Ergebnisse der Europawahl in München:Dritter sein

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Die CSU legt in München nur ein klein bisschen im Vergleich zur horriblen Landtagswahl 2008 zu, die SPD kann kein einziges Stadtviertel erobern - und die Grünen werden aufmüpfig.

Es ist wohl eine Sache der Perspektive, ob die CSU nun bei der Europawahl in München gut oder schlecht abgeschnitten hat. Unstrittig ist: Mit 33,0 Prozent sind die Christsozialen erneut auch in der Landeshauptstadt stärkste Partei, und die Siegesstimmung kann den Politikern bei der Wahlparty schon wegen des bayernweit guten Ergebnisses niemand madig machen.

München hat gewählt - und die CSU weiß nicht, ob sie sich freuen oder ärgern soll. (Foto: Foto: dpa)

Anders als im Landesschnitt bedeutet dies jedoch nur ein kleines Plus gegenüber der horriblen Landtagswahl 2008, im Vergleich zur Europawahl 2004 hat die CSU sogar 8,7 Prozentpunkte verloren. Zumindest die SPD kann davon freilich nur träumen, sie verliert erneut, wird mit 16,9 Prozent drittstärkste Partei - und kann kein einziges Stadtviertel erobern. In einigen Bezirken fallen die Sozialdemokraten gar hinter CSU, Grüne und FDP auf den vierten Platz zurück.

Auch die Grünen müssen leichte Verluste verkraften - allerdings auf komfortablem Niveau: 21,4 Prozent erreicht die Öko-Partei, genug um den 2004 überraschend errungenen zweiten Rang unter Münchens Parteien zu verteidigen. Klarer Sieger ist die FDP, die um 7,6 Punkte zulegt und nun auf 13,6 Prozent kommt. Die Wahlbeteiligung überschreitet das freilich kärgliche Niveau von 2004, sie liegt bei 43,2 Prozent.

Wie üblich, ist das Ergebnis in den einzelnen Stadtvierteln höchst unterschiedlich ausgefallen. Die CSU ist in den äußeren Bezirken stark, in Aubing-Lochhausen-Langwied kann sie sich über 43,0 Prozent freuen (2004 lag sie freilich noch oberhalb der 50-Prozent-Marke). Die Grünen sind in sechs Stadtteilen stärkste Kraft, in der Isar- und Ludwigsvorstadt entschieden sich 35,4 Prozent der Wähler für sie. Die SPD kann lediglich in Milbertshofen-Am Hart die 20-Prozent-Marke knacken, die FDP kommt in Altstadt/Lehel auf 19,4 Prozent.

Bittere Enttäuschung bei der SPD am Oberanger: Statt Wahlparty gibt's Trauermarsch. Brigitte Meier, Stadträtin und stellvertretende Münchner SPD-Chefin, sagt schon nach der ersten Prognose von bayernweit 12,5 Prozent für die SPD: "Das ist ein sehr enttäuschendes Ergebnis, es ist uns nicht gelungen, unsere Wähler mit unseren guten Argumenten zu überzeugen und zum Wählen zu bringen." Als "besonders enttäuschend" wertet sie die Tatsache, dass die SPD erneut hinter die Grünen gerutscht ist: "Es tut weh, nur dritte Kraft zu sein."

Auch Adelheid Rupp, langjährige SPD-Vize, spricht von einem "verheerenden Ergebnis". Axel Berg, der für die SPD bei der Bundestagswahl im Münchner Norden das einzige Direktmandat holte, prophezeiht: "Nach solchen Ergebnissen läuft die SPD Gefahr, ihren Status als Volkspartei zu verlieren."

Für den Münchner CSU-Chef Otmar Bernhard ist es bereits soweit: "Die SPD ist inzwischen keine Volkspartei mehr", urteilt Bernhard. Dagegen sei seine CSU "wieder zu einer bestimmenden Kraft in München geworden." Nach der "schweren Krise", die seine CSU im vergangenen Jahr durchschritten habe, sei das Ergebnis "ein großer Erfolg".

Münchens Grünen dagegen schöpfen aus dem "wiederholt guten Ergebnis", so Stadtvorsitzende Hanna Sammüller, neues Selbstbewusstsein. Das Ergebnis müsse "Einfluss haben auf das Kräfteverhältnis im Rathaus". Dort seien die Grünen momentan nicht ihrer Stärke entsprechend repräsentiert. Sammüller denkt aber auch bereits an die OB-Wahl 2014, zu der OB Christian Ude nicht mehr antritt.

Die Grünen liebäugeln mit einer eigenen Kandidatur, die dem SPD-Bewerber durchaus Konkurrenz machen könnte. "Wir werden machtbewusster auftreten, denn die SPD wird, wenn sie weiter in der Stadtregierung beteiligt sein will, mehr denn je auf die Grünen angewiesen sein." Dem SPD-Fraktionsvorsitzenden Alexander Reissl, der den Grünen gern die Zähne zeigt, rät Sammüller, er solle lieber vom "Grünen-Fresser zum Grünen-Schmeichler werden".

Die Liberalen lassen bei ihrer Wahl-Party im Café Atlas in Haidhausen die Korken knallen: Sie haben nicht nur ein historisches Ergebnis erreicht. Sie schicken mit Nadja Hirsch auch eine Münchnerin ins Europaparlament: Die 30-Jährige muss nun zwar ihr Stadtratsmandat abgeben, verspricht aber, das politische Geschehen in München fest im Blick zu behalten.

© SZ vom 08.06.2009/bn, dh, jbb, loe, vbe/sonn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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