Expertenlob:Ein Betongebirge wird wiederbelebt

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Belebte Shopping-Zone: So ist der neue Eingangsbereich an der Schießstättstraße (rechts) geplant. (Foto: Simulation: RKW Rhode Kellermann Wawrowsky Architektur und Städtebau)

Statt dunkler Gänge und unheimlicher Passagen soll das "Forum Schwanthalerhöhe" künftig ein attraktives Zentrum bieten

Von Alfred Dürr

Manche nennen das Quartier mit den Geschäften und Wohngebäuden oberhalb der Theresienwiese - und damit weithin sichtbar - verächtlich nur Betongebirge. Andere sehen in dem massigen Gebäuderiegel ein urbanes Zeitzeugnis mit dem besonderen Charme der Siebzigerjahre. Der von Ernst Maria Lang entworfene Komplex entlang der Schwanthalerstraße galt zu seiner Entstehungszeit als Vorbild für ein modernes Stadtteilzentrum mit zwei Wohntürmen, Hotel und großem Warenhaus. Im Viertel selbst räumt man ein, dass das Gebäude dem damaligen Zeitgeschmack entsprochen habe, es sei aber ein Fremdkörper geblieben und stelle aus heutiger Sicht die schlimmste Bausünde in diesem Stadtbezirk dar.

Nun soll dieses Beton-Ensemble, in dem sich zuletzt das Möbelhaus XXXLutz befand, aufgefrischt werden. Eine wichtige Hürde auf dem Weg dorthin ist genommen: Die Mitglieder der Stadtgestaltungskommission haben die Pläne für die umfassende Verschönerung der Immobilie einhellig gelobt.

Die Pläne für das Riesenprojekt mit Läden, Gastronomie, neuen Fassaden und Höfen liegen auf dem Präsentierteller und werden nicht nur von der Nachbarschaft, sondern auch von Architekturexperten unter die Lupe genommen. Vor allem Stadtheimatpfleger Gert Goergens ist angetan vom Konzept, das nach Entwürfen der Architektenbüros Allmann, Sattler, Wappner (München) und Rhode, Kellermann, Wawrowsky (Düsseldorf) realisiert werden soll: "Das Westend und das gesamte Stadtbild erleben eine Aufwertung." Wer sich heute durch die dunklen Gänge und geradezu unheimlichen Passagen bewege, habe ein mulmiges Gefühl. In den Erdgeschosszonen sei kein Leben spürbar. Dass sich dies endlich ändern werde, sei zu begrüßen. Vor allem auch die neuen Höfe stellten eine große Bereicherung für den Komplex dar. "Nicht durch Neues verfremden, sondern Vorhandenes freilegen", sei die Devise.

Bis in die Achtzigerjahre hinein wurde die Immobilie immer wieder baulich verändert, was sicher nicht zum Vorteil für das Erscheinungsbild war. Die ursprüngliche Struktur des Komplexes verlor mit all diesen Ergänzungen und Überformungen grundlegend ihren Charakter.

Zu den Besonderheiten der Anlage gehören die Eigentumsverhältnisse. Die Hamburger Projektentwicklungsgesellschaft HBB besitzt weite Bereiche des Areals einschließlich der leer stehenden Etagen des Möbelhauses. Im Eigentum der Bayerischen Hausbau sind der Gebäudetrakt entlang der Schwanthalerstraße und die Gaststätte im südöstlichen Bereich des Geländes. Mit im Boot sind schließlich auch die Besitzer der Eigentumswohnungen.

Bei der Revitalisierung des Komplexes stehe eine klare und einfache Architektursprache im Mittelpunkt, erläuterte Architekt Markus Allmann vor der Stadtgestaltungskommission. Die im Laufe der Zeit erfolgten Anbauten würden entfernt, man arbeite die Qualitäten des ursprünglichen Entwurfs heraus. Die vorhandene Materialvielfalt werde man reduzieren.

Eine große Rolle spielt auch die Gestaltung der Außenflächen, die von den Berliner Landschaftsarchitekten Topotek 1 geplant wird. Vorhanden sei ein Sammelsurium von unterschiedlichen Ebenen und Grünarealen. Dies wolle man ordnen und eine einheitliche Höhe schaffen.

Den Fachleuten der Stadtgestaltungskommission gefallen diese Ansätze. Gerade die Außenanlagen werden eine prägende Rolle haben, hieß es in der Debatte. Das Gesamtkonzept für die Revitalisierung verspreche, den Stadtraum wieder herzustellen. Bei der architektonischen Ausgestaltung der Geschäftszone sei aber eine gewisse "Shopping-Attitüde" zu vermeiden. Man will hier also kein ausdrucksloses Einkaufszentrum haben. Immerhin geht es um eine Verkaufsfläche von insgesamt 35 000 Quadratmetern. Vorgesehen ist eine Mischung aus wenigen Fachmärkten, kleineren Läden und Gastronomie.

Das künftige "Forum Schwanthalerhöhe" soll durch Architektur und Angebot ein attraktives Zentrum werden. Allerdings, so fordern Stadtplaner, dürften die anderen Geschäfte im Viertel dadurch nicht in Existenznot geraten.

© SZ vom 29.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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