Sondervorführung im Cineplex Erding:Kuriose Figur

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Anton Eckert spürt in seinem neuen Film der Heiligen Kümmernis nach, die in Pastetten in einer Kapelle verehrt wird

Von Florian Tempel, Pastetten

Am 4. April 1850 wütete in Pastetten ein verheerender Brand. Fünf Anwesen brannte ab. Das Feuer war so stark, dass die Pastettener fürchteten, ihr ganzes Dorf würde in Flammen aufgehen. In ihrer Not riefen sie die Heilige Kümmernis an, wenigstens den Rest des Dorfs vor der völligen Zerstörung zu bewahren. Zum Dank wurde ihr dann eine Kapelle errichtet. Vor wenigen Jahren wurde die alte, baufällige und kaum noch beachtete Kapelle am Ortsausgang von Pastetten, an der Straße Richtung Poigenberg, neu aufgebaut. Der Altar mit dem Heiligenbild ist im Original erhalten geblieben.

Die Verehrung der Heiligen Kümmernis ist etwas aus der Mode gekommen. Dabei ist die Ikonografie ungewöhnlich zeitgemäß. Die Kümmernis, die auch unter den Namen Wilgefortis bekannt ist - wie etwa in Neufahrn bei Freising -, wird als junge schlanke, aber bärtige Frau dargestellt, die wie Christus an Kreuz genagelt ist. Man kommt nicht drum herum zu sagen, dass die Heilige Kümmernis wie die in unserer Zeit sehr viel bekanntere Conchita Wurst aussieht und wie diese Gendergrenzen hinter sich lässt. Der Forsterner Anton Eckert ist von der Geschichte um die doch etwas sonderbare Heilige Kümmernis so fasziniert, dass er einen umfassenden Film über sie und ihre traditionelle Verehrung in Pastetten und anderswo gedreht hat. An diesem Mittwochabend wird der allein schon wegen seines ausgefallenen Themas sehenswerte Film im Cineplex-Kino in Erding gezeigt.

Der Altar aus Holz mit der Darstellung der Heiligen Kümmernis ist original. (Foto: Renate Schmidt)

Die Heilige Kümmernis ist keine von der römisch-katholischen Kirche anerkannte Heilige, sondern eine Volksheilige. Ihre Verehrung ist alt und die Geschichte der vermeintlichen Heiligen zweifellos spannend, aber sie ist eben doch nur eine ausgedachte, fiktive Story. Der Legende nach soll es sich bei ihr um die zum Christentum bekehrte Tochter eines heidnischen Königs handeln. Ihr Alias-Name Wilgefortis kommt von "virgo fortis - tapfere Jungfrau". Sie soll ausdrücklich darum gebetet haben, dass ihr der Bart wächst, um so der Heirat mit einem Heiden und Christenverfolger zu entgehen. Das hat funktioniert. Doch ihr sehr strenger und autoritärer Vater war auf seine bärtige Tochter so sauer, dass er sie kreuzigen ließ.

Diese Legende, das ist Stand der Forschung, entstand wohl durch ein kolossales Missverständnis: In einigen alten Kirchen fanden sich Christusdarstellungen, die am Kreuz einen edel gekleideten und nicht leidenden Christus mit Herrscherkrone zeigten. In späteren Jahrhunderten, als sich Christusdarstellungen grundsätzlich als Schmerzensmann mit Lendentuch und Dornenkrone durchgesetzt hatte, interpretierte man die alte Art irritiert um. Solche Darstellungen konnte unmöglich Jesus am Kreuz zeigen. Die Lösung: es musste sich um eine bärtige Frau handeln und sogar um eine Prinzessin. Die dazu passende Legende war dann schnell gedichtet.

2014 wurde die Kapelle neu gebaut. (Foto: Renate Schmidt)

Das ist alles an sich schon super interessant. Anton Eckert hat für seinen Film aber auch und vor allem die lokalen Bezüge und die Geschichte der Kümmernis-Kapelle in Pastetten recherchiert. Sandra Angermaier, die Geschäftsführerin des Kreisvereins für Heimatpflege, ist ganz begeistert. Der ehemalige Kreisbaumeister Eckert "macht ganz wunderbare Heimatfilme", sagt Angermaier, die die Filmvorführung organisiert hat.

Die Heilige Kümmernis , Film von Anton Eckert, Mittwoch, 22. September, 19.30 Uhr, Einlass 19 Uhr, Cineplex-Kino Erding, Eintritt drei Euro.

© SZ vom 22.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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