Wartenberg:Die "Energievision" steht auf der Kippe

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Wie Wartenberg werden sich wohl auch alle anderen Landkreiskommunen dem neuen Windkraftgesetz verweigern. Die Gesellschafter treffen sich im Mai oder Juni - dann fällt die Entscheidung, ob die GmbH noch Sinn macht

Von Wolfgang Schmidt, Wartenberg

Die Marktgemeinde Wartenberg hat sich am Mittwochabend quasi zur windkraftfreien Zone erklärt. Die Entscheidung des Gemeinderates fiel einstimmig und erging ohne jede Diskussion - die Wartenberger waren es leid, das Thema noch einmal näher zu beleuchten. Bürgermeister Manfred Ranft (FWG) hatte zuvor auf den gemeinsamen Teilflächennutzungsplan Wind verwiesen, der "kurz vor der Zielgeraden" durch die von CSU-Ministerpräsident Horst Seehofer propagierte 10H-Regelung gestoppt worden sei. Das neue Gesetz schreibt vor, das der Abstand vom Windrad zur Wohnbebauung das Zehnfache der Rotorhöhe betragen müsse.

Es gibt allerdings die Hintertür, dass dann ein geringerer Abstand zulässig ist, wenn Kommunen und Bürger dies unisono wünschten. Diesen Kunstgriff wollen die Wartenberger nicht mittragen. Ranft sagte, dass die gemeindliche Bauleitplanung nicht dazu da sei, "andere Dinge zu unterlaufen", erst recht nicht, wenn sie " zu Lasten der Bürger gehen".

Auf diese Haltung haben sich offenbar die Bürgermeister aller Kommunen verständigt, wie Hans Wiesmaier (CSU), der Sprecher der Bürgermeister im Landkreis, der SZ sagte. Um dies auch offiziell zu unterstreichen, läuft derzeit bei den Gemeinderäten eine Umfrage der Energievision Landkreis Erding (EVE), deren wichtigster Bestandteil in der Frage besteht, ob die jeweilige Gemeinde von der Möglichkeit zur Umsetzung von Windkraft Gebrauch machen wolle. Wiesmaier nennt das eine Meinungsbildung, die nicht unerheblich zur Klärung der Frage beitragen soll, ob und wie es mit der EVE weiter gehen soll.

Die Energievision Landkreis Erding wurde Mitte 2013 auf dem Höhepunkt der Energiewende-Euphorie gegründet mit dem erklärten Ziel, die Windkraft voranzutreiben. Gesellschafter sind die regionalen Energieversorger, der Landkreis und 25 Kommunen - nur Langenpreising hatte einen Beitritt verweigert. Das Stammkapital der Gesellschaft beläuft sich auf 54 600 Euro. Hinzu kommt die freie Kapitalrücklage, die insgesamt 580 782 Euro beträgt. Geschäftsführer sind Wolfgang Thomas als Vertreter des Landkreises, Stefan Munding als Vertreter der Energieversorger und eben der Fraunberger Bürgermeister Wiesmaier als Vertreter der Kommunen.

Das 10H-Gesetz besagt für den Schwachwindbereich Erding de facto, dass die im Teilflächennutzungsplan erfassten Standorte allesamt hinfällig sind. Um wirtschaftlich arbeiten zu können, müssten die Anlagen eine Höhe von 200 Metern haben. Aber das bedeutet für die EVE noch lange nicht, dass ihr deshalb die "Geschäftsgrundlage" entzogen worden sei. In dem derzeit kursierenden Schreiben heißt es, selbstverständlich seien alle Windkraftanlagen, die die entsprechenden Abstände erfüllten, weiterhin privilegiert und dürften deshalb errichtet werden. Man könne daher weiterhin geeignete Standorte vorbereiten und entwickeln, insbesondere dann, wenn die Gemeinden bereit seien, Anlagen auf ihrem Hoheitsgebiet zu entwickeln. Das wird also nicht der Fall sein - und damit steht die EVE stark auf der Kippe.

Die Gesellschafter werden sich im Mai oder Juni treffen und dann überlegen, ob die EVE noch Sinn macht. Man solle aber nichts übers Knie brechen und schon das Ende der Energiewende ausrufen, sagt Wiesmaier. Ihn ärgern Vorwürfe, die Gründung der EVE sei nichts als "rausgeschmissenes Geld" gewesen. Kein Cent sei umsonst ausgegeben worden, sagt er. Schließlich sei die erfolgte Datenerhebung eine gute Grundlage für alle Projekte, die in der Zukunft noch kommen werden. Die Kapitalrücklage sei ungeschmälert vorhanden und das Geschäftsführergehalt orientiere sich eher an den Ausgaben für eine Reinigungskraft. Und schließlich könne noch niemand sagen, wie die Klage von SPD, Grünen und Freien Wählern gegen die 10H-Regelung vor dem Bayerischen Verfassungsgericht ausgehe.

Trotz allem Optimismus, den Wiesmaier nach wie vor verbreiten will, kommt aber auch er nicht an der Feststellung vorbei: "Der Wind ist raus."

© SZ vom 06.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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