Wartenberg:Schwere Geburt

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Wartenberg realisiert ein weiteres Baugebiet. 24 der 31 Parzellen sollen im Einheimischenmodell vergeben werden

Von Wolfgang Schmidt, Wartenberg

Im Baugebiet "Wartenberg-West II" wird die Marktgemeinde ein weiteres Einheimischenmodell auflegen. Von den dort entstehenden 31 Parzellen sollen 24 an Einheimische vergeben werden, der Rest wird auf dem freien Markt angeboten. Das hat der Gemeinderat am Mittwochabend entschieden. Für Wartenberger ist der Quadratmeter Grund für 230 Euro zu haben, der Rest soll für 270 Euro verkauft werden, was dem aktuellen Bodenrichtwert entspricht, den ein Gutachterausschuss vor kurzem erst ermittelt hat. Der Entscheidung ging eine schwere Geburt voraus - und das lag nicht etwa an den grundsätzlichen Bedenken der Europäischen Union, die bei jeder Einschränkung eines Bewerberkreises automatisch eine Diskriminierung der anderen wittert.

Nein, es lag am sozialen Gewissen des Marktgemeinderates, als das sich zuvorderst Michael Gruber sieht. Da auch das Gewissen immer etwas Grundsätzliches ist, ermahnte Gruber die Ratskollegen, bei ihrer Entscheidung zum Maßstab zu nehmen, dass auch in Wartenberg "die Ressourcen endlich sind". Es sei fast seine "Pflicht und Aufgabe, langfristig zu denken" - mit dem geplanten Einheimischenmodell sei aber in zwei Jahren alles belegt. Außerdem sei vor mehr als 30 Jahren von der Gemeinde das letzte Mal in den Sozialen Wohnungsbau investiert worden, erinnerte der Sozialdemokrat an ein aus seiner Sicht schweres Versäumnis.

Als erste Konsequenz daraus schlug Gruber vor, den Teil der Baufläche, auf dem Reihenhäuser entstehen sollen, der Wohnungsbaugesellschaft des Landkreises zur Verfügung zu stellen. Das wurde ihm verwehrt. Bürgermeister Manfred Ranft (FWG) sagte, Geschosswohnungsbau sehe er eher auf der anderen Seite der Thenner Straße. Darüber könne man vielleicht im nächsten Jahr reden. Grubers nächster Vorschlag war, das gesamte Gebiet nur an Einheimische zu vergeben. Diesen Weg aber wollten nur seine beiden Fraktionskollegen mit ihm gehen. Als nächstes Ass zog Gruber aus dem Ärmel, Grundstücke nur an die Bewerber zu vergeben, die auf dem Punktekatalog, der die Berechtigung regelt, mindestens zehn Punkte erreichen. Das brachte ihm zwar eine launige Bemerkung Ranfts - "so zwingen wir unseren jungen Nachwuchs zu heiraten" - aber keine Mehrheit ein, weil selbst junge Familien ohne Kinder diesen Wert nicht schaffen können.

Äußerst knapp, aber eben doch gegen ihn ging die Abstimmung bei der "letzten Alternative aus", die Gruber dann noch aus dem Hut zauberte: Keiner der Bewerber solle bei der Grundstücksvergabe bedacht werden, der mit null Punkten daherkommt. Das hätte zur Konsequenz gehabt, dass kein Lediger hätte zum Zuge kommen können.

Auf ein notwendiges Übel beim neuen Baugebiet einigte sich der Rat dagegen recht schnell: Die archäologischen Untersuchungen in "Wartenberg West II" wird die Gemeinde vornehmen lassen, weil dieses Verfahren nicht den Bauherren aufgebürdet werden soll. Es ist davon auszugehen, dass die Altertumsforscher auch fündig werden: Gut die Hälfte des Areals steht unter massivem Bodendenkmalsverdacht.

© SZ vom 19.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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