Taufkirchen:Pflegeheime als Notstandsgebiet

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Aus der Villa Moosen mussten bereits Patienten zwangsweise verlegt werdenDer Grund: akuter Mangel an Fachpersonal.

Florian Tempel

Im privaten Pflegeheim Villa Moosen im Taufkirchener Ortsteil Moosen ist es spätestens Ende September zu einem akuten Pflegenotstand gekommen. Nach Informationen der SZ mussten kurzfristig mehrere schwerstpflegebedürftige Bewohner des Hauses, die zum Teil künstlich beatmet werden mussten, in andere Pflegeheime verlegt werden, da nicht mehr ausreichend ausgebildetes Personal in der Villa Moosen zur Verfügung stand.

Personalnotstand in der Altenpflege - in Taufkirchen ist  Villa Moosen betroffen. (Archiv) (Foto: AP)

Das Landratsamt Erding bestätigte den akuten Fachkräftemangel in dem privaten Pflegeheim. Die Heimaufsicht habe aber "nicht explizit die Verlegung von Patienten in andere Heime gefordert", sondern nur die Einhaltung des vorgeschriebenen Personalschlüssels, der festlegt, wie viele Fachkräfte pro Bewohner in einem Heim arbeiten müssen, hieß es auf Nachfrage.

Der Personalschlüssel werde seit dem 1. Oktober wieder eingehalten. "Mängel in der Pflegeleistung wurden von der Heimnachschau nicht festgestellt", schreibt das Landratsamt weiter, "eine Einschränkung in der Betreuung von Heimbewohnern der Pflegestufe III (höchste Pflegestufe) liegt nicht vor". Die Heimaufsicht sei allerdings "weiterhin in intensivem Kontakt mit der Einrichtung und auch regelmäßig vor Ort". Von der Leitung der Villa Moosen, die normalerweise insgesamt 60 Pflegeplätze anbietet, war keine Stellungnahme zu erhalten. Auf der Internetseite des Pflegeheims werden aktuell Fachpflegekräfte gesucht und mit "überdurchschnittlicher Bezahlung" gelockt.

Fluktuation beim Personal und ein zunehmender allgemeiner Mangel an examinierten Fachpflegern im gesamten Großraum München machen auch anderen Pflegeunternehmen im Landkreis zu schaffen. Ein anderes Beispiel aus jüngster Zeit betraf den ambulanten Pflegedienst von Jürgen vom Hofe in Taufkirchen.

Ein Altenpflegeschüler, der in dem Betrieb die praktische Ausbildung begonnen hatte, musste in eine andere Einrichtung wechseln. Vom Hofe sagte, dass examinierte Fachkräfte bei ihm gekündigt hätten. Eine fachkundige praktische Ausbildung des jungen Mannes war deshalb nicht mehr gegeben.

Für alle Pflegeheime und ambulanten Dienste wird es zunehmend schwieriger, examiniertes Personal zu bekommen. Fachkräfte werden aber nicht nur gesucht, um den vorgeschriebenen Personalsschlüssel einhalten zu können, sondern auch um die Mindestquote von 50:50 zwischen Fachpflegern und Pflegehelfern zu erfüllen. "Der Markt ist leergefegt", bestätigt Vesna Misevska, die stellvertretende Leiterin des Heiliggeist-Stifts Erding.

Während es noch vor wenigen Jahren immer auch Initiativbewerbungen von Altenpflegern gegeben habe, "bewirbt sich von sich aus derzeit überhaupt niemand mehr". Selbst Leasingfirmen, die bei kurzzeitigen Engpässen mit Leihpersonal aushelfen, "können kaum noch jemanden schicken".

Rudolf Staas, Leiter des Marienstifts in Dorfen, hat zwar kein Problem mit ausreichend und genügend qualifizierten Personal in seinem Haus. Doch auch er sagt, dass sich die Lage zuspitzen werde. Es sei ein fataler Fehler der bayerischen Staatsregierung, den Schulgeldzuschuss für Altenpflegeschüler reduziert zu haben, statt im Gegenteil Anreize für einen dringend benötigten und krisensicheren Beruf zu schaffen. Staas baut in seiner Einrichtung vor. Er hat ein halbes Dutzend Pflegehelfer davon überzeugt, sich zu Fachkräften ausbilden zu lassen - bei voller Gehaltsfortzahlung.

© SZ vom 06.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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