"Erster Ernstfall":Ein Flüchtlingszelt sinkt in sich zusammen

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Nachts in Neubiberg: Bei einer Evakuierung sackt das Dach einer Lufthalle ab, alle 237 Bewohner sind aber in Sicherheit

Am Montagabend ist die Traglufthalle für die Unterbringung von Flüchtlingen in Neubiberg im Landkreis München in sich zusammengefallen. Auslöser war Angaben des Münchner Landrats Christoph Göbel (CSU) zufolge ein technischer Defekt eines Filters der Heizanlage. Gegen 21.20 Uhr registrierten Sicherheitskräfte außerhalb der Halle Gasgeruch, daraufhin wurden alle 237 Bewohner in Sicherheit gebracht, ehe die Folienstruktur binnen weniger Minuten bis auf die Stützträger absackte. Verletzt wurde bei dem Vorfall niemand.

"Die Sicherheitskräfte haben vorbildlich gehandelt", sagte Landrat Göbel, der den folgenden Einsatz der Rettungskräfte in Neubiberg selbst koordiniert hatte. "Auch dass die Halle in sich zusammensinkt, ist in diesem Fall vollkommen normal", sagte Göbel. Denn im Falle einer Evakuierung müssten die Sicherheitskräfte alle Türen öffnen; dadurch werde die Luft nach außen gesogen und die Folienstruktur sinkt bis auf die Stützpfeiler herab. "Dieser Einsatz war ein erster Ernstfall und er hat die Eindrücke aller Übungen bestätigt", sagte Göbel. "Alle Maßnahmen greifen. Und ja, so etwas kann passieren." Der Landkreis werde sich bei dem eingeschlagenen Weg der Unterbringung von Flüchtlingen nicht beirren lassen: "Wir halten weiter an den Traglufthallen fest."

Derzeit betreibt der Kreis vier Traglufthallen mit einer Kapazität von jeweils bis zu 300 Schutzsuchenden in Neubiberg, Unter- und Oberhaching sowie in Taufkirchen. Die Traglufthalle in Grünwald ist ebenfalls fertig und steht nun den Flüchtlingen aus Neubiberg bis zum Wochenende als Notunterkunft zur Verfügung; bis dann, plant das Landratsamt, seien dort alle Schäden behoben und die Halle wieder bezugsbereit. Weitere Traglufthallen errichtet der Kreis zudem in Haar und Unterföhring - jede mit einer Betriebserlaubnis von einem Jahr. "Wir haben uns für diese Lösung entscheiden, weil sie schnell umzusetzen und solide ist", sagt Göbel. "Wir wissen aber auch, dass die Hallen keine Dauerlösungen sind. Aber sie sind eine Konsequenz der Prognosen." Im kommenden Jahr wird der Kreis mindestens 9000 Flüchtlinge unterbringen müssen.

Wie gut sich Traglufthallen für die Unterbringung von Flüchtlingen eignen, war schon vor dem Vorfall in Neubiberg umstritten. Die Stadt München steht anders dazu als der Landkreis und nutzt diese Hallen nicht. Der Stadtrat hatte sich im Sommer sowohl gegen Zelte als auch gegen Traglufthallen entschieden und setzt bei den Notunterkünften stattdessen auf Leichtbauhallen. Sie sind bereits an mehreren Orten im Stadtgebiet errichtet worden. In ihrer modularen Konstruktion könnten sie flexibler genutzt werden, sagt Frank Boos, Sprecher des Münchner Sozialreferats. Auch sei der Markt für Traglufthallen sehr begrenzt. Außerdem seien die Kosten für die Traglufthallen höher, weil man für ihre Nutzung auch die Betreiber sowie die technische Betreuung miteinkaufen müsse. Auch in der Stadt sollen die Leichtbauhallen nur als temporäre Lösung dienen.

© SZ vom 02.12.2015 / müh, inra - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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