Schöffengericht:Roh und unbarmherzig

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Mann schlägt ehemalige Freundin zusammen: Dreieinhalb Jahre Haft

Von Alexander Kappen, Freising

Die Richter haben den Sitzungssaal 1 des Freisinger Amtsgerichts noch nicht betreten, die junge Frau in der ersten Reihe wartet nervös auf den Beginn der Verhandlung. Ihr Peiniger, der am Ende des Tages zu einer empfindlichen Haftstrafe verurteil wird, hat bereits auf der Anklagebank Platz genommen. Er sitzt schräg vor ihr. Die Frau versucht, den Blickkontakt zu meiden. Dennoch setzt ihr die Situation zu. Sie zittert, beginnt zu weinen, sammelt sich wieder. Auch später, als sie im Zeugenstand berichtet, wie der Angeklagte - ihr Ex-Freund und Vater des gemeinsamen Sohns - sie an einem Abend im Juni 2015 bei einem Streit krankenhausreif geschlagen hat, bricht die 26-Jährige in Tränen aus. Vorsitzender Richter Manfred Kastlmeier unterbricht die Vernehmung, gibt der Frau Zeit, sich zu sammeln.

Für den Verteidiger kommen die Gefühlsausbrüche der jungen Frau nicht von ungefähr, sie neige dazu, "sich in was reinzusteigern", sagt er. In den Augen des Richters ist die emotionale Betroffenheit der Frau nachvollziehbar und keinesfalls gespielt. Schließlich habe sie an jenem Junitag "um ihr Leben gefürchtet". Der Angeklagte habe ein "rohes, unbarmherziges, brutales und unmenschliches Verhalten" an den Tag gelegt: "So behandelt man nicht einmal ein Vieh." Die Quittung: Das Schöffengericht verurteilt den Schläger zu dreieinhalb Jahren Gefängnis.

Der Angeklagte und seine frühere Freundin waren im Juni 2015 - der Sohn war ein paar Monate alt - nicht mehr liiert. Die 26-Jährige, die mit ihrer Cousine in Freising deren Geburtstag gefeiert hatte, rief den Angeklagten an und bat ihn um ein Gespräch über die Zukunft ihres Sohnes. Der Angeklagte holte sie ab und fuhr mit ihr die Altenhauser Straße stadtauswärts, um ein ruhiges Plätzchen zu suchen. Doch die beiden stritten und beleidigten sich - wie so oft. Schließlich hielten sie am Umspannwerk Nord an. Die beiden beschimpften sich wüst, dann zog der Freisinger die junge Frau an den Haaren über die Mittelkonsole durch die Fahrertür aus dem Auto, schleifte sie über die Straße und stieß sie eine Böschung hinunter. Dann schlug er mit den Fäusten "einfach auf sie ein, ohne zu überlegen - das hätte ich nicht tun dürfen", sagt er in der Verhandlung. Mit den Füßen gegen ihren Kopf getreten, wie es in der Anklage heißt, habe er aber nicht. Nach der Tat fuhr er die Frau zu ihrer Cousine zurück, die den Krankenwagen rief. Das Opfer erlitt einen Nasenbruch, Schwellungen an den Augen, Schürfwunden und blaue Flecken am ganzen Körper, hatte Monate lang Genick- und Kopfschmerzen.

Der Angeklagte und seine frühere Freundin hatten zuvor eine alles andere als gewöhnliche Beziehung geführt. "Wir haben uns 12, 13 Mal getrennt und sind wieder zusammen gekommen", erzählt der junge Freisinger dem Gericht: "Es hat nie richtig funktioniert." Seine Ex-Freundin meint: "Unsere Beziehung war sehr turbulent." Sie gerieten sich regelmäßig in die Haare und trugen ihre Meinungsverschiedenheiten mit handfesten Argumenten aus. Einmal brach die 26-Jährige dem Angeklagten die Nase. "Aber das war Notwehr", sagt sie, "er hat mir davor ein paar Mal eine reingehauen." Ein anderes Mal schüttete der Angeklagte sein Bier über den Kopf seiner Freundin und stieß ihr den Krug ins Gesicht, wodurch sie ein blaues Auge davontrug. Auch dafür muss er sich vor Gericht verantworten. Er bestreitet, sie mit dem Krug getroffen zu haben. Das Gericht sieht aber auch in diesem Fall seine Schuld als erwiesen an und verurteilt ihn.

Gravierender war jedoch die Tat im Juni 2015. Der Angeklagte versuche mit seinem Teilgeständnis, "seine Rolle kleinzureden", sagt der Richter: "Die Einlassung ,Außer Faustschlägen ist nix gewesen' ist gelogen." Für die Tat des Angeklagten "fehlen mir die Worte".

© SZ vom 15.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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