Die Büros sind mit Bedacht ausgewählt: Zentral gelegen an der Mathildenstraße nahe des Sendlinger Tors - und trotzdem abgeschirmt in einem Hinterhof. Dort, in freundlich eingerichteten Zimmern mit Sitzecken und Schreibtischen, soll das stattfinden, was der frühere Grünen-Stadtrat Siegfried Benker als Komplettierung des Münchner Netzwerks gegen rechts bezeichnet: unabhängige Beratung für die Opfer von Diskriminierung und Gewalt. Before nennt sich der Verein, in dem sich zahlreiche Akteure von Münchner Anti-Diskriminierungs-Initiativen zusammengeschlossen haben. Den Vorsitz hat der frühere Oberbürgermeister Christian Ude übernommen.
Gegründet wurde der Verein bereits 2014 - die vergangenen Monate haben die Initiatoren genutzt, um Mitarbeiter und Räume zu finden, eine präzise Aufgabenbeschreibung auszuarbeiten und die notwendigen vereinsrechtlichen Formalitäten zu erledigen. In den Augen Udes ist Before notwendiger denn je. Es sei "beklemmend und bedrückend", wie seit der Gründung "in jedem Monat die Dringlichkeit zugenommen hat". Die Stimmen der Diskriminierung seien "lauter und dreister" geworden, "weil man sie für demokratisch legitimiert hält", sagte der Alt-OB mit Bezug auf die jüngsten Wahlergebnisse der rechtspopulistischen AfD. Auch Benker, der bei Before als Geschäftsführer fungiert, hat mit Schrecken beobachtet, dass sich "Biedermänner und Brandstifter verbünden". Diskriminierung sei inzwischen gesellschaftsfähig geworden. Die längst in Fahrt gekommene Ausgrenzungsdebatte werde irgendwann ihre Opfer fordern.
Neben den Opfern selbst, zu denen längst auch engagierte Anti-Rechts-Aktivisten gehören, bietet Before auch dem sozialen Umfeld der Betroffenen sowie Zeugen Unterstützung. Wer die Räume in der Ludwigsvorstadt aufsucht oder sich telefonisch meldet, wird aber nicht nur beraten. Die Before-Experten nehmen notfalls auch selbst Kontakt mit der Polizei oder Arbeitgebern auf und vermitteln an andere Stelle des kommunalen Netzwerks gegen Rechtsextremismus und Rassismus weiter. Bei Bedarf kommen die Mitarbeiter bei den Betroffenen vorbei. Die Grenze zwischen Opfern körperlicher Gewalt und Opfern von Diskriminierung sei fließend, berichtet der Before-Mitarbeiter Daniel Solaja. Neben dem Unterstützungsangebot seien auch Workshops und andere Veranstaltungen geplant. Zudem werden rechte Übergriffe dokumentiert.
Before ist bewusst keine städtische Einrichtung. Niemand solle das Gefühl haben, "bei der Obrigkeit vorzusprechen", so Ude. Laut Benker will der Verein bei rassistischen Übergriffen Hintergründe und Personen genau benennen. Das funktioniere aber nur, wenn die Mitarbeiter unabhängig auch von der Stadtverwaltung seien. "Es wird immer mal wieder passieren, dass der Verein Institutionen auf die Füße treten muss". Die Stadt zahlt jedoch Zuschüsse.
Das neue Angebot passt damit in die bestehende Struktur des stadtweiten Netzwerks gegen rechts, das in der Regierungszeit Udes ganz bewusst als Mischung städtischer und unabhängiger Initiativen gewoben wurde. Dahinter steckt die Idee, durch die Einbeziehung auch nicht-offizieller Stellen einen breiteren Rückhalt in der Bevölkerung zu haben. Das Modell gilt als einer der Gründe, warum in München in relativ kurzer Zeit eine beeindruckende Zahl an Demonstranten gegen rechte Umtriebe mobilisiert werden kann.
Der Verein Before ist unter der Telefonnummer 089/46 2 2 4 67-0 oder der E-Mail-Adresse kontakt@before-muenchen.de erreichbar.