Essen in der Raucherkneipe:Heute bleibt die Küche kalt

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Wirte von Raucherkneipen dürfen in Zukunft nur "einfach zubereitete Speisen" servieren - was das sein soll, weiß jedoch niemand. Wir haben uns unter Münchner Wirten umgehört.

"Für den einen ist ein Schweinsbraten ein Kinderspiel, der andere scheitert schon an Würsteln." So beantwortet Ralf Scheller, Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands (BHG) die Frage, was denn eine "einfach zubereitete Speise" ist. Diese Frage wird noch öfters auf ihn zukommen, wenn - wie zu erwarten - Anfang August dieses Jahres die Lockerung des Rauchergesetzes in Kraft tritt.

Andreas Gaßner serviert in seinem Metzgerei-Stüberl vor allem Würste, die vermutlich als "simple" Mahlzeit durchgehen würden - egal wie sie hergestellt werden. Eine Einteilung der Speisen nach Aufwand der Zubereitung findet er unsinnig. (Foto: Foto: Haas)

Dann nämlich können Wirte in sogenannten Einraumkneipen mit maximal 75 Quadratmetern Größe entscheiden, ob in ihrem Lokal geraucht werden darf oder nicht. Die Folge: Wenn sie die Raucher nicht vor die Tür schicken wollen, dürfen sie nur die "einfach zubereiteten Speisen", wie es im Gesetzentwurf heißt, anbieten. Doch was ist das? "Wir werden keine Liste herausgeben", erklärt Schell. Dagegen stehe allein schon die regionale Vielfalt der bayerischen Küche.

Im Kreisverwaltungsreferat (KVR) der Stadt München sieht man dem Gesetzentwurf ebenfalls skeptisch. Rund 2000 Lokale in der Stadt wären betroffen - und das KVR müsste jedes einzelne prüfen. "Wir wollen aber keine Speisekartenpolizei sein", so Klaus Kirchmann, Pressesprecher des KVR. Eine klare Definition, was nach dem Gesetzesentwurf überhaupt noch serviert werden dürfte, hält man auch in seinem Referat für sehr schwierig. Die SZ hat bei einer Umfrage unter Münchner Wirten zu klären versucht, was diese unter einfachen Speisen verstehen.

Manfred Sterr, Schreinerstüberl:

Ins Schreinerstüberl an der Kirchenstraße kommen die Gäste auf eine gemütliche Zigarette und ein frisches Bier. Großen Hunger bringen die wenigsten mit. "Wir servieren lediglich etwa zehn Essen am Tag", erklärt Geschäftsführer Manfred Sterr. Deshalb führt die Bierkneipe in Haidhausen explizit nur "Brotzeit und einfache warme Speisen" auf der Karte. Das bedeutet Leberkäs mit Ei, Würstchen mit Kartoffelsalat oder bayerischen Schweinsbraten mit Knödeln. Ändern müsste der Gastronom also nichts. Trotzdem ist er über den Vorschlag nicht erfreut: "Das ist übertrieben. Da wird über unsere Köpfe entschieden, wo wir rauchen und was wir kochen dürfen."

Charles Schumann, Schumann's Tagesbar:

Gegen eine Zigarette nach der Mahlzeit hat er überhaupt nichts einzuwenden. "Ich bin ein militanter Freund des Rauchens", sagt Inhaber Charles Schumann - aber nicht während des Essens. In der Schumann's Tagesbar in der Innenstadt denke zur Mittagszeit niemand ans Qualmen, wenn Fleischpflanzerl, kleine Pastagerichte oder eine Kartoffel-Lauch-Suppe kredenzt werden. Die neue Regelung hat für ihn weder Hand noch Fuß, denn wo soll die Grenze zwischen einfachen und komplexen Gerichten verlaufen? "Für den einen ist ein Salamibrötchen ein Kleingericht, für den anderen ein Schnitzel. Es gibt nur zwei Lösungen: Rauchen erlauben. Oder eben nicht erlauben", lautet Schumanns Fazit.

