Theater:Irre Geschichte

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Wer ist hier eigentlich verrückt? Drei Physiker sitzen in einer Nervenheilanstalt, in der seltsame Dinge passieren. (Foto: Kunstfalle/oh)

Das Laienensemble "Kunstfalle" hat für ihre diesjährige Theateraufführung in Dorfen wieder einen Klassiker einstudiert: "Die Physiker" von Friedrich Dürrenmatt

Von Mathias Weber

Die Kunstfalle bleibt sich treu: Auch in diesem Spätherbst wird die Laienspielgruppe aus dem östlichen Landkreis wieder einen Klassiker auf die Bühne bringen. Im vergangenen Jahr war es die Tragödie "Hexenjagd" von Arthur Miller, das das Ensemble im Jakobmayer aufgeführt hatte. In den Jahren zuvor wurde der "Jedermann" auf die Bühne gebracht, davor der "Theatermacher" von Thomas Bernhard und 2010 "Tannöd".

Jetzt also wieder ein Klassiker, mit dem die meisten Erdinger zumindest schon einmal in der Schule Kontakt gehabt haben dürften: "Die Physiker" von Friedrich Dürrenmatt wird aufgeführt - ein zeitloses Stück.

Seit einem halben Jahr treffen sich die Mitglieder der Kunstfalle in der Grundschule am Mühlenanger in Dorfen und proben das Stück, das der Schweizer Schriftsteller Dürrenmatt im Jahr 1961 verfasste und zu den meistgespielten Stücken im deutschen Sprachraum zählt. Auch 53 Jahre nach seiner Uraufführung ist das Stück so aktuell wie nie.

Alles dreht sich um die drei titelgebenden Physiker: Sie leben als Patienten in einer privaten psychiatrischen Klinik. Alle drei machen in höchst auffälliger Weise die Irrenanstalt unsicher und schrecken offenbar selbst vor Mord nicht zurück. Die renommierte Chefärztin ist ratlos. Keine medizinisch sichere Diagnose kann das Verhalten der drei verrückten Wissenschaftler erklären. Die Handlungen und Dialoge der drei Physiker und ihrer Ärztin stehen als Symbol für die zu Beginn der 60er Jahre angespannte internationale Weltlage sowie für den Einfluss der Wissenschaft auf globale Konflikte. Zentrale Frage ist der Anteil und die Verantwortung aller Wissenschaftler für den Fortbestand der menschlichen Zivilisation. Am Ende läuft alles auf die traurige Erkenntnis hinaus: "Nur im Irrenhaus sind wir noch frei. Nur im Irrenhaus dürfen wir noch denken. In der Freiheit sind unsere Gedanken Sprengstoff." Denn die Menschheit besäßen das Wissen und die Mittel, sich selbst auszulöschen, sagt Gerhard Adams, der als Vorstand des Theatervereins das Stück inszeniert. "Das ist der thematische Reiz dieser Komödie, den wir mit unkonventionellen Ideen und gezielten Brüchen umsetzen wollen - gerade in Form einer Komödie." Komödien hat der Verein schon immer gerne gespielt. Bereits seit 1985 existiert er, und jahrelang haben die Mitglieder ihre Stücke in Gasthäusern im Landkreis auf die Bühne gebracht. "Minghartinger Bühne" hatten sie sich damals genannt, nach dem fiktiver Dorf in einem Stück von Ludwig Thoma.

In den vergangenen Jahren hat sich der Verein professionalisiert, aber die unkonventionelle Herangehensweise haben die Mitglieder nicht abgelegt. So auch bei den Physikern dieses Jahr: Wieder sollen Licht und Ton zum Beispiel ein wichtiges Element bilden. Die Zuschauer sollen durch stimmungsvolle visuelle und akustische Reize - "diesmal buchstäblich", wie es heißt - in der Zwangsjacke gefesselt werden. Und auch beim Marketing geht man unkonventionelle Wege: Die Kunstfalle hat für die diesjährige Aufführung extra einen Trailer angefertigt. Wer sich schon einmal in eine "irre" Stimmung begeben will, dem sei der kurze Film empfohlen; zu sehen ist er auf dem Youtube-Kanal der Kunstfalle.

Zweimal werden "Die Physiker" im Jakobmayer aufgeführt: Am Freitag, 4. Dezember, und am Samstag, 5. Dezember. Karten samt fester Platzreservierung sind im Vorverkauf erhältlich für 17 Euro (zzgl. Vorverkaufsgebühr) beim Ticket-Treff Dorfen (08081/1393) sowie unter www.jakobmayer.de oder www.kunstfalle-ev.de.

© SZ vom 19.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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