Schwimmen:Auf dem Sprung

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Die zwölfjährige Schwimmerin Amelie Zachenhuber aus Reisen bei Eitting ist eine der ganz großen Nachwuchshoffnungen Deutschlands. Der "Riesenwunsch": die Olympiade in Tokio 2020

Von Regina Bluhme

Zwölf Jahre alt und schon Deutsche Meisterin: Amelie Zachenhuber aus Reisen schwimmt der Konkurrenz davon. Dieses Jahr lief es besonders gut: Gold bei den Süddeutschen Jahrgangsmeisterschaften, acht Goldmedaillen bei den Bayerischen und dann noch der Erste Platz im Mehrkampf bei den Deutschen Meisterschaften in Berlin. Kein Wunder, dass ihr Trainer Elvir Mangafic vorsichtig an die Olympischen Spiele 2020 in Tokio denkt. Jetzt aber freut sich das Schwimmtalent aber erst mal über die Sommerferien.

In das Zimmer von Amelie führt keine Tür, sondern ein Vorhang aus unzähligen blauen Nylonfäden. Wer den "Wasserfall" überwunden hat, dem fallen sofort die unzähligen Siegermedaillen an der Wand ins Auge. Sie habe mal angefangen zu zählen, verrät sie und lacht. Ungefähr 200 seien es damals gewesen. Aktuell sind es fast doppelt so viele. In einem Regal neben dem Bett stapeln große und kleine Pokale, an der Wand hängen Poster von deutschen Schwimmstars wie Florian Vogel und Markus Deibler. Und wo schläft eine erfolgreiche Schwimmerin? Natürlich in einem Wasserbett.

Amelie Zachenhuber beherrscht alle Techniken. Bei den Deutschen Meisterschaften in Berlin ist sie kürzlich in fünf Disziplinen allen davongeschwommen. (Foto: privat)

Schwimmen liegt bei den Zachenhubers in der Familie. Mutter Rosemarie betreibt in Schwaig die Schwimmschule Baby-Delfinchen und ist auch Trainerin bei den Delfinen vom TSV Erding 1862. "Amelie konnte mit eineinhalb Jahren das Becken in Schwaig durchschwimmen", erinnert sich Rosemarie Zachenhuber. Mit fünf Jahren dann der erste Wettkampf beim Nachwuchsschwimmen in Taufkirchen. Platz Eins ging an Amelie, aber den größten Eindruck hat damals nicht die Urkunde bei ihr hinterlassen, sondern die knallgelbe Badekappe mit der Tigerente, gesteht die Zwölfjährige. "Da kann ich mich noch genau dran erinnern."

Auch Amelies Geschwister sind erfolgreiche Schwimmer und noch immer als Trainer aktiv. Das Zeug zum Profi hätten beide gehabt, aber Alisa, 21, hat sich, wie sie sagt, auf ihren Traumberuf konzentriert: Sie arbeitet heute als Kinderkrankenschwester. Der 18-jährige Simon hat sich für eine andere Sportart entschieden und ist mittlerweile im Kickboxen auf Weltmeisterkurs.

Amelie blieb dem Schwimmen treu und nach Taufkirchen ging es Schlag auf Schlag. Seit Juli dieses Jahres ist die Zwölfjährige aus Reisen bei Eitting deutschlandweit die Beste ihres Jahrgangs. Rosemarie Zachenhuber hat mehrere Ordner voller Urkunden angelegt, jetzt kommt die Urkunde von den Deutschen Meisterschaften dazu. Sie belegt, dass Amelie insgesamt 3043 Punkte erreicht hat und damit Platz Eins. In fünf Disziplinen musste sie in Berlin antreten und in 200 Meter Lagen zum Beispiel schwamm sie mit 2:28,97 Minuten allen davon. Aber auch in 400, 100 und 200 Meter Freistil und in 50 Meter Bein war sie erfolgreich.

Amelie mit ihrem Trainer Elvir Mangafic. Sie schwimmt mittlerweile für den SC Prinz Eugen München. (Foto: privat)

Amelie schwimmt mittlerweile für den SC Prinz Eugen München. In der Landeshauptstadt findet auch das tägliche Training statt, auch für den Bayernkader. "Deswegen besucht sie die Isarschule in München", sagt Rosemarie Zachenhuber. Nach dem Ganztagsunterricht geht es zum Training. "Vor 20 Uhr kommt sie selten heim", berichtet die Mutter. Das klingt nach einem sehr straffen Zeitplan, doch Amelie Zachenhuber wirkt weder gestresst noch angespannt. Sie lacht viel, stellt stolz die Tiere der Familie Zachenhuber vor, zu denen neben einem Hund auch noch drei Gockel und zehn Hühner, ein Meerschweinchen, eine Schildkröte und mehrere Hasen gehören. Die Zwölfjährige hat sich die Zehen silbern lackiert und sich eine bunte Strähne in die langen blonden Haare geflochten. Sie wurde zur Klassensprecherin gewählt und muss bald los, weil sie auf zwei Geburtsfeiern eingeladen ist. Natürlich sei sie aufgeregt vor den Wettbewerben, gibt sie zu. Einen speziellen Glücksbringer benötige sie aber nicht. Nervös ist auch ihre Mutter. Rosemarie Zachenhuber muss das Fotografieren und Filmen immer anderen überlassen, "denn ich zittere viel zu sehr."

Amelies Trainer beim SC Prinz Eugen München ist Elvir Mangafic. "Sie ist toll engagiert und talentiert", sagt er über seinen Schützling. "Das Besondere an Amelie ist, dass sie alle Techniken beherrscht." Die meisten jungen Schwimmer würden sich schon früh spezialisieren, "aber sie ist überall gut, sie kann alles schwimmen." Krafttraining stehe nicht auf dem Stundenplan, "sie macht das alles über die Technik", sagt Mangafic. Ganz wichtig sei ihm, dass sie auch mit Spaß und Freude dabei sei. "Und das alles ist sowieso nur möglich, wenn die Familie mitmacht." Bei all den Erfolgen ist es gar nicht so abwegig, nach den Olympischen Spielen 2020 in Tokio zu schielen. "Ja, das ist ein Ziel, ein Riesenwunsch", sagt der Trainer.

Jetzt geht es aber erst mal in die Sommerferien. Die Zachenhubers fahren nach Kärnten und wollen dort "ein bisschen Radfahren, Wandern, einfach mal gar nichts machen", sagt Rosemarie Zachenhuber. Schwimmen gehen wollen sie natürlich auch, im See. Dort wird Amelie nicht durchs Wasser pflügen, "da hält sie die Nase eher oben und schwimmt ganz vorsichtig herum", verrät die Mutter. Der Goldschwimmerin sind die Fische im Wasser ein wenig unheimlich.

© SZ vom 06.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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