Exkursionen:Die Erforschung des Nachtlebens

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Wenn es dunkel wird, machen sich Annette von Scholley-Pfab und ihre Kollegen auf die Suche nach Faltern

Von Günther Knoll

Münchner Nachtleben - das muss nicht unbedingt ein angesagter Club, die Feierbanane, eine Absturzkneipe oder eine Grillparty an der Isar sein. Es gibt auch ganz andere Nachtschwärmer in der Stadt, und denen ist seit Jahren ein eigener Arbeitskreis des Landesbunds für Vogelschutz (LBV) auf der Spur. Die Mitglieder suchen bei Dunkelheit nach flatterhaften Lebewesen, die dem Laien schlicht als "Motten" bekannt sind. Für die Eingeweihten aber sind die nachtaktiven Falter "etwas ganz Besonderes und Wunderschönes", wie Annette von Scholley-Pfab sagt, die seit Jahren diese Gruppe leitet.

Bei ihren Exkursionen begegnen die Schmetterlingsexperten zum Beispiel dem Braunen Bären. (Foto: Christine Neum)

Die Schmetterlingsexperten haben es bei ihren nächtlichen Exkursionen mit Schwärmern und Eulen, ja sogar mit Alkohol zu tun. Erstere gehören zu den rund 600 Arten, die vorwiegend nächtens in und um München unterwegs sind. Weil aber nicht alle von ihnen auf Licht fliegen - die gängige Methode, um Nachtfalter und Kleinschmetterlinge anzulocken -, hilft Annette von Scholley-Pfab mit Rotwein nach. Den vermischt sie eins zu eins mit Zucker, und mit dieser Flüssigkeit bestreicht sie dann Bäume, denn viele Falter seien verrückt nach vergärtem Obst und fühlten sich durch das Rotweingemisch magisch angezogen. Die Falterfreunde können sie dann in aller Ruhe beobachten.

Das Rote Ordensband verbirgt seine leuchtenden Farben vor dem flüchtigen Blick. (Foto: Christine Neumann)

Etwa 900 Schmetterlingsarten insgesamt, also Tag- und Nachtfalter, hat der Arbeitskreis allein seit Anfang 2000 in München entdeckt und kartiert, darunter etwa den Holunderspanner, einer der größten Nachtfalterarten, den der Volksmund auch Nacht-Schwalbenschwanz nennt wegen der "Schwänzchen" an seinen Hinterflügeln. Ebenso exotisch wie ihre Namen sind auch die Flügelzeichnungen. Das Rote Ordensband, ein Falter, der gut getarnt tagsüber auf Bäumen ruht und seine leuchtend roten Hinterflügel nur zeigt, wenn sich ein Fressfeind nähert, oder der Braune Bär, der nur nachts unterwegs ist und nur im Flug oder in Warnstellung seine roten Hinterflügel mit blauen Punkten zeigt. Je dunkler und lauer die Nacht, desto ergiebiger das Beobachten, doch dafür braucht man Geduld. Manche Arten flögen erst nach Mitternacht, weiß die Expertin.

Einen zweiten Blick wert: das Nachtpfauenauge. (Foto: Annette von Scholley-Pfab)

Bevorzugte Beobachtungsgebiete seien die Flächen, die der LBV in München pflege, die Heidegebiete etwa, aber auch die Moosschwaige, der Rest eines großen Feuchtgebiets, sagt Annette von Scholley-Pfab. Jetzt im Sommer fänden die Schmetterlinge und ihre Raupen dort Nahrung und auch Pflanzen zur Eiablage. Doch der Besiedelungsdruck lasse auch solche Flächen und mit ihnen dann die Falter und Schmetterlinge verschwinden. Was trotzdem noch so alles durch das Münchner Stadtgebiet flattert, segelt, gaukelt und schwirrt, das ist in einer Broschüre des LBV mit dem Titel "Vielfaltriges München" festgehalten. Neben Artenporträts finden sich darin Informationen zu ihren Lebensräumen, aber auch zu ihrer Gefährdung. Außerdem gibt das Heft Empfehlungen zur Gestaltung eins schmetterlingsfreundlichen Gartens. Die Broschüre gibt es im LBV-Naturschutzzentrum, Klenzestraße 37.

© SZ vom 14.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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