Schwaigermoos:"Von einer Schimmel-Bude in die nächste"

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Außen idyllisch, innen gesundheitsgefährdend: Die Flughafen München Gesellschaft lässt eine Frau mit ihrer Tochter in einem ehemaligen Bauernhof wohnen, der innen völlig verschimmelt ist.

Matthias Vogel

"Ich will hier nur noch raus", sagt Silvia B. Die allein erziehende Mutter lebt mit ihrer Tochter in dem Wohnhaus eines ehemaligen Bauernhofes im Schwaigermoos, an der Landkreisgrenze zwischen Erding und Freising.

Der Schimmelgeruch im Inneren ist penetrant: Silvia B. lebt mit ihrer Tochter in dem ehemaligen Bauernhof im Schwaigermoos und will nur noch ausziehen. Doch das ist nicht so einfach. (Foto: Matthias Vogel)

Dass sie das nicht mehr will und dass so ziemlich auf jedem Tisch des großzügig bemessenen Hauses Inhalatoren liegen, hat einen Grund. Die Mauern des Gebäudes sind von Schimmelpilz befallen. Die Sporen an den Wänden machen der 48-Jährigen schwer zu schaffen. Sie leidet schon lange unter Asthma, seit sie im Februar 2008 eingezogen ist, hat sich ihr Zustand drastisch verschlimmert und der Verbrauch von kortisonhaltigen Sprays verdreifacht. Ihre Augen sind gerötet und wenn sie spricht, hört sie sich an, als sei sie stark erkältet.

Der Schimmelgeruch ist penetrant. Doch ausziehen ist nicht so einfach. Der Vermieter - die Flughafen München Gesellschaft - hat ihr zwar einige Alternativen angeboten, doch die waren für Frau B. inakzeptabel. In ein Einfamilienhaus in Attaching hätte sie zunächst ziehen sollen. Vielleicht hätte sie zugestimmt. Doch die notwendigen Umbauarbeiten blieben aus, genauso wie der Mietvertrag.

Die zweite Alternative war eine Erdgeschoss-Wohnung in der Franzheimer Straße, ebenfalls im Freisinger Stadtteil Attaching. B. war wieder nicht abgeneigt, kaufte sich schon ein neues Bett und stellte es in das Schlafzimmer. Kurz darauf führte die benachbarte Goldach Hochwasser und der Keller stand unter Wasser. Sowohl im Keller als auch im Erdgeschoss machte B. erneut Schimmel aus: "Schauen Sie hier über der Fußbodenleiste", sagt sie und zeigt auf die schwarze, fleckige Stelle an der Wand. "Ich zieh doch nicht von einer Schimmel-Bude in die nächste."

Männerwohnheim als Übergangslösung

Weitere Übergangslösungen - die FMG hatte laut Frau B. die Sanierung der Wohnung in der Franzheimer Straße versprochen - spotteten nach Ansicht der Frau dann jeglicher Beschreibung. "Ich hätte ins Männerwohnheim der FMG ziehen sollen, oder in ein so genanntes Business Appartement eines Hallbergmooser Hotels. Das war eine verrauchte Absteige."

Die Mutter bemühte sich auch selber um eine Wohnung. "Allein erziehende Mutter mit Hund, dazu freiberuflich tätig, da findet sich so leicht nichts", sagt sei. Vor gut einer Woche hätte sie umziehen können nach Erding. Der Vermieter verlangte aber einen Jahresvorschuss an Kaltmiete, den B. nicht zahlen konnte und die FMG nicht wollte. Genauso wenig, wie die Schadenersatzforderung der Mieterin in Höhe von 25000 Euro. Wenn B. auszieht, kann sie ob der überall festsitzenden Pilzsporen den Großteil ihrer Einrichtung nicht mitnehmen.

Bei der FMG gab man sich überrascht, dass B. noch immer im Schwaigermoos wohne. Christian Kellermann, für die Liegenschaften verantwortlich, hat zumindest reagiert und am vergangenen Freitag Silvia B. nebst ihrer Anwältin einen Brief zukommen lassen. Demnach soll die Wohnung im Schwaigermoos an diesem Dienstag auf ihre Pilzsporen-Konzentration hin untersucht werden. Auch in der Wohnung an der Franzheimer Straße wird wohl gemessen. Dazu wird um einen Gesprächstermin gebeten, "um die Gelegenheit endlich zu beenden".

Derzeit wohnt Silvia B. mit ihrer Tochter in einem Erdinger Hotel. Als Friedensangebot sieht sie die Reaktion der FMG nicht an. Das Vertrauensverhältnis ist nachhaltig gestört. "Laut Brief wollen die das Haus im Schwaigermoos gleich abreißen, wenn sich die Schimmelkonzentration als hoch herausstellt. Dann stehe ich vor dem Nichts, und beweisen lässt sich auch nichts mehr."

© SZ vom 12.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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