Stadtarchiv Freising:Humorvoller Werbegruß

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100 Jahre alte Postkarte des Jägerwirts wird Exponat des Monats

Wenn die Temperaturen im Frühling steigen, beginnt an vielen Orten in Bayern die Biergartensaison. Dabei werben viele Gaststätten mit Blasmusik oder Maibaum-Aufstellen, um Gäste anzulocken. Mit dem Archivstück des Monats zeigt das Stadtarchiv diesmal eine andere, nicht weniger kreative Möglichkeit, wie man für seine Wirtschaft Werbung machen kann. Der Freisinger "Jägerwirt" setzte zu Beginn des 20. Jahrhunderts Werbepostkarten ein, um auf sich aufmerksam zu machen.

Die Bildseite der 1910 gelaufenen Postkarte zeigt einen freundlich dreinblickenden, volkstümlich gekleideten Mann, der Zigarre rauchend in einen prunkvoll verzierten Bierkrug blickt. Dabei sitzt er aufgestützt an einem hölzernen Bierfass, auf dem sich zum einen der Schlegel für den Zapfhahn und zum anderen ein Radi befindet. Somit stellt er das klischeehafte Bild eines bayerischen Wirtshausbesuchers dar. Zudem ist das Bild mit dem humoristischen Sinnspruch "Auf Erden wärs nur halb so schön Müsst durstig Du zu Bette gehen" unterschrieben, wodurch diese karikierte Überzeichnung noch einmal verstärkt wird.

Neben der witzigen Art und Weise, Bekannten oder Verwandten eine Nachricht zukommen zulassen, hatte die Postkarte noch eine zweite Aufgabe, wie Florian Notter, Leiter des Stadtarchivs erklärt: Sie diente Wirtschaft als Werbeträger. Dies wird deutlich, betrachtet man die Textseite der Postkarte, die für die Nachricht des Absenders und die Adresse des Empfängers vorgesehen war. Dort ist zu lesen: "Gasthaus "Jägerwirt" Freising b. München Restaurateur: Josef Nagerl. Ff. Freisinger Weißbier, sowie 1a. Dunkles aus der Brauerei Seiderer & Eichner. Reine Weine. Vorzügliche Küche. Schattiger Garten mit Kegelbahn. Gute Fremdenzimmer. Civile Preise."

Die Verwendung als Werbeträger geht laut Notter auf die frühe Zeit der Postkarten in den 1870er Jahren zurück. Besonders Hotelbetriebe und Restaurants in Tourismusorten sowie die Eisenbahn- und Schifffahrtsgesellschaften fertigten solche Postkarten an, um durch den Versand an Touristen neue Kunden zu gewinnen.

Den "Jägerwirt" gab es wohl seit dem späten 17. Jahrhundert. Er befand sich am westlichen Ende in der heutigen Oberen Hauptstraße 60. Das Anwesen befand sich im grundherrschaftlichen Eigentum des Kollegiatstifts St. Veit. Zu dieser Zeit dürfte ein Pächter des Hauses eine sogenannte Bierzäpflergerechtigkeit erworben haben, wie Notter ausführt. Für das Jahr 1704 lässt sich erstmals die Bezeichnung "Jägerwirt" belegen, welche vermutlich auf den fürstbischöflichen Oberjäger Hans Pfeifer hindeutet. Dieser hatte das Haus 1672 erbrechtsmäßig übernommen und war vermutlich der erste Inhaber dieses Privilegs.

Im späten 19. Jahrhundert wurde die Gaststätte durch die Freisinger Großbrauerei "Seiderer & Eichner" beliefert und hatte wechselnde Pächter. Zur Entstehungszeit der Postkarte, war dies, wie der Werbetext verrät, der Wirt Josef Nagerl. 1952 endete der mehr als 280-jährige Betrieb der Gaststätte durch die Aufgabe des Pächters Alois Langer.

Die Postkarte aus der Sammlung des Stadtarchivs bezeichnet Notter als ein schönes und humoristisches Beispiel für das Werbemarketing eines Gastronomiebetriebs des frühen 20. Jahrhunderts: Der Sinnspruch und die freundliche Gestalt des klischeehaften Wirtshausbesuchers appellierten dabei an das Heimats- und Geselligkeitsgefühl der Menschen und sprachen somit eine humorvolle Einladung zum Besuch der Gaststätte aus.

© SZ vom 08.05.2018 / sz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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