Überstunden und Überalterung:Knochenjob im Schichtbetrieb

Lesezeit: 2 min

Bei der Polizeiinspektion Dorfen beklagt man akuten Personalmangel. Der Personalschlüssel ist seit zwanzig Jahren nicht mehr geändert worden.

Thomas Daller

Die Polizeiinspektion Dorfen kann den Schichtdienst nur noch mit Müh' und Not und jeder Menge Überstunden gewährleisten, für die es kaum Freizeitausgleich gibt. Oft steht nur eine einzige Streifenbesatzung für den 380 Quadratkilometer großen Dienstbereich zur Verfügung. Der Personalschlüssel für die Inspektion wurde vor 20 Jahren erstellt. Seither sind große Aufgabenbereiche wie die Zuständigkeit für Deutschlands größte Frauenforensik in Taufkirchen hinzugekommen. Bei einem Besuch von Max Stadler (FDP), Staatssekretär im Justizministerium, sagte Inspektionsleiter Ulrich Milius, zusätzliche Planstellen würden die Arbeit der Dorfener Polizei erleichtern, auch im Hinblick darauf, dass durch den Bau der A 94 in Zukunft noch mit weiteren Aufgaben zu rechnen sei. Zusammen mit dem FDP-Kreisvorsitzenden Rupert Lanzinger, Kreisrat Peter Utz und Daniel Röder, dem Ortsvorsitzenden Dorfen-Taufkirchen, besuchte Stadler am Montag die Dorfener Polizeiinspektion, um sich ein Bild von der Polizeiarbeit im Osten des Landkreises zu machen. Inspektionsleiter Ulrich Milius nannte als Aufgabenschwerpunkte den übermäßigen Alkoholkonsum von Jugendlichen, Vandalismus, Drogenkonsum und eine zunehmende Zahl von Diebstählen. Zwar sei die Zahl der Delikte pro Kopf geringer als in den Ballungsräumen und die Aufklärungsquote von 68 Prozent zeuge von der Motivation der Beamten, aber dennoch sei die Personaldecke zu kurz geworden. Milius erläuterte, der Personalschlüssel mit aktuell 34 Stellen sei vor 20 Jahren evaluiert worden, als weder der hohe Zuzug im Landkreis Erding noch die Taufkirchener Frauenforensik dabei eine Rolle gespielt hätten. Durch den Zuzug habe sich die Bevölkerungsstruktur stark gewandelt; der Anteil der bis zu 25-Jährigen sei der höchste in ganz Bayern. Damit verbunden seien auch jugendtypische Delikte wie Drogenkonsum oder Vandalismus. Die Polizei würde in diesen Bereichen gerne mit mehr Präventionsarbeit gegensteuern. Da aber der Jugendbeamte gleichzeitig für die Betäubungsmitteldelikte zuständig sei, komme die Prävention zwangsläufig zu kurz. Auch die Taufkirchener Frauenforensik, die im Maßregelvollzug mit 150 Plätzen voll belegt und damit Deutschlands größte Frauenforensik sei, bereite der Polizeiinspektion zusätzliche Arbeit, die im Stellenplan unberücksichtigt geblieben sei. So müsse jede Hafterleichterung von der Polizei begutachtet werden, und "zu Gerichtsverhandlungen müssen wir die Damen bis nach Kempten oder Ansbach transportieren", sagte Milius. Er erläuterte zudem, dass gerade in kleinen Inspektionen viele Beamte heimatnah Dienst täten und die Fluktuation gering sei. Das habe Vorteile, führe aber auch dazu, dass der Altersdurchschnitt steige und somit nicht mehr so viele schichtdienstfähige Beamte zur Verfügung stünden. "Ein 50-Jähriger tut sich um drei Uhr morgens nun mal schwerer als ein 30-Jähriger", sagte Milius. Hinzu komme, dass auch die Überstundenbelastung mit durchschnittlich 65 bis 70 Stunden sehr hoch liege und mangels Personal kaum abgefeiert werden könne. "Ich weiß, wir sind hier nicht bei ,Wünsch Dir was', denn das muss auch finanziert werden", sagte der Inspektionsleiter. Aber er wünsche sich dennoch, dass Dorfen zu einer "PI 35" aufgestockt werde. Nicht zuletzt wäre das auch fair gegenüber jenen Kollegen, die schon lange im Beförderungsstau stecken würden, weil im derzeitigen Personalschlüssel zu wenige Stellen im gehobenen Dienst vorgesehen seien.

© SZ vom 11.01.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: