Nachricht aber noch nicht angekommen: Wo der Name des Neuen, Mijo Stijepic, hätte stehen müssen, stand immer noch Elfinger. Stijepic stand dafür am Spielfeldrand, als die Partie zwischen dem Vorletzten und dem Letzten der Süd-Staffel angepfiffen wurde, und er sah einen frühen Treffer seiner Mannschaft. Es waren zwei Minuten gespielt, als zwei Ismaninger im Gäste-Strafraum fast gleichzeitig umfielen, als würde ein Spätsommersturm sie niederdrücken. Erst stürzte Robin Volland, was Schiedsrichter Julian Kreye noch nicht juckte; doch dann sank auch Angelo Hauk zu Boden, und diesmal pfiff der Unparteiische. Bastian Fischer verwandelte den Elfer souverän: flach außen ins linke Eck.

Zuschauer, die zu spät kamen, hatten die Führung versäumt. Überrascht waren sie davon aber nicht. "Heute müssen sie gewinnen", sagte eine Frau, als sie sich auf den Stufen am Spielfeldrand niederließ, "die anderen sind ja Letzter." So einfach kann Fußball sein.

Es kam den Ismaningern zupass, dass die Gäste auch auftraten wie ein Letzter: insgesamt blutleer und überfordert vom Tempo, als gehörten sie nicht hierher, in die spielerisch und athletisch durchaus anspruchsvolle Bayernliga - ganz so, als hätte sich ein Mathe-Mittelschüler in ein Stochastik-Seminar an der Uni verirrt. Marco Höferth, ihr Lenker, streute seine Pässe und Standards unpräzise, einmal flog sein 30-Meter-Freistoß acht Meter neben das Tor (21.). Ein paar Minuten später verfehlte Gilbert Diep das Tor ebenfalls um acht Meter - er traf die gleiche Stelle an der Werbebande wie Teamkollege Höferth.

Ismaning zielte besser. Als TuS-Tormann Benedikt Zeisel einen Volland-Flachschuss bloß aufhalten, aber nicht festhalten konnte, staubte Bastian Fischer ab (34.). Das kommentierte FCI-Keeper Fritz von hinten so: "Kommt, Jungs, nicht nachlassen, weiter konzentriert spielen." Sechs Minuten später hielt der Torwart selbst Wort: Mit einem famosen Reflex entschärfte er einen wuchtigen Schrägschuss von Semir Ljumani. Im Gegenzug stellte Hauk auf 3:0 - er schoss einen Freistoß umstandslos durch die Mauer, die keine Mauer war, eher ein Gebüsch, das sich biegt, wenn ein Luftstoß (oder Freistoß) kommt.

Als beide Teams nach der Pause - und vor dem Anpfiff der zweiten Hälfte - wieder auf dem Platz waren, standen die Gäste mit ihren weißen Trikots herum wie Schachfiguren, stumm und regungslos. Ismanings Spieler feuerten sich an, klatschten in die Hände. Körpersprache entscheidet Spiele. Ismaning gelang wieder ein früher Treffer, das 4:0 in der 48. Minute, nachdem Maximilian Siebald einen feinen Flachpass zur Mitte gespielt hatte, den Hauk aus elf Metern ins Tor beförderte.

Die Entscheidung?

Ismaning ist nach dem fragilen Verlauf der Saison nicht souverän und selbstbewusst, schon gar nicht in der Abwehr. Diep gelang mit einem Knaller aus kurzer Entfernung das 4:1 (51.), Skoro mit seinem Hammer aus großer Distanz das 4:2 (74.). "Da bin ich ein bisschen nervös geworden", gestand FCI-Trainer Stijepic. "In dieser Phase haben meine Spieler zu viel zugeschaut und zu oft den Ball verloren - ich sage immer: in den Brunnen geschmissen, weil er dann weg ist." Aber generell, sagte er, wolle er den Jungs ein Kompliment machen. "Und Gott sei Dank fiel ja bald das 5:2." Dominik Hoffmann lenkte eine Freistoßflanke von Siebald ins Tor (81.).

Fast so schön wie Skoros Traumtor war das 6:2: Tobias Killer bekam im Strafraum den Ball, Keeper Zeisel stellte sich in den Weg, der Ismaninger wich nach links aus, der Tormann folgte - und Killer überlupfte ihn mit einem fein gezirkelten Schuss. Auch dieser landete im Winkel.

© SZ vom 17.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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