Landkreis Erding:"Zum halben Hendl gehört in Bayern die Mass Bier"

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Bier und Hendl gehören in Bayern zusammen, meint Erdings Oberbürgermeister Max Gotz - auch beim Seniorentag. (Foto: Günther Reger)

Der Markt Wartenberg zahlt heuer beim Seniorentag auf dem Volksfest den Eingeladenen kein Getränk. Das stößt bei anderen Veranstaltern und dem VdK im Landkreis auf Unverständnis.

Von Gerhard Wilhelm, Erding/Wartenberg

Selten hat ein Einladungsschreiben mehr Unmut ausgelöst als jüngst das des Marktes Wartenberg an seine Senioren. Sie wurden zwar zum Seniorentag am Wartenberger Volksfest (15. bis 19. Juni) eingeladen, aber sollen heuer nur noch Kuchen und ein Essenszeichen erhalten, jedoch kein Freigetränk mehr. Begründet wird dies mit der angespannten Haushaltslage. Für den Sozialverband VdK ein Unding, es treffe diejenigen, die eh wenig Geld haben. Seniorentage finden 2023 auch unter anderem bei den Volksfesten in Erding, Dorfen, Taufkirchen und Isen statt. Dort gibt es weiterhin Essen und ein Getränk kostenlos.

Das Einladungsschreiben des Marktes war kurz: Man feiere heuer wieder "unser traditionelles Volksfest". Und dazu lade die Gemeinde "herzlich zum Mittagstisch" alle Senioren ein. Wer das Schreiben ins Festzelt mitnehme, erhalte am Eingang - zwischen 11.30 und 13.30 Uhr - Gutscheine für ein halbes Hähnchen und ein Stück Kuchen. "Ich freue mich darauf, Sie im Festzelt zu begrüßen und wünsche Ihnen schon heute viel Vergnügen", schreibt Bürgermeister Christian Pröbst (CSU).

Seit 1969 veranstaltet der Landkreis Seniorentage. Abwechselnd mit den Kommunen

Beim Erdinger Herbstfest (25. August bis 3. September) läuft es heuer indes ab wie immer, sagt der Pressesprecher der Stadt, Christian Wanninger - also mit kostenlosem Essen und Getränk. Alle zwei Jahre lade die Stadt an einem Mittag aufs Herbstfest ein. Dort gebe es dann Zeichen für eine Mass Bier und ein halbes Hendl. In den anderen Jahren lädt der Landkreis alle Senioren über 65 Jahre ein. Beim Herbstfest 2023 sei wieder die Stadt an der Reihe, sagt Wanninger. Erdings Oberbürgermeister Max Gotz (CSU) hat eine klare Einstellung zum Thema Seniorentag: "Das ist immer für die Stadt und die Senioren ein schönes Ereignis." Die Stadt könne an so einem Tag den Senioren für alles danken, was sie in ihrem Leben getan haben und sie würden mal aus ihrem Alltag raus und unter die Leute kommen, ratschen, sich austauschen können. Und zu der Tradition gehöre nach dem OB in Bayern auch ein halbes Hendl und eine Mass Bier oder ein anderes Getränk - die Stadt zahle. Und daran wolle man und werde man nicht rütteln.

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Veranstalter von Seniorentagen oder eines -treffs ist in vielen Fällen der Landkreis - seit 1969, wie Pressesprecherin Claudia Fiebrandt-Kirmeyer mitteilt. Zum Beispiel bei den Volksfesten in Taufkirchen (7. bis 17. Juli) und Dorfen (11. bis 20. August). Sieben bis neun Veranstaltungen pro Jahr gebe es - im Wechsel mit den Kommunen. Isen übernimmt heuer wieder die Bier-und Hendlmarken auf dem Volksfest (21. bis 26. Juni). Damit auch möglichst viele Bürger teilnehmen können, hat der Landkreis einen Busfahrdienst organisiert. Und es gibt stets ein Essen und ein Getränk. Pro Jahr werden im Schnitt 12 000 Personen eingeladen, sagt Fiebrandt-Kirmeyer. "Die Seniorennachmittage sind mir ein Herzensanliegen und gehören zu meinen liebsten Veranstaltungen. Es ist jedes Mal eine Freude für mich, wenn unsere älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger im Rahmen eines Volksfests ein paar unbeschwerte Stunden verbringen, Austausch und Gemeinschaft erleben können. Aus meiner Sicht haben sie das als Wegbereiter für die heutige Generation mehr als verdient", sagt Landrat Martin Bayerstorfer (CSU).

Im Vorfeld habe man sich geeinigt, dass man den Senioren nichts nehmen wolle

Wie zu erfahren war, war man im Vorfeld des Einladungsschreibens unter den Gemeinderäten nur zu einer Übereinstimmung gekommen, die Seniorenreferent Paul Neumeier (FWG) auch in der jüngsten Gemeinderatssitzung erläuterte: Man habe sich nur geeinigt, dass man den Senioren nichts nehmen wolle. Auch Michael Gruber, SPD-Gemeinderat und Vorsitzender des Ortsvereins des Sozialverbands VdK, äußerte in einem Schreiben an die Gemeinderatsmitglieder und Bürgermeister Pröbst sein Unverständnis über die Streichung des Freigetränks und verwies dabei auf die VdK-Jahreshauptversammlung, in der eine große Mehrheit darauf gedrängt habe, sich mit der Entscheidung nicht abzufinden. Man habe Verständnis für die finanzielle Lage der Gemeinde, aber das Nichtbezahlen eines Getränks sei völlig unverständlich, und es treffe vor allem diejenigen Senioren und Seniorinnen, die eh schon mit den Verteuerungen in ihrem Alltag zu kämpfen hätten, während man an anderer Stelle im Etat Tausende Euro ausgebe.

Ob es doch noch ein Gratisgetränk gibt, wird am 13. Juni diskutiert

Die Antwort von Bürgermeister Pröbst per E-Mail: Gerade als Marktgemeinderat sollte Gruber wissen, "dass es schlecht um unsere Finanzen steht. Die Erhöhung beziehungsweise Belastungen machen wir querbeet und eine Gruppe auszunehmen, wäre ungerecht. Dann könnte man auch sagen, die Kinder, beziehungsweise Familien, sollen nicht belastet werden, oder die Unternehmen, die jetzt in der Energiekrise stecken. Und so weiter." Ob es doch noch ein Getränk gratis gibt, soll nun auf der Gemeinderatssitzung am Dienstag, 13. Juni, besprochen werden.

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