Wartenberg:Sextett im Wettstreit um das Bürgermeisteramt

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Sowohl an der Spitze im Rathaus als auch im Gemeinderat wird es im Markt Wartenberg einen Umbruch geben. Vor allem auch, weil die Grünen zum ersten Mal mit einer Liste antreten. Gewählt werden diesmal 20 statt wie bisher 16 Kommunalpolitiker

Von Gerhard Wilhelm, Wartenberg

Fünf Parteien beziehungsweise Wählervereinigungen sitzen seit der Kommunalwahl 2014 im Wartenberger Gemeinderat - nach dem 15. März dürfte es in der Marktgemeinde aber größere Veränderungen geben. Auf jeden Fall einen Wechsel an der Gemeindespitze, da Bürgermeiste Manfred Ranft (FWG) nicht mehr antritt. Stärkste Fraktion ist mit fünf Sitzen die CSU, die bei der Wahl damals 30,6 Prozent der Stimmen erreichte. Vier Gemeinderäte stellt die Freie Wählergemeinschaft (FWG), die auf 24,4 Prozent kam. 19,6 Prozent schaffte die SPD vor sechs Jahren. Wohl kaum einer rechnet, dass dieses Ergebnis wieder erreicht wird und die Partei weiter drei Sitze im Gemeinderat haben wird, auch, wenn künftig 20 Personen im Marktrat sitzen werden. Auf ebenfalls drei Sitze kam die Neue Mitte mit 20,4 Prozent. Und auch die FDP schaffte mit glatten fünf Prozent einen Sitz.

Eine Verschiebung wird es schon deshalb geben, weil diesmal das Bündnis 90/Die Grünen bei der Kommunalwahl antritt. Erst im April 2019 hatte sich der Ortsverband gegründet, und er tritt mit einem umfangreichen Wahlprogramm sowie einer 15-köpfigen Kandidatenliste für den Gemeinderat an. An der Spitze der Liste steht die Sprecherin des Ortsverbandes, Melanie Falzetta. Die knapp 23-Jährige studiert seit 2016 an der LMU in München Lehramt. Platz zwei übernimmt Dominik Rutz, der zumindest im Gemeinderat aktiv sein will, wenn es mit dem Bürgermeisteramt nicht klappt - und das könnte schon passieren, denn in Wartenberg wollen sechs Personen Gemeindechef werden. Auf Platz drei kandidiert Martina Scheyhing. Die gebürtige Wartenbergerin (44) hat zwei Kinder und arbeitet in der Klinik Wartenberg als Sprachtherapeutin.

Rutz ist - wie einige der Bürgermeisterkandidaten - kein "echter" Wartenberger. Der 41-Jährige wohnt seit 14 Jahren im Markt. Bei der jüngsten Podiumsdiskussion machte er die geringe Kommunalpolitikerfahrung durchaus mit sachlichen Argumenten wett. Klimaschutz, der Einsatz erneuerbarer Energien, mehr Bürgerbeteiligung und Transparenz sowie die Reduzierung des Flächenverbrauchs und der Naturschutz - das sind seine Themen. Wobei ihm Mitkandidat Michael Gruber (SPD) fast entschuldigend an dem Abend sagte, dass es schon blöd sei, wenn plötzlich alle sich früher rein grüne Themen auf die Fahne schreiben. Ob dem Diplom-Ingenieur für Landschaftsplanung die Aussage "partei- als auch vereinsübergreifende Zusammenarbeit" anzustreben, bei der Wahl hilft, ist eher zu bezweifeln. Rutz ist zwar sogar Vereinsvorsitzender, aber der Imkerverein hat bei Weitem nicht so viele Mitglieder wie andere örtliche Vereine.

Die Stellen n der Verwaltungsgemeinschaft sind besetzt, aber auch im Rathaus Wartenberg ist die Personalgewinnung nicht einfacher geworden. (Foto: Renate Schmidt)

Die meisten Chancen, Bürgermeister zu werden, rechnet sich Christian Pröbst (CSU) aus. Und der ist in vielen Vereinen Mitglied. Seit 2015 ist er Dritter Bürgermeister. Wie es ist, tatsächlich Erster Bürgermeister zu sein, das durfte er auch zu seiner Überraschung im vergangenen Jahr erleben. Erst meldete sich Bürgermeister Manfred Ranft wegen einer Krebserkrankung ab und kurze Zeit später seine erste Vertretung, der Zweite Bürgermeister Peter Schickinger (FWG). Dass Bürgermeister heute ein Fulltime-Job ist, hat der 43-Jährige schnell erfahren. Und er will den Job weiter ausüben nach der Wahl. Das sagt er von allen Kandidaten am deutlichsten. Als er zum ersten Mal in den Gemeinderat gewählt wurde, war er 26 - jünger war bis dahin noch keiner. Kommunalpolitik sei einfach sein "Ding". Früher habe er als Hitzkopf gegolten, aber er sei ruhiger geworden und wisse jetzt, dass er mit "Fleiß und Argumenten" weiterkomme. Als Firmenbesitzer kenne er lange Arbeitszeiten, die Mitarbeiterführung und das wirtschaftliche Denken sei für ihn Alltag. Dass er festen Willens ist, Wartenbergs neuer hauptamtlicher Bürgermeister zu werden, sieht man auch daran, dass er Anfang 2018 einen Teil seines Unternehmens verkauft hat. "Es ist vertraglich geregelt: Sollte ich Bürgermeister werden, bin ich raus", sagte Pröbst. Sollte er nicht gewählt werden, werde er in der Firma bleiben.

