Wartenberg:Ein wenig Druck

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Wieder ein Lichtblick für die Engelmann-Villa: Das Landratsamt gibt sich optimistisch, der Eigentümer schweigt. Und der Wartenberger Bürgermeister Manfred Ranft bringt eine völlig neue Variante ins Spiel

Von Wolfgang Schmidt, Wartenberg

Wer derzeit den Weg in die Wartenberger Eichenstraße zur sogenannten Engelmann-Villa findet, für den ist es schier unerträglich, in welchem Zustand sich das Kleinod befindet, das ein weltberühmter Jugendstilkünstler für einen großen Bildhauer entworfen hat. Klar ist: Die ehemalige Sommerresidenz des Bildhauers Richard Engelmann, die 1917 nach einer Skizze von Henry van de Velde fertiggestellt wurde, kann nie mehr den Charme von einst versprühen - zu dicht ist die Bebauung rundherum inzwischen geworden. Klar ist aber auch: Wenn nicht in Bälde etwas geschieht, dann ist es um das Ensemble geschehen - Denkmalschutz hin oder her. Doch jetzt scheint wieder einmal Bewegung in die leidige Angelegenheit zu kommen. Das Erdinger Landratsamt versprüht jedenfalls vorsichtigen Optimismus, der allerdings von Wartenbergs Bürgermeister Manfred Ranft nicht geteilt wird. Elmar Schönherr, der derzeitige Eigentümer der Engelmann-Villa, will sich zum aktuellen Stand der Dinge nicht äußern.

1948 hat Richard Engelmann in seinen Erinnerungen bedauert, er habe seinen Wartenberger Besitz nur sehr wenig nutzen können und ihn später "um ein Spottgeld samt Einrichtung" an einen Bauern verkauft. Besagtem Bauern gehört der Grund nicht mehr und der aktuelle Eigentümer streitet sich seit ungefähr drei Jahrzehnten mit den Behörden darum, wie das denkmalgeschützte Hauptgebäude und das daneben liegende Atelier herzurichten sind. Erschwert wird die Sache dadurch, dass die Sanierung für ein Spottgeld natürlich inzwischen nicht mehr zu haben ist. Allerdings - und darauf gründet sich der Optimismus des Erdinger Landratsamts, scheint ein dem Eigentümer angedrohtes Zwangsgeld eine heilsame Wirkung zu haben. Weil Schönherr eine "gewisse Kooperationsbereitschaft" gezeigt habe, habe das Landratsamt noch einmal von einer Vollstreckung abgesehen, sagt Pressesprecherin Christina Centner. Den Willen zur Zusammenarbeit sieht das Landratsamt dadurch bestätigt, dass der extrem starke Efeubewuchs am Ateliergebäude so schonend entfernt wurde, dass jetzt Sicherungen der maroden Dachkonstruktion eingebaut werden könnten. "Die Gefahr für Leib und Leben, die bis dato geherrscht hat, scheint damit etwas geringer geworden zu sein", heißt es aus dem Landratsamt. Darüber hinaus habe der Eigentümer das Erdinger Architekturbüro Heilmaier Anfang 2015 als Planfertiger "des zu erwartenden Bauantrags" beauftragt. Das seien doch erste Fortschritte, "wenn auch das Projekt natürlich insgesamt schwierig und langwierig ist", freut sich das Landratsamt.

Wartenbergs Bürgermeister Manfred Ranft kann und will diesen Optimismus nicht teilen, zu viele Absichtserklärungen und Ausflüchte habe er vom Eigentümer schon gehört - und das über Jahre hinweg. Sollte es am Geld fehlen oder "sonstwo haken", er würde an Schönherrs Stelle "alle Hebel in Bewegung setzen und jeden Monat woanders vorstellig" werden, um das denkmalgeschützte Haus zu retten. Aber "ohne Druck macht der gar nichts." Stattdessen breche der Eigentümer immer wieder Streit um Nichtigkeiten vom Zaun. Ranft erinnert sich an den Zwist um vollgestopfte Dachrinnen. "Was hat denn das bitte mit Denkmalschutz zu tun?", fragt er. Auch den Architekten-Wechsel vom Isener Büro Rieger, das vor einiger Zeit das Hauptgebäude überplant hatte, zum Büro Heilmaier hält er für unglücklich, ohne damit die Qualität der Erdinger in irgendeiner Weise schmälern oder infrage stellen zu wollen.

2018 wäre ein Datum, an dem der Markt Wartenberg mit einer frisch herausgeputzten Sommerresidenz und einem schmuck renovierten Atelier gut Staat machen könnte. In diesem Jahr hätte Engelmann seinen 150. Geburtstag gefeiert. Trotz des maroden Zustands sei dieses Ziel mit einem "bisschen guten Willen des Herrn Schönherr zu schaffen", davon ist Ranft überzeugt. Um dem auf die Sprünge zu helfen, war Ranft auch die Triebfeder dafür, in Wartenberg eine Straße nach Richard Engelmann zu benennen. Diesen Schritt verbucht der Bürgermeister unter der Rubrik "moralischer Druck".

Aber weil man mit der Moral allein niemanden zu etwas zwingen kann, bringt der Wartenberger Bürgermeister eine ganz neue Variante ins Spiel, die sich wie eine Aufforderung an den derzeitigen Eigentümer der Engelmann-Villa anhört. Dieser könne das Ensemble doch der Gemeinde anbieten, sagt Ranft. Er sei sich sicher, dass die dafür notwendigen Mehrheiten im Marktrat zustande kämen. Er selbst nennt sich "den größten Befürworter" eines solchen Schritts.

© SZ vom 06.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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