Erziehermangel in München:Horte müssen früher schließen

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Freitags ab 14 Uhr geschlossen: Die Stadt München kann die regulären Öffnungszeiten in vielen Kitas nicht mehr einhalten - aus Mangel an Personal. Besserung ist nicht in Sicht.

Von Melanie Staudinger

Manche Eltern haben einen zerknitterten Zettel im Schulranzen ihrer Kinder gefunden, andere die Nachricht in ihrem E-Mail-Postfach entdeckt: Zehn Tage, so stand dort geschrieben, hätten sie Zeit, um für Freitagnachmittag eine neue Betreuung für ihre Söhne und Töchter zu organisieren. Der Hort in der Heßstraße schließt freitags nun bereits um 14 Uhr, drei Stunden eher als üblich. Der Grund: Personalmangel. Drei von sieben Stellen sind unbesetzt.

Bisher hatte das Bildungsreferat stets davon gesprochen, dass in städtischen Einrichtungen zumindest alle Planstellen vergeben seien, nur Springer würden gesucht. Jetzt aber muss die Behörde erstmals einräumen, dass die Stadt nicht genügend Erziehungskräfte findet, um überall einen regulären Betrieb anbieten zu können.

Der Hort in der Heßstraße ist kein Einzelfall. Von 413 städtischen Einrichtungen müssen derzeit 60 die Öffnungszeiten reduzieren, wie eine Sprecherin des Bildungsreferats erklärt. "Das ist kein Idealzustand", sagt sie. Lösen lasse sich das Problem aber auch nicht einfach so. 170 Erzieher könnte die Stadt sofort für ihre Krippen, Kindergärten, Horte, Häuser für Kinder und Tagesheime einstellen.

Der Erziehermarkt ist leergefegt

Wie viele genau in welchen Einrichtungen fehlen, konnte die Sprecherin nicht sagen. Das werde nicht einzeln aufgeschlüsselt, sei aber auch nebensächlich, da alle Erzieher über die gleiche Ausbildung verfügten. Doch sei der Markt leergefegt. Selbst große Werbeaktionen wie das vom Bildungsreferat organisierte Schnupperwochenende lockten nicht genügend Bewerber.

"Uns bleibt nichts anderes übrig, als mit den Stunden zu jonglieren", sagt die Sprecherin. Konkret bedeutet das, dass etwa in der Früh, wenn noch nicht alle Kinder im Kindergarten sind, mehrere Gruppen zusammengelegt werden. Oder eben, dass Hortkinder früher nach Hause gehen müssen - mit fatalen Folgen für die Eltern.

"Wir haben doch extra eine städtische Einrichtung gewählt, weil wir dachten, dass sie verlässlich ist", sagt Daniela Lagrasta, Elternbeiratsvorsitzende in der Heßstraße. Die allermeisten Eltern der 75 Hortkinder seien berufstätig. Manche müssten jetzt jeden Freitag einen halben Tag Urlaub nehmen, weil sie niemanden hätten, der auf die Kinder aufpassen könne. "Wir wissen ja nicht einmal, ob es bei dieser einen Verkürzung bleibt oder ob wir nicht plötzlich wieder ein Schreiben bekommen, dass wir unsere Kinder auch an anderen Tagen früher holen müssen", sagt Lagrasta.

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Vor kurzem demonstrierten Eltern und Kinder aus der Heßstraße. Die OB-Kandidaten Josef Schmid (CSU) und Dieter Reiter (SPD) waren eingeladen, sagten aber aus Termingründen ab. In schriftlichen Stellungnahmen zeigen sie Verständnis für die Situation. "Die rot-grüne Stadtratsmehrheit hat es einerseits versäumt, das Netz an Kinderbetreuungseinrichtungen bedarfsgerecht auszubauen und andererseits nicht rechtzeitig erkannt, dass die Personalgewinnung mit unterschiedlichen Maßnahmen verbessert werden muss", schreibt Schmid. Zu spät seien die Ausbildungskapazitäten aufgestockt worden, sodass es in den nächsten Jahren noch zu erheblichen Personalengpässen kommen werde.

Reiter wandte sich nach eigenen Angaben sofort an das Bildungsreferat. Dort werde an einer Lösung gearbeitet. "Leider ist es derzeit sehr schwer, ausreichend qualifiziertes Erziehungspersonal zu finden", schreibt er. Die Stadt arbeite mit Hochdruck an diesem Thema.

Für die Eltern in der Heßstraße sind Ankündigungen allerdings keine große Hilfe. "Man hätte einfach eher mit uns sprechen müssen", sagt Daniela Lagrasta. Vielleicht wäre es ja möglich gewesen, die Öffnungszeit jeden Tag um eine halbe Stunde zu kürzen und nicht am Freitag um gleich drei.

© SZ vom 24.03.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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