Rosemarie Schaffarczyk, Fischer-Stüberl:

Sollte der Gesetzentwurf umgesetzt werden, weiß Rosemarie Schaffarczyk bereits, was ihrem Lokal blüht: "Dann schließen wir." Das Fischer-Stüberl ist bekannt für Fischgerichte, frische Muscheln und seine warme Küche bis 7 Uhr morgens. Das kleine Restaurant liegt mit etwa 75 Quadratmetern genau an der Obergrenze der geplanten Regelung, die Wirte müssten sich also entscheiden. Einfache Gerichte wie Currywurst oder Pommes möchte man den Gästen aber nicht auftischen. "Nur Lari-Fari-Dinger gibt es bei uns nicht." Ab 23 Uhr ist im Lokal in der Lindwurmstraße das Rauchen erlaubt und das Hauptgeschäft beginnt. Gäste mit Hunger und Lust auf eine Zigarette sind die Zielgruppe des Familienbetriebs. "Wenn wir das nicht mehr nutzen können, sieht es schlecht für uns aus."

Lesen Sie auf Seite 2, was andere Wirte dazu sagen.

Mary Nimmrichter, Baader Café:

In der Theke des Cafés in der Isarvorstadt können die Kunden zwischen Schokoladen-, Käse- und Nusskuchen wählen - "einfache" Kuchen, sagt Besitzerin Mary Nimmrichter. Ansonsten führt sie Gerichte auf der Karte, die sie ebenfalls als kompatibel mit den Plänen der bayerischen Regierung empfindet: Suppen und Salate.

Fehime Gök, Bergwolf:

Im Bergwolf im Glockenbachviertel gibt es außer der beliebten Currywurst auch Wiener, Bockwürste oder Käsekrainer. "Das sind natürlich sowieso alles einfache Gerichte", sagt die Betriebsleiterin Fehime Gök. Eine prinzipielle Einteilung der Speisen stellt sie sich jedoch schwierig vor. "Ein einfaches Gericht, das könnte ja auch bedeuten, dass man nur eine kleine Speisekarte mit wenigen Angeboten hat: Zwei Pastagerichte und zwei Salate beispielsweise. Diese Regelung ist für den Gastronomiebereich zu schwammig. So sollte das neue Gesetz nicht lauten."

Caterina Domenicano, Weinhäusl:

Ketchup und Mikrowelle - das wären für die Wirtin Caterina Domenicano die Bestandteile einer einfachen Tomatensoße. Echte italienische Spaghetti Napoli hingegen brauchen Zeit und frische Zutaten, erklärt sie. Für sie gibt es keine "einfachen" Gerichte in ihrem italienischen Restaurant am Wiener Platz in Haidhausen. Selbst bei der gemischten Vorspeisenplatte wird der Grill genutzt - alles andere als simpel, findet die Chefin. Auf einfache Küche will sie sich nicht einlassen und aus ihren 30 Quadratmetern unter keinen Umständen ein Raucherlokal machen.

Andreas Gaßner, Gaßner-Stüberl:

Die Metzgerei Gaßner im Schlachthof-Viertel bietet in ihrer kleinen Gaststätte vor allem Deftiges wie Weißwürste und Leberkäs an. "Wenn ich das Rauchen bei uns wieder erlauben würde", sagt Inhaber Andreas Gaßner, "dann würde es kompliziert werden". Für ihn ist alles ein Snack, was man mal eben schnell in den Backofen schiebt, ein Baguette oder eine Pizza etwa. "Doch sobald man anfängt zu kochen und offene Waren bereithält, dann ist das mehr als ein Snack." Ein aufgewärmtes Würstchen wäre also in Ordnung, ein Schweinsbraten nicht mehr.

Lothar Hartelt, Charivari:

Auch diese Kneipe hätte mit dem umstrittenen Gesetz zur Lockerung des Rauchverbots zu kämpfen. Die Geschäftsführer des Schwabinger Lokals sind empört. Das geplante Gesetz "ist keine Auflockerung, sondern eine Verschärfung". Der Unterschied zwischen einfachem und normalem Essen liege im Aufwand für die Zubereitung. Im Prinzip sei es aber einfach Ansichtssache, was ein einfaches Essen ist und was nicht.

© SZ vom 24.02.2009/Protokolle: fran, np, of/wib - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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