Wartenberg:Null Prozent Nachahmungsgefahr

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Wartenberger Metzgerei darf im Gewerbegebiet Wohnraum für Mitarbeiter bauen

Von Wolfgang Schmidt, Wartenberg

Zuvorderst ist da eine Metzgerei, die im Gewerbegebiet eine Betriebsleiterwohnung plus zwei Appartements für Aufsichtspersonal bauen will. Dazu braucht man eine Ausnahmegenehmigung, die vom Hauptausschuss des Wartenberger Marktgemeinderats schon zwei Mal erteilt, postwendend vom Plenum aber wieder einkassiert wurde. Am Mittwochabend fand das Ping-Pong-Spielchen endlich ein Ende: Mit 11:5 Stimmen wurde der Metzgerei Stuhlberger die Ausnahmegenehmigung erteilt. Es war allerdings eine schwierige Geburt, die die Räte zu einigen geistigen Höhenflügen nötigte.

Was ist eine Empfehlung der Handwerkskammer wert? Nichts, sagte Paul Neumeier (FWG), im Aufhamer Gewerbegebiet Nachbar der Metzgerei und größter Kritiker deren Bauvorhabens. Für die jeweilige Berufsgruppe erstellten die Handwerkskammer-Experten "perfekte" Beurteilungen. Und so sei das auch bei dem Stuhlberger-Vorhaben. Dessen direkte Nachbarn aber müssten den Einzug von Wohnungen in ein reines Gewerbegebiet fürchten. 30 Jahre habe das Miteinander der Betriebe funktioniert und jetzt sei man daran, deren Zukunft aufs Spiel zu setzen. Bei dem Vorhaben handele es sich um einen "erheblichen Eingriff in unsere Struktur". Er werde dem Projekt nur zustimmen, wenn ihm die Gemeinde schriftlich zusichere, dass die Zukunft der Betriebe inklusive aller Erweiterungswünsche quasi für alle Ewigkeit garantiert werde. "Wir wollen in Frieden arbeiten", sagte Neumeier.

Öffnet diese Ausnahmegenehmigung Tür und Tor für alle Betriebe in allen Wartenberger Gewerbegebieten? Ja, sagte Michael Gruber von der SPD. Wenn er für das Projekt die Hand hebe, müsste er das auch bei den nächsten zehn Folgewünschen tun. Deswegen bleibe seine Hand unten. Einen möglichen Präzedenzfall sah auch sein Parteikollege Michael Paulini, der daraus aber andere Schlüsse zog. Vielleicht habe sich der Arbeitsmarkt inzwischen tatsächlich so gewandelt, dass man Mitarbeiter anders nicht gewinnen könne, so sinngemäß seine Argumentation. Deshalb sei der Stuhlberger-Antrag eine "Richtungsentscheidung". Zuvor hatte Peter Schickinger (FWG) visionär gar von einem "Wohnpark" aller Gewerbebetriebe gesprochen, der mit Unterstützung der Gemeinde entstehen könnte.

Die Realisten im Rat holten die Kollegen dann auf den Boden zurück. Markus Straßberger (CSU) verwies auf die Auflagen für die Ausnahmegenehmigung. Es dürften dort keine Angehörigen wohnen, nur die Leute, die direkt dort auch arbeiteten. Bürgermeister Manfred Ranft (FWG) ergänzte, das Wohnen sei dem Gewerbe eindeutig untergeordnet und direkt an das Arbeitsverhältnis gekoppelt. Christian Pröbst (CSU) rückte die Causa Stuhlberger zurecht. Weder er als Schlosser noch Neumeier als Steinmetz würden diese Ausnahmegenehmigung jemals bekommen, sondern eben nur ein Metzger. Den Anteil der Betriebe, die Stuhlberger nacheifern könnten und dürften, bezifferte Pröbst auf "null Prozent".

Und auch der Wartenberger Geschäftsleiter Maximilian Sertl konnte ein Scherflein zur Beruhigung Neumeiers beitragen. Dieser habe ja bereits eine schriftlich Garantie für den Fortbestand des Aufhamer Gewerbegebiets: den Bebauungsplan.

© SZ vom 15.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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