Warteraum Asyl:Reibungslos und routiniert

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Der Eingangsbereich des Warteraums Asyl am Erdinger Fliegerhorst: An dieser Stelle sehen sich Eheleute, Eltern und Kinder, die auf der Flucht getrennt worden waren, oft nach mehreren Jahren endlich wieder. (Foto: Renate Schmdt)

Die erste Familienzusammenführung von Flüchtlingen aus Griechenland über Erding hat gut geklappt. Nur bei fremdenfeindlichen und rechtsradikalen Gruppen gab es im Internet ein vielstimmiges Aufheulen

Von Florian Tempel, Erding

Die Familienzusammenführung von 177 in Griechenland gestrandeten Flüchtlingen mit ihren bereits in Deutschland lebenden Angehörigen, der in der vergangenen Woche über den Warteraum Asyl Erding lief, ist reibungslos gelaufen. Volker Grönhagen, der Leiter des Durchgangszentrums am Fliegerhorst Erding, erwartet noch eine Reihe weiterer Sammelflüge zur Familienzusammenführung. Es gebe jedoch keinen genauen Zeitplan. Die Terminierung liege im Wesentlichen in der Hand griechischer Behörden, die die Überstellung der Kinder, Frauen und Männer nach Deutschland organisieren, dafür Flüge chartern und diese auch bezahlen. Er habe darum gebeten, so Grönhagen, möglichst eine Woche vorher Bescheid zu bekommen, um die nötigen Mitarbeiter rechtzeitig mobilisieren zu können. Sein Team, die Mitarbeiter des Roten Kreuzes und des Vereins Flüchtlingshilfe Erding seien in der Lage, binnen weniger Tage für weitere Einreiseaktionen bereit zu stehen.

Wenn Familien auf der Flucht getrennt worden sind, dann ist es eine gute Nachricht, dass Ehepaare, Eltern und Kinder nach Jahren wieder zusammen kommen - so wie in der vergangenen Woche im Warteraum Asyl in Erding. Der am Dienstag vor einer Woche erschienene Bericht der Erdinger SZ über die Familienzusammenführung führte bei fremdenfeindlichen und rechtsradikalen Gruppen allerdings zu einem vielstimmigen Aufheulen. Über soziale Netzwerke wie Facebook, Instagram und Twitter wurde der SZ-Artikel vor allem von AfD-Funktionären und AfD-Verbänden sowie Pegida-Aktivisten geteilt und hundertfach, sehr oft hämisch und böswillig kommentiert.

In der Stadt Erding hat man von der Familienzusammenführung am Fliegerhorstcamp so gut wie nichts mitbekommen. Wie schon bei den mehr als 10 000 Relocation-Flüchtlingen, die zur Entlastung von Griechenland und Italien über den Warteraum Erding nach Deutschland kamen, ging auch in der vergangenen Woche die Einreise der 177 Kinder, Frauen und Männer reibungslos und ganz routiniert über die Bühne. Camp-Leiter Grönhagen berichtete, dass etwa 80 Personen von ihren aus allen Teilen der Republik angereisten Angehörigen noch am Ankunftstag persönlich in Erding abgeholt wurden. Die knapp 100 anderen Neuankömmlinge blieben zwei oder drei Nächte im Warteraum Asyl, in dem ständig eine maximale Kapazität von 3500 Schlafplätzen aufrecht erhalten wird. Grönhagen und sein Team organisierten drei Busse, die die Menschen auf verschiedenen Routen durch Deutschland dorthin brachten, wo ihre nahen Familienangehörigen bereits leben. Ein Bus fuhr beispielsweise über Regensburg, Dresden, Magdeburg und Berlin in nordöstliche Richtung, erklärte Grönhagen.

Die Neuankömmlinge waren verpflichtet, sich binnen fünf Tagen bei den örtlichen Ausländerbehörden zu melden. Grönhagen sagte, dass das alle 177 jedoch schon am folgenden Tag getan hätten. Im Warteraum Asyl in Erding waren zuvor alle aus Griechenland eingeflogenen Flüchtlinge erkennungsdienstlich mit einem Foto und der Abgabe von Fingerabdrücken erfasst worden. Da die Menschen alle bereits in Griechenland in gleicher Weise erfasst worden waren, ging es letztlich vor allem um die Kontrolle, ob der- oder diejenige auch tatsächlich die von den griechischen Behörden angekündigte Person war, erklärte Grönhagen.

Der Warteraum Asyl ist nach Grönhagens Einschätzung die am besten geeignete Einrichtung des Bundes für Familienzusammenführungen mit Sammelflügen. Alle ähnlichen Zentren wie der Warteraum Asyl Erding, die andernorts in der Hochphase des Flüchtlingszustroms vor drei Jahren in großer Eile eingerichtet worden waren, sind mittlerweile wieder geschlossen worden. Das seit 1945 bestehende Grenzdurchgangslager Friedland in der Nähe von Göttingen, über das im Laufe der Jahrzehnte immer wieder Kriegsflüchtlinge und politisch Verfolgte aus vielen Ländern - wie etwa Opfer des Pinochet-Regimes aus Chile, Boatpeople aus Vietnam oder Tamilen aus Sri Lanka - in Deutschland aufgenommen wurden, eigne sich aus einem praktischen Grund weniger gut, sagte Grönhagen: Der nächste internationale Flughafen ist von Friedland aus wesentlich weiter weg, als die knappe halbe Stunde Busfahrt vom Münchner Großflughafen bis nach Erding.

© SZ vom 26.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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