Wartenberg:Schon jetzt Multi-Kulti-Gemeinde

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Im Gegensatz zu anderen Kommunen hat Wartenberg kaum Probleme mit der Unterbringung von Flüchtlingen. Die Gemeinde ist aber gerade dabei, sich mit ihrem Sport- und Freizeitzentrum Konfliktpotenzial zu schaffen

Von Wolfgang Schmidt, Wartenberg

Die Einnahmen steigen, die Schulden sinken und auch mit der Unterbringung von Flüchtlingen hat der Markt Wartenberg im Gegensatz zu anderen Gemeinden im Landkreis keine Probleme. Sogar der Dauerstreit um die Erschließungsbeiträge für die Zustorfer Straße ruht. Allerdings ist die Gemeinde gerade dabei, sich Konfliktpotenzial zu schaffen: Auf dem TSV-Gelände soll ein Sport- und Freizeitzentrum mit einer Heimat für den Trachtenverein und einer neuen Mehrzweckhalle entstehen. Dass die bisherigen Überlegungen nicht so recht goutiert werden, wurde auch am Donnerstagabend bei der diesjährigen Bürgerversammlung der Marktgemeinde deutlich.

Am Mittwoch sind noch einmal 14 neue Flüchtlinge in ein Haus in Wartenberg eingezogen - insgesamt beläuft sich die Zahl der Asylsuchenden in der Gemeinde damit auf knapp 100 Personen, wodurch die vom Landratsamt vorgebene Quote übererfüllt ist. Bürgermeister Manfred Ranft führte die Bereitschaft seiner Mitbürger, bei der Unterbringung von Flüchtlingen zu helfen, unter anderem darauf zurück, dass Wartenberg mit seinen aktuell 664 ausländischen Mitbürgern aus 38 Ländern bei einer Gesamtbevölkerungszahl von 5137 Einwohnern ja schon jetzt eine "Multi-Kulti-Gemeinde" sei.

Das Gutachten zur Zustorfer Straße ist noch in Bearbeitung

Die Gemeinde macht sich auch Gedanken, was mit den anerkannten Flüchtlingen geschehen soll und hat als Unterbringungsmöglichkeit das Alte Schulhaus gefunden. Dessen Umbau für Wohnzwecke basiert auf Überlegungen des Wittelsbacher Jagdhaus-Vereins, dessen 1. Vorsitzender Norbert Hartmann ein Konzept für ein soziales Mehrgenerationenhaus entworfen hatte. Das habe man ein bisschen "verfeinert", sagte Ranft den Teilnehmern der Bürgerversammlung. Der Schritt zur Belegung mit anerkannten Flüchtlingen war nicht ganz uneigennützig. So fließen jetzt noch mehr Fördermittel und das Landratsamt garantiert hohe Mieteinnahmen. In den nächsten 30 Jahren müsse die Gemeinde jedenfalls für die Sanierung des Alten Schulhauses keinen Cent in die Hand nehmen, garantierte Ranft.

Landrat Martin Bayerstorfer lobte in seinem Grußwort die Anstrengungen der Wartenberger und deren Weitsicht, sich der anerkannten Asylbewerber anzunehmen, denen sonst auf dem derzeitigen Wohnungsmarkt die Obdachlosigkeit drohe. Der Landrat lobte auch die Offerten vieler Hauseigentümer, die dem Landratsamt bisher 65 dezentrale Unterkünfte zur Verfügung gestellt haben. Ihnen sei es zu verdanken, dass keine Turnhallen oder ähnliche Einrichtungen zwangsbelegt werden müssten. Darüber hinaus holte er weit aus und ließ in der Wartenberger Strogenhalle noch einmal seine Treffen mit Innenminister Thomas de Maizière und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen sowie seine Berlinbesuche Revue passieren. Fazit: Seine Bemühungen und seine Schlüsse zur Flüchtlingsproblematik seien in der Öffentlichkeit nicht immer richtig dargestellt worden. 1200 Flüchtlinge leben derzeit im Landkreis. Deren Zuzug will Bayerstorfer drosseln, der wegen der großen Belastung durch den "Warteraum Asyl" nur noch 30 Asylbewerber pro Woche aufnehmen will.

Zum Wartenberger Dauerbrenner " Zustorfer Straße, in der die Anwohner gemäß der sogenannten Straßenausbaubeitragssatzung für den Umbau von der Gemeinde zur Kasse gebeten werden sollen, konnte der Landrat nur berichten, dass das vom Gericht geforderte Gutachten noch in Bearbeitung sei. Ranft sagte, der Experte habe zwar relativ schnell eine Ortsbesichtigung vorgenommen, danach habe man aber nichts mehr gehört.

Zu einem ähnlichen Zankapfel wie die Zustorfer Straße könnte sich die Schaffung eines Sport- und Freizeit-Areals auf dem TSV-Gelände auswachsen. Ein Redner aus der Stockschützenabteilung des TSV machte der Diskussionsstand Sorgen. Er wies auf die immensen Eigenleistungen hin, die auch für die Beachvolleyball-Anlage und für den Biker-Park erbracht worden seien und die jetzt eventuell einer Mehrzweckhalle weichen sollten. Diese sei viel zu weit von den Parkplätzen entfernt und bei der vorgesehenen Platzierung sei bei gewissen Veranstaltungen der Ärger schon programmiert: "Um 2 Uhr nachts und bei zwei Promille haben die Leute schon komische Ideen." Bekanntlich hat auch der Marktgemeinderat mit der Planung so seine Probleme. Deshalb ist bei der ersten Auslegung auch nur das Trachtenheim eingezeichnet. Ranft sagte, so gewinne man Zeit zum Nachdenken.

© SZ vom 21.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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