Vivono:Insolvenz stoppt Ortskernpläne

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Die Wohnungsgenossenschaft, die das Schloss Ottenhofen gekauft hat, ist pleite. Bürgermeisterin Nicole Schley weist Vorwürfe, die Gemeinde sei daran mit schuld, entschieden zurück

Von Gerhard Wilhelm, Ottenhofen

Im November 2017 war die Welt noch in Ordnung, als Bürgermeisterin Nicole Schley (SPD) mitteilen konnte, dass sich für das Schloss Ottenhofen ein Käufer gefunden habe - für einen Kaufpreis "im siebenstelligen Bereich". Der neuer Eigentümer, die Vivono Wohnungsgenossenschaft aus Miesbach, wollte das Gebäude sanieren und dort Wohnungen errichten. Ganz im Sinne der Gemeinde Ottenhofen. Doch jetzt ist die Wohnungsgenossenschaft insolvent gegangen und gibt unter anderem der Gemeinde die Schuld daran. Bürgermeisterin Schley weist dies entschieden zurück: "Wir haben uns an alle Vereinbarungen gehalten und wollen sie auch weiter erfüllen. Aber wir können nicht einer Planung zustimmen, die rechtswidrig ist." Es geht um Abstandsgrenzen für einen Neubau, der als Ersatz für den Teil kommen soll, der am Schloss abgerissen werden soll. "Im Endeffekt geht es um 1,5 Meter", sagt Schley.

Auch noch im Mai vor einem Jahr war alles okay. Die Gemeinde Ottenhofen hatte die Überplanung des Schlossgeländes auf der Tagesordnung. Eine beauftragte Planerin stellte in paar Alternativen vor, wie man den denkmalgeschützten Bestand und den Neubau zusammen einbinden könnte. "Uns war wichtig, den Platzcharakter auf jeden Fall zu erhalten und städtebaulich eine attraktive Lösung für die Ortsmitte zu erhalten", sagt die Bürgermeisterin. Ein dreistöckiges Gebäude als Ersatz für den Bestand, der weggerissen werden darf, wurde ausgeschlossen.

Die ersten Pläne, die der Architekt der Wohnungsbaugenossenschaft vorgelegt habe, habe aber die Abstandsgrenzen von drei Meter nicht eingehalten, sagt Schley. "Im ersten Entwurf waren es nur 1,5, im zweiten sogar nur ein Meter Abstand." Schley sagt, dass man zugesagt habe, eine gute und vernünftige Lösung zusammen zu finden - nicht aber eine, die die gesetzlichen Abstandsgrenzen verletzt. "Es kann nicht nur um maximalen Profit gehen, wenn ich auch die Nöte der Vivono verstehe. Aber es ist auf beiden Seiten Flexibilität gefragt", sagt Schley. Man müsse nur beim Neubau auf 1,5 Meter verzichten. Warum das eine teure Neuplanung auslöse, verstehe sie nicht. Die Vivono-Insolvenz habe dann auch Ottenhofen völlig überrascht.

Während Sven Meier, einer der Geschäftsführer der Wohnungsbaugesellschaft, vor allem den Kauf des Schlosses Ottenhofen und angebliche nicht erfüllte Zusagen der Bürgermeisterin als Grund für die Insolvenz verantwortlich macht, differenziert Birgit Breiter, die am 21. Januar zur Insolvenzverwalterin bestellt wurde. Die gescheiterte Umsetzung des Projekts sei nur ein Teil der Probleme von Vivono. Ihre größte Sorge sei jetzt, dass die Mitglieder der Wohnungsbaugenossenschaft nicht nur wegen der Verbindlichkeiten ihre geleisteten Einlagen vollständig oder zu einem großen Teil verlieren, sondern auch noch an den angehäuften Schulden beteiligt werden. Viele der Genossen seien eher Kleinanleger und würden so ihre Ersparnisse fürs Alter verlieren. Um den Schuldenberg abzubauen, würde sie am liebsten den Kauf des Schlosses Ottenhofen rückgängig machen oder zumindest einen neuen Käufer finden. Dazu würde man aber einen gültigen Bebauungsplan benötigen, um Rechtssicherheit zu haben.

Nicole Schley verspricht zu helfen, wo die Gemeinde helfen kann. Man habe sogar auch den Rückkauf in Erwägung gezogen, aber dann sei man wieder an dem alten Punkt: eine Sanierung des leer stehenden Gebäudes im Ortskern sei für die Gemeinde ausgeschlossen, "einfach zu teuer, nicht wirtschaftlich, trotz in Aussicht gestellter Zuschüsse". Aber man sei dringlich darin interessiert, den Ortskern wieder vorzeigbar zu gestalten. Deshalb werde man sich gerne an der Käufersuche beteiligen.

© SZ vom 03.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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