Erfolgsgeschichte:Flüchtling mit Festanstellung

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Husnain Akbar verkauft für "Biss" mehr als 400 Zeitschriften pro Monat. Jetzt hat er eine Festanstellung. Seine Zukunft ist ungewiss, denn über seinen Asylantrag ist noch nicht entschieden worden. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Husnain Akbar verkauft die Obdachlosenzeitschrift "Biss"

Von Andreas Ostermeier, Germering

Husnain Akbar hat einen festen Arbeitsplatz. Das ist wichtig für ihn. Fast jeden Tag ist er im Eingangsbereich eines Supermarktes in Herrsching anzutreffen. Dort verkauft er die Münchner Obdachlosenzeitschrift "Biss". Akbar macht diese Arbeit gerne. Mit manchen Käufern kommt er ins Gespräch. Leicht ist das nicht, denn der 29-Jährige spricht noch wenig Deutsch. Doch was ist schon leicht in Husnain Akbars Leben? Als Kind erkrankte er an Polio, deshalb sitzt er im Rollstuhl. Aus Libyen musste er fliehen, nachdem sein Chef ermordet worden war. Und auch die Arbeit als Zeitschriftenverkäufer fiel ihm anfangs gar nicht leicht. Das sei schon eine "unheimliche Überwindung und Umstellung" gewesen, sich in der Öffentlichkeit hinzustellen und eine Zeitschrift zu verkaufen, sagt Akbar. Doch er hat nicht aufgegeben. Seit vier Monaten fährt er morgens mit der S-Bahn zu seinem Arbeitsplatz. Mehr als 400 Zeitschriften verkauft er pro Monat. Damit gehört Akbar zu den besten Verkäufern der Zeitschrift. Deshalb hat er einen Anstellungsvertrag erhalten, als 50. Verkäufer in der Biss-Geschichte. Der Vertrag bedeutet, dass er monatlich mit einem festen Verdienst rechnen kann.

Eine feste Anstellung hatte Akbar schon einmal, in Libyen. Für einen Mann, der keine Beine mehr hat und im Rollstuhl sitzt, ist das etwas ganz Besonderes. Vor allem, wenn er aus Pakistan stammt wie der 29-Jährige. Dort würden Behinderte schlecht behandelt, sagt er. An eine Arbeit sei nicht zu denken. In Libyen war das anders. Dort hat er viele Jahre als Goldschmied in einer Firma gearbeitet. Den Beruf hat er vom Vater gelernt. Der war ebenfalls Goldschmied und zog mit der Familie in das nordafrikanische Land. Als die Eltern wieder zurückgingen, blieb Akbar. Sein Chef habe seine Arbeit sehr geschätzt, sagt der Asylbewerber. Doch nach dem Tod des libyschen Diktators Gaddafi wurde die Lage im Land zunehmend unsicher. Der Besitzer der Unternehmens, bei dem Akbar arbeitete, wurde entführt und ermordet. Da wollte Akbar weg aus Libyen - nach Europa. "Ich habe gehört, dass Behinderte dort gut behandelt werden", sagt er.

Er kaufte ein Ticket für ein Schiff. Von einem großen Dampfer mit zwei Decks sei die Rede gewesen, sagt der Flüchtling. Doch die Wirklichkeit sah ganz anders aus. Am Strand lag ein marode aussehendes Holzboot. Die Menschen in dem Boot standen laut Akbar so dicht beieinander, dass er seine Arme nicht habe bewegen können. Seine Chance, in Europa lebend anzukommen, habe er auf zehn Prozent geschätzt. Doch ein Zurück habe es nicht gegeben. Bewaffnete Gangster drohten, jeden zu erschießen, der das Boot verlassen und nicht mitfahren wollte. Akbar und die anderen Flüchtlinge auf dem Boot hatten großes Glück. Nach 17 Stunden erreichten sie die italienische Küste.

Akbar wohnt in einer Asylunterkunft in Germering. Seine Zukunft ist ungewiss, denn über seinen Asylantrag ist noch nicht entschieden worden. Trotz der Ungewissheit verbreitet der 29-Jährige eine fröhliche Stimmung, hat ein Lächeln im Gesicht. Er sei so froh, es nach Deutschland geschafft zu haben, sagt er. Als Behinderter werde er von den Menschen gut behandelt, viel besser, als er sich das je erhofft habe. Deshalb wolle er bleiben, sagt er und hängt zwei Wünsche an. Seine Eltern möchte er wiedersehen und er hätte gerne eine Familie, die auf ihn wartet, wenn er von der Arbeit kommt.

© SZ vom 02.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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