20 Kandidaten schickt die CSU ins Rennen um die Gemeinderatssitze. Auf den Plätzen hinter Pröbst sind amtierende Gemeinderäte: Isabell Haindl (2) und Markus Straßberger (3).

Während die Grünen ganz neu im Kommunalwahlkampf in Wartenberg sind und die CSU auf bewährte Köpfe setzt, findet bei der Freien Wählergemeinschaft ein Umbruch statt. Wie bei der CSU können auch die Freien Wähler aus einem großen Pool an Personen schöpfen und stellten ebenfalls eine 20-köpfige Liste auf. Da Manfred Ranft nicht mehr zur Wahl steht, musste ein neuer Bürgermeisterkandidat gefunden werden. Robert Hegenauer ist 38 Jahre alt und lebt seit seinem sechsten Lebensjahr in der Gemeinde und ist Online Marketing Manager. Zu den Freien Wählern hat er erst 2014 gefunden. Wie Pröbst würde er gerne sein Hobby zum Beruf machen. Der Kirche ist er sehr verbunden, er war Ministrant und 15 Jahre Kolping-Vorstand. Viele kennen ihn auch als Skilehrer vom SC Auerbach. Bei der Podiumsdiskussion musste Hegenauer einen Spagat hinlegen. Während seine Konkurrenten einiges aufzählen konnten, was sie anders im Rathaus und im Gemeinderat machen würden - vor allem mehr Transparenz und Bürgereinbindung - konnte der potenzielle Ranft-Nachfolger nicht offen die Politik und den Stil des noch amtierenden Bürgermeister kritisieren. Der saß in der ersten Reihe. Also musste er bei der Podiumsdiskussion etwas lavieren, um seine Parteigenossen nicht zu verprellen. Hegenauer will alles einfach noch ein bisserl besser machen und für alle da sein. Da er auf Platz eins der Gemeinderatsliste steht, wird er mit Sicherheit ein neues Gesicht dort sein. Und es gibt zwei weitere Personen, die die Freien Wähler als Zugpferde verliert: die Gemeinderäte Peter Schickinger und Walter Gebhart. Es bleiben von der "alten Garde" Heike Schmidt-Kronseder und Paul Neumeier auf den Listenplätzen 2 und 3. Mit der Nummer 4 ist den Freien Wählern ein Coup gelungen. Den Platz hat Franz Ganslmaier - der Kreisebrandrat.

Christian Pröbst (CSU)

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(Foto: Gerhard Wilhelm (oh))

Robert Hegenauer (Freie Wähler)

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(Foto: Gerhard Wilhelm (oh))

Michael Gruber (SPD)

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Dominik Rutz (Bündnis 90/Grüne)

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Carla Marx (Neue Mitte)

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(Foto: Gerhard Wilhelm (oh))

Josef Samitz (FDP)

Ebenfalls 20 Listenkandidaten hat die Neue Mitte zusammen gebracht. Nach dem plötzlichen Tod von Gemeinderat Sebastian Baumann im vergangenen Jahr ist von den drei bisherigen Ratsmitgliedern nur Eduard Ertl übrig geblieben. Auf Listenplatz eins ist Carla Marx und auf drei Thomas Jahns. Die 55-jährige Marx ist im Markt bekannt und sogar Gründungsmitglied der Neuen Mitte, aber kommunalpolitisch weniger in Erscheinung getreten. Die medizinische Fachangestellte ist unter anderem Vorsitzende der Wartenberger Flüchtlingshilfe und des Fördervereins der Mädchenrealschule Heilig Blut in Erding. Auch sie will die Bürger mehr in die Entscheidungsprozesse einbinden und auf die Frage, ob sie sich den Bürgermeisterposten zutraut, antwortet sie mit Churchill, dass es einfacher sei eine Nation zu regieren, als vier Kinder zu erziehen. Vier Kinder habe sie . . .

