Theater:Schorsch und Ella

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Theater- und Romanautor Leonhard M. Seidl, 1949 in München geboren, lebt seit Jahrzehnten in Isen. (Foto: Renate Schmidt)

Ein Monolog von Leonhard M. Seidl kommt mit einem Stück von Herbert Achternbusch zur Aufführung

Von Florian Tempel, Isen/Eching

18 Jahre ist es her, dass Leonhard M. Seidls Theaterstück "Schorsch oder bis zur letzten Sau" erstmals auf die Bühne kam. Ist das schon lange her oder ist es noch ein zeitgenössische Stück? Eigentlich gibt es keine Halbwertzeit für dramatische Werke, was einige sehr alte griechischen Tragödien beweisen. Und vielleicht wird ja auch Seidls "Schorsch" zum Klassiker. Vor zwei Wochen gab es am Landestheater in Landshut eine einstündige szenische Lesung einer gekürzten Fassung, das Landestheater Bregenz hat kürzlich starkes Interesse bekunden und die Theaterwerkstatt Eching zeigt das Stück im Doppelpack mit Herbert Achternbuschs Theater-Erstling "Ella". Am Donnerstag ist Premiere im Bürgerhaus Eching, Regie führt Sigrid Hollik.

Um was geht es? Schorsch ist ein Mann im besten Alter. Doch es geht ihm gar nicht gut, seit ein Lastwagen in ihn "neigfahrn" ist. Als in seinem Heimatort Glasberg ein Asylbewerberheim eingerichtet werden soll, ist das natürlich Thema in der Wirtschaft. Die Parole heißt schnell: "Keine Kanacken nach Glasberg! Kampf bis zur letzten Sau!". Schorsch wird zum gedungenen Täter, macht die Drecksarbeit.

Leonhard M. Seidl hat in seinem 1997 verfassten Stück ein reales Ereignis aufgegriffen. Im brandenburgischen Dolgenbrodt, südöstlich von Berlin, war 1992 ein Flüchtlingsheim durch Brandstiftung vollständig zerstört worden. Erst fünf Jahre später wurden die Täter gefasst und es kam heraus, dass Bürger des Ortes Geld gestiftet hatten, um sie anzuheuern.

Als Seidls Monolog 1999 in München uraufgeführt wurde, beschimpften manche Zuschauer am Ende den Autor als Heimatbeschmutzer. Wenige Monate später wurde Seidl für "Schorsch" mit dem Volkstheaterpreis des Landes Baden-Württemberg ausgezeichnet. Dass sein Stück nun in Eching gezeigt wird, hat ihn "angenehm überrascht", erst recht, da es mit einem Werk von Herbert Achternbusch auf die Bühne kommt.

Auch "Ella" hat es in sich: Ella lebt mit ihrem Sohn in einem Hühnerstall und erzählt von ihrem Leben: Die Geschichte einer Gefangenschaft, in der Familie, im Gefängnis, in der Psychiatrie - die Geschichte einer systematischen Vernichtung durch die Gesellschaft.

Premiere im Bürgerhaus Eching am Donnerstag, 11. Mai. Weitere Aufführungen am 13., 18. und 19. Mai, jeweils um 20 Uhr.

© SZ vom 11.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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