Wartenberg/Langenpreising:Warnung vor einer Ghettobildung

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Wartenberg will Langenpreisinger Flüchtlingspläne stoppen

Von Wolfgang Schmidt, Wartenberg/Langenpreising

Mit einer ungewöhnlichen Aktion versuchen die drei Bürgermeister des Marktes Wartenberg ihre Nachbarn in Langenpreising in letzter Minute doch noch von ihrem Vorhaben abzubringen, direkt am Kreisel eine Unterkunft für 100 Flüchtlinge zu schaffen. Manfred Ranft, Peter Schickinger und Christian Pröbst zeigen sich in einem offenen Brief "entsetzt" darüber, dass die Langenpreisinger versuchten, "eure Verpflichtung gegenüber Flüchtlingen an uns weiterzureichen". Am Dienstag berät der Langenpreisinger Gemeinderat über den Bauantrag des Investors Alois Angermaier, der auf dem Grundstück Holzhäuser für die Unterbringung von 100 Flüchtlingen schaffen will. In nichtöffentlicher Sitzung hatte der Langenpreisinger Gemeinderat das Projekt mit Mehrheit befürwortet. Auf dem Grundstück sollen zwei Einheiten mit Innenhof errichtet werden. Für die Dauer von zehn Jahren sollen dort dann Flüchtlinge einziehen.

Die Vorwürfe aus Wartenberg haben es in sich: "Wissentlich und absichtlich" würden die Flüchtlinge durch die vorgesehene Standortwahl auf einem Grundstück am äußersten Ortsrand jeder Integrationsmöglichkeit in Langenpreising beraubt. Die Wege zur Ortsmitte, zum Kindergarten und zur Schule seien viel zu weit. Das Argument, "ihr habt doch nun auch die Einkaufsmöglichkeit", nennen die drei Bürgermeister in ihrem Brief "eine brutale Retourkutsche" für die Niederlage in der Auseinandersetzung um die Ansiedelung des Edeka-Marktes. Dabei sei man in Wartenberg der Meinung gewesen, der Streit wäre beigelegt und es könnten wieder normale nachbarschaftliche Beziehungen gepflegt werden, so wie es gerade für Mitglieder einer Verwaltungsgemeinschaft (VG) wünschenswert sei. Wartenberg sei sehr wohl an einer guten Nachbarschaft interessiert und als Beleg dafür verweisen die drei Bürgermeister auf die Obdachlosenunterkunft, die der Markt freiwillig für die gesamte VG unterhalte. Und es sei ja mitnichten so, dass man kein Verständnis für die Langenpreisinger Nöte habe, die vom Landratsamt geforderte Unterbringung von Flüchtlingen zu erfüllen. Aber es gäbe im Nachbarort auch noch andere Grundstücke, die dafür geeignet wären - und zwar ortsnah und bereits erschlossen.

Die Lage, aber auch die "Größenordnung, die euch vorschwebt" - Langenpreising müsste nach der inoffiziellen Quote des Landratsamtes weniger als 50 Personen aufnehmen - werde unweigerlich zu einer "Ghettobildung" führen, prophezeien die Wartenberger Bürgermeister in ihrem Schreiben. Darüber hinaus werde das geplante Volumen zu einer "deutlichen Überforderung" des ehrenamtlich wirkenden Helferkreises führen, heißt es weiter.

Und zum Schluss des Schreibens wird noch einmal Tacheles geredet. Letztendlich, so heißt es da, bedeute das Vorhaben die "Bebauung des umstrittenen Areals über die Hintertür und die Begünstigung wirtschaftlicher Interessen auf dem Rücken von ehrenamtlich Engagierten".

Der Brief schließt mit der "eindringlichen Bitte", dem Vorhaben mit Rücksicht auf "unsere und eure Bevölkerung" und im Hinblick auf gut nachbarschaftliche Beziehungen nicht zuzustimmen.

© SZ vom 19.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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