Weekend Club:Feierabend in der Disco

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Jeden Freitag und Samstag drängen sich die Menschen im Eingangsbereich des "Weekend Clubs". Hinter den Bäumen im Hintergrund stehen die Häuser der Kläger. (Foto: Antonia Steiger)

Der Betrieb in der ehemaligen Schiaßn muss eingestellt werden, sechs lärmgeplagte Nachbarn hatten geklagt. Das Gericht gibt ihnen Recht - weil es gar keine ordentliche Genehmigung gibt

Von Florian Tempel, Erding

Knapp ein Jahr nach der Eröffnung muss die Diskothek "Weekend Club" in der ehemaligen Schiaßn am Erdinger Volksfestplatz wieder zusperren. In einer Verhandlung am Verwaltungsgericht München machte Richterin Andrea Breit, die Vorsitzende der ersten Kammer und zugleich Präsidentin des Verwaltungsgerichts, unmissverständlich klar, warum mehrere Nachbarn, die wegen massiver nächtlicher Lärmbelästigung geklagt hatten, ein Recht auf einen sofortigen Stopp der Wochenenddisco haben: "Eine Diskothek ist dort nie genehmigt worden."

Eine Genehmigung wurde nie beantragt.

Dass es tatsächlich keine ordentliche Genehmigung gibt, war schon ziemlich erstaunlich. Doch auch Andreas Erhard, der Leiter des Rechtsamt im Erdinger Rathaus, räumte ein, dass der Betrieb der Diskothek formal gesehen "schwarz ist". Man habe das erst vor einem Jahr herausgefunden, als man in alten Akten nachgeblättert hatte. Zwar wurde das 1928 als Schießstätte erbaute Gebäude bereits vor 50 Jahren als Tanzlokal genutzt. Doch eine Genehmigung als Diskothek, wie sie spätestens seit den späten 1970er Jahren notwendig gewesen wäre, wurde nie beantragt und deshalb auch nie erteilt. Das alte Gebäude gehört der Fischers Wohltätigkeitsstiftung, deren gesetzlicher Vertreter stets der Landrat ist. Bis zur Ernennung Erdings zur Großen Kreisstadt war das Landratsamt für die Genehmigungen zuständig. Offenbar lief bis 2009 der Betrieb der Diskothek nach einer Art Gewohnheitsrecht, das niemand infrage stellte. Im Herbst 2010 wurde die Schiaßn zu einem viel ruhigeren Kulturzentrum für Kleinkunst und Live-Musik. Das ging aber nicht allzu lange gut, und der 2016 eröffnete Nachfolge-Club "Hunter" funktioniert noch weniger.

Die tiefen Bässe gehen durch Hauswände.

Die Nachbarn, die nebenan in der Mozartstraße leben, nur einen Sprung weit entfernt auf der anderen Seite des Fehlbachs, hatten von 2009 bis zum vergangenen Herbst ihre Ruhe gehabt. Der Discobetrieb in früheren Zeiten sei zwar auch nicht ganz ohne gewesen, aber nie so nervtötend wie der Weekend Club, sagte einer der Kläger, der schon seit seiner Kindheit neben der Schiaßn wohnt. Seit etwa einem Jahr war jeden Freitag und Samstag von 22 Uhr an Partytime. Bis fünf Uhr früh, so berichtete es eine Nachbarin, wummerten die Bässe "bumm, bumm, bumm" ohne Unterlass - "das macht mich fix und fertig". Richtig tiefe Bässe gehen nicht nur durch Mark und Bein, sondern auch durch Hauswände und dreifachverglaste Fenster.

Wie aber konnte die Stadt, wenn sie doch 2017 bemerkt hatte, dass es gar keine Diskothek-Genehmigung gibt, dennoch den Weekend Club erlauben? Die Stadtverwaltung ließ den Betrieb nur vorläufig zu, unter der Auflage, dass bei den Nachbarn im Schnitt nicht mehr 37 Dezibel Discolärm ankämen. Gleichzeitig wurde von den Betreibern eine richtige Genehmigung beantragt. Die Zusammenarbeit mit der Stadt sei "einmalig gut" gewesen, frohlockten im Herbst 2017 einer der Geschäftsführer. Dass Verfahren für eine richtige Genehmigung läuft aber noch immer - weil sich schon die vorläufigen Auflagen nicht einhalten ließen. Eine Lärmmessung des TÜV ergaben im März deutlich höhere Dezibel-Werte als erlaubt. Im Mai trat die Stadtverwaltung deshalb voll auf die Bremse und untersagte den Discobetrieb. Dieser Bescheid wurde aber nicht wirksam, weil ihn die Betreiber gerichtlich anfochten.

Schallschutz für 70 000 Euro

Matthias Vögele, der den Weekend Club als Rechtsanwalt vertritt - zugleich ist der Geschäftsführer bei der Fischers Stiftung, der das Gebäude gehört -, erklärte, dass man unlängst für 70 000 Euro weitere Schallschutzmaßnahmen eingebaut habe. Die Nachbarn versicherten, dass das nichts gebracht habe. Auf den von Richterin Breit angeregten Kompromissvorschlag, der Discobetrieb könnte womöglich vorerst mit reduzierter Lautstärke und abgeregelten Bässe weiterlaufen, wollten sich die Nachbarn nicht einlassen.

Wann genau Feierabend im Weekend Club ist, ist noch nicht klar. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts muss erst zugestellt werden und kann dann mit einer Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof (VGH) angefochten werden. Falls das passiert, sollte eine Entscheidung des VGH aber ziemlich schnell fallen. Die Aussicht, dass die zweite Instanz anders entscheiden würde, ist eher gering. Für die Discogänger in Erding sind das düstere Aussichten, die klagenden Nachbar waren hingegen mächtig froh.

© SZ vom 14.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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