Als erste Partei hat sich in Wartenberg die SPD aus der Deckung gewagt, was den Bürgermeisterkandidaten betrifft. Erwartungsgemäß wurde Michael Gruber bestimmt, der im Gemeinderat gerne ab und zu die kritische Stimme übernimmt. Der 57-jährige langjährige Gemeinde- und Kreisrat sowie zweimaliger Landratskandidat lässt sich auch von den schlechten Wahlergebnissen seiner Partei bei der Landtags- und Europawahl nicht abschrecken und setzt auf wechselnde Mehrheiten. In einer Gemeinde gebe es schließlich nur Sachpolitik, da dürfe Politik keine Rolle spielen. Zudem habe er im Berufsleben viel Erfahrung gesammelt, die ihm zugute kommen würden. Da er auf Listenplatzeins steht, dürfte er sicher wieder im neuen Gemeinderat sitzen. Auf Platz zwei ist Andrea Neumeier und auf drei der amtierende Gemeinderat Michael Paulini.

Mit nur einer zwölfköpfigen Mannschaft geht die FDP ins Rennen - aber ebenfalls mit einem Bürgermeisterkandidaten: Josef Samitz (40). Er lebt seit fünf Jahren in der Gemeinde, ist gelernter Bäckermeister, hat aber später zum Diplom-Betriebswirt umgesattelt. Bei der Podiumsdiskussion holte er einige Sympathiepunkte durch seine humorvolle Antworten, aber auch Sachkenntnis. Er wolle für Wartenberg mehr machen und zurück geben. "Und da würde sich der Bürgermeisterposten anbieten", sagt Samitz. Dass er keine Chancen hat, das weiß Samitz schon. Das Debakel der FDP in Thüringen hat ihm zudem wohl nicht geholfen. Die FDP-Liste führt Neumeier-Korn an, gefolgt von Samitz. Platz Drei hat Christian Korn. Erst dann kommt der amtierende Gemeinderat Nikolaus Hintermaier.

(Foto: oh)

CSU: Christian Pröbst, Isabell Haindl, Markus Straßberger, Franz Gerstner, Josef Sedlmaier, Nina Hieronymus, Thomas Reischl, Bernd Scheumaier, Thomas Furtner, Simon Gandinger jun., Martin Hamberger jun. Martin Hagner, Stefan Neumaier, Michael Pröbst, Markus Bauer, Stefan Huber, Rudi Schwaiger, Anton Neumaier, Joos Lennart und Oliver Hollstein.

FWG: Robert Hegenauer, Heike Schmidt-Kronseder, Paul Neumeier, Franz Ganslmaier, Christoph Lechner, Markus Engelmaier, Andrea Schöngruber, Andrea Gumberger-Strobl, Leonhard Lindner, Sascha Heisig, Joseph Schöngruber, Monika Mars, Marvin Ruth, Marcella Troll-Dworzak, Alfred Griebl, Konrad Ganslmaier, Joachim Lehmann, Robert Eilert, Manfred Hackl und Barbara Resch. Ersatzkandidaten: Lucia Linack, Marianne Wittich und Alexander Chmielewski.

Neue Mitte: Carla Marx, Eduard Ertl, Thomas Jahns, Helmut Stiglmayr, Simone Baumann, Thomas Rademacher, Monika Erbersdobler, Nick Bornmann, Christian Furtner, Thomas Halbinger, Andreas Ulrich, Christian Hamberger, Franz Dellel, Christian Martjklas, Petra Vaas, Anton Angermaier, Christine Borchardt, Christian Refeld, Liesa Pfort und Daniel Jahns

Bündnis 90/Die Grünen: Melanie Falzetta, Dominik Rutz, Martina Scheyhing, Christian Köhler, Silvana Stöckel, Michael Deimel, Sarah Kufner, Michael Hollstein, Katja Huber, Roberto Münch, Dagmar Sticha, Klaus Legler, Juliane Reitmeier, Daniel Dudek, Nadine Ebmeyer.

SPD: Michael Gruber, Andrea Neumeier, Michael Paulini, Heidi Kehm, August Groh, Elisabeth Neumeier, Peter Kroschwald, Anita zink, Mathias Kehm, Hildegard Seitl, Mathias Kaesler, Anita Schulz, Hans Neumeier, Georg Eschenbaumer, Ludwig Stürzl, Reinhard Schultz, Josef Voringer, Johann Groh, Christian Groh, Hubert Strohmeier.

FDP: Rosmarie Neumeier-Korn, Josef Samitz, Christian Korn, Nikolaus Hintermeier, Stefan Huber, Gabriele Blechinger, Nino Peppe, Claudia Neumeier, Christian Brunmeier, Daniele Zeitschel, Erich Hertle, Claus Möller.

© SZ vom 19.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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