Wartenberg:Aus für Heimvolksschule

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Die private Heimvolksschule ist nur ein Teil des Josefsheims in Wartenberg. Träger ist die Stiftung Seraphisches Liebeswerk (SLW) Altötting. (Foto: Renate Schmidt)

Trotz intensiver Werbung haben sich zu wenig Schüler für die Ganztagesintensivklassen angemeldet

Von Gerhard Wilhelm, Wartenberg

Die Heimvolksschule im Josefsheim Wartenberg steht vor dem Aus. Es wird sie nur noch im kommenden Schuljahr geben. Das bestätigte auf Nachfrage das Landratsamt Erding und der Träger der Schule, die Stiftung Seraphisches Liebeswerk (SLW) Altötting. Für das kommenden Schuljahr könne keine fünfte und sechste Klasse gebildet werden. Auch die Ganztagesintensivklasse (GiK) der Jahrgangsstufen 7 bis 9 ist betroffen. Schüler der aktuellen 8. Klasse sollen noch ganz normal im kommenden Schuljahr an der Heimvolksschule die abschließende 9. Klasse besuchen und dort Ihren Abschluss machen können. Bezüglich der aktuellen 7. Klasse ist geplant, dass diese Schüler im kommenden Schuljahr in der Heimvolksschule die 8. Klasse besuchen können, aber danach - als eigene Klasse - in der Marie-Pettenbeck-Schule in Wartenberg den Schulabschluss machen. Die Sechst-Klässler seien jedoch zu wenig, um diese bei einem Schulwechsel als Klasse beisammen zu lassen, so das Landratsamt.

"Trotz intensiver Werbung und der Öffnung der Schule für Mädchen zeichnet sich ab, dass zum neuen Schuljahr die Ganztagesintensivklasse nur mehr von vier Schülern, verstärkt durch maximal zwei Neuzugänge, besucht werden würde, und damit von Seiten des Schulamts Erding als nicht mehr förderfähig eingeschätzt wird", schreibt Johannes Erbertseder, Geschäftsführender Vorstand der Stiftung. Ausgelegt ist die Klasse auf zehn Schüler. Die Jugendlichen, die in der Regel als "nicht mehr beschulbar" gelten, werden in der GiK von einem Klassenlehrer unterrichtet, individuell durch eine Sonderpädagogin des Sonderpädagogischen Förderzentrums Erding stundenweise im Unterricht begleitet, sozialpädagogisch durch eine Fachkraft des Jugendamts Erding betreut sowie durch einen Arbeitspädagogen der Stiftung auf den Übergang in das Berufsleben vorbereitet.

Mitursache für das Aus dürfte sein, wie Landrat Martin Bayerstorfer und Wartenbergs Bürgermeister Manfred Ranft vermuten, dass die private Schule mit ihrer Ganztagesintensivklasse vor zwei Jahren in die Schlagzeilen geraten war. 2014 waren Vorwürfe der Beleidigung, der körperlichen Misshandlung und der unerlaubten Medikamentenverabreichung durch das Personal an Schülern aufgetaucht. Staatsanwaltschaft und Regierung von Oberbayern hatten diese allerdings nach Prüfung als "unbegründet" angesehen.

Die Stiftung Seraphisches Liebeswerk sieht aber auch eine Prognose der Regierung von Oberbayern und des Schulamts Erding bestätigt. Diese hätten dem Leitungsgremium im Josefsheim Wartenberg sowie dem Stiftungsvorstand den rückläufigen Bedarf für die private Regelschule sowie für das schulpädagogische Kooperationsangebot des Landkreises Erding und der Stiftung prognostiziert und eine Schließung von Klassen voraus gesagt. Der Schülermangel an Mittelschulen mache sich auch bei der GiK nun bemerkbar.

Für die Schüler der GiK bedeutet das Aus, dass sie, wenn sie und ihre Eltern dies wünschen, im nächsten Schuljahr die Klassen 8 und 9 an der privaten Heimvolksschule im Josefsheim Wartenberg besuchen. Am Nachmittag sollen diese Schüler intensiv sozialpädagogisch im Rahmen der sozialpädagogischen Hortgruppen betreut werden. "Zudem zeichnet sich in Gesprächen mit dem Jugendamt Erding ab, dass weitere pädagogische Zusatzleistungen für individuelle Förderung generiert werden können", teilt Erbertseder mit. Perspektiven würden auch für die Fachkräfte der Ganztagesintensivklasse erarbeitet: die Regierung von Oberbayern sowie das Schulamt Erding planten laut dem Geschäftsführenden Vorstand derzeit den anderweitigen Einsatz der Lehrer in der Region, ebenso verfahre das Jugendamt Erding für ihre Fachkraft. Die angestellte Fachkraft der Stiftung SLW Altötting könne ab dem neuen Schuljahr im Bereich der stationären Jugendhilfe im Josefsheim Wartenberg übernommen werden, so dass die Stiftung keine Kündigung vornehmen muss.

"Die Verantwortlichen in der Stiftung sowie im Josefsheim schmerzt die aktuelle Entwicklung rund um die Heimvolksschule am Standort in Wartenberg mit angeschlossener Ganztagesintensivklasse sehr. Alle Beteiligten sind sich einig, dass gerade Kinder und Jugendliche, die schon zahlreiche Misserfolge in ihrer Schulkarriere bis hin zum Ausschluss an einer Regelschule erfahren haben, Perspektiven benötigen, die ihnen echte Zukunftschancen eröffnen - auch wenn diese aufwendig und kostenintensiv sind", schreibt Stiftungsvorstand Erbertseder.

Die private Heimvolksschule ist Teil des Josefsheims, eine sozial- und heilpädagogische Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung mit einer offenen Ganztagsschule, einem Hort, einem Hort Plus sowie sozial- und heilpädagogischen Wohngruppen, die aber nicht betroffen sind.

"Die GiK war eine sehr erfolgreiche überregionale Einrichtung, wie wir auch an Fällen aus Wartenberg gesehen haben. Ich hoffe, diese Einrichtung wird es in dieser Form weiter geben, wenn auch nicht vielleicht bei uns", sagt Bürgermeister Ranft.

© SZ vom 16.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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