SZ-Serie: Vergangene Pracht:Konzentrierte bayerische Geschichte

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In Wasentegernbach stand eines der frühesten Klöster des Landes. Später residierten hier Adlige in einem prächtigen Schloss. Einer wollte lutherisch leben - sein Sohn verkaufte alles an ein katholisches Stift

Von Tahir Chaudhry, Dorfen

Dort, wo einst der Adel residierte, nächtigen heute Menschen, die ganz und gar non-royalen Aktivitäten nachgehen. Eine Burg, die im Mittelalter auf diesem Grund stand, wich später dem Schloss Wasentegernbach, dessen Reste heute ein dreistöckiges Wohn- und Gästehaus sind, das vorwiegend Monteuren Platz bietet.

Laut den vom Historischen Kreis Dorfen angestellten Nachforschungen wird Wasentegernbach schon in den ältesten Freisinger Urkunden genannt. Offenbar ist bereits in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts dort eine zum Freisinger Bischofskloster gehörende Filiale errichtet worden. Somit hat das Kloster Wasentegernbach zu den ältesten Klöstern in Bayern gezählt. Zum Klosterbesitz gehörten wahrscheinlich alte Höfe und Felder, uralte Äcker im Isengäu, die schon in keltischer Zeit urbar waren. In einer Urkunde werden ein Abt, sechs Benediktinermönchen und sechs Fratres aufgezählt. Der Besitz des Klosters soll 700 Tagwerk umfasst haben. Dann aber hört man nichts mehr. Die Abtei wurde vermutlich im Zusammenhang mit den Ungarneinfällen in der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts aufgegeben.

Erst 1104 taucht der Ort in einer Urkunde als Sitz der Edlen von Tegernbach wieder auf. Besonders erwähnenswert sind Wolfher von Tegernbach und seine Gattin Hemma von Vohburg, die das Kloster Raitenhaslach bei Burghausen stifteten. Nach mehreren Besitzerwechseln zog 1392 auf Wasentegernbach die Familie der Laiminger ein. Das einflussreiche Adelsgeschlecht hauste dort fast zweihundert Jahre und baute das Schloss prächtig aus - mit fünf Kuppeln und einer Schlosskapelle.

Der Kupferstich von Michael Wening zeigt eine prächtige Anlage: Ein tolles Schloss, vier Stockwerke hoch mit reichlich Türmen und Türmchen. (Foto: Repro: Landesamt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung)

Achatz Laiminger war ein Anhänger Martin Luthers. Als das Erbe zu ihm überging, führte er in Wasentegernbach den reformierten Glauben ein. Ein gewagtes Unterfangen. Er wurde festgenommen, weil man ihm eine Adelsverschwörung gegen Herzog Albrecht vorwarf. Erst nach öffentlicher Abbitte ließ man ihn frei und die Hofmark wurde wieder katholisch. Nach dem Tod von Achatz übernahm 1568 sein Sohn Aham, der den ganzen Besitz samt Land und Leute an den Fürstprobst von Berchtesgaden verkaufte.

Der gewaltige vierstöckige, von der Isen umflossene Schlossbau, der noch auf Michael Wenings Kupferstich so imposant zu sehen ist, war von nun an kein eigener Adelssitz mehr, sondern unter der Verwaltung des Berchtesgadener Fürststifts. Im schönen Schloss residierten in den kommenden 300 Jahre nur so genannte Pflegebeamten. Im Zuge der Säkularisation ging der gesamte Besitz schließlich an den Staat. Die Türme und die Schlosskapelle wurden zertrümmert und zusammen mit dem Grund an die örtlichen Bauern verkaufet. Das umgebaute Schlossgebäude gelangte Anfang des 19. Jahrhunderts in den Besitz von Familie Mayer, die dort seitdem wohnt.

Von außen betrachtet, glaubt man es kaum: Doch das ist nicht einfach ein großes Wohnhaus, sondern das Hauptgebäude des ehemaligen Schlosses. (Foto: Renate Schmidt)

"Bis auf die Türmchen ist das gesamte Gebäude von damals noch erhalten geblieben", sagt der Dorfener Heimatforscher Franz Streibl. Kennzeichnend für das ehemalige Schloss seien die robusten Schlossmauern: etwa 1,50 Meter dick sollen sie sein. Heute hat der Bau aber nur noch drei Geschosse und ein einfaches Satteldach. Das Schloss wirkt heute wie eine großes altes Wohnhaus. Es ist in Privatbesitz und ist gleichzeitig das Gästehaus "Zum Schloss". Das ehemalige Schlossgebäude hat auch heute noch etwas geheimnisvolles, weiß Streibl: "Man hat im Nachhinein ein Kellergewölbe entdeckt. Darüber kursieren heute noch Geistergeschichten.

© SZ vom 05